zum Hauptinhalt
Michael Ballack

© dpa

Michael Ballack: Der Spieler ihres Vertrauens

Lange verletzt, lange ersehnt: Am Mittwoch läuft Kapitän Michael Ballack wieder im Nationaltrikot auf. Ganz Fußball-Deutschland freut sich auf das Comeback des Mittelfeldspielers.

Als Michael Ballack das erste Mal lachte, war es plötzlich gleißend hell. Geschätzte 50 Kamerablitze durchzuckten den fensterlosen Konferenzraum eines Wiener Hotels. Dieses Schauspiel wiederholte sich noch einige Male. Man könnte auch sagen, die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, die Mittwochabend (20.35 Uhr, live in der ARD) auf Österreich trifft, hat seine Lichtgestalt wieder. Dieser Titel war an Franz Beckenbauer vergeben, bis dieser kurz vor der Weltmeisterschaft 2006 sein Urteil in der ihm gegebenen Art über Michael Ballack fällte: "Alle anderen sind austauschbar."

Im März des vergangenen Jahres spielte Michael Ballack das vorerst letzte Mal für Deutschland, dann verletzte er sich und hinterließ eine große freie Gasse im Spiel der Mannschaft. Einige ambitionierte Spieler durften sich in der Zwischenzeit darin versuchen, diese Gasse zuzulaufen. Nachhaltig in Erinnerung geblieben ist keiner. Nein, einen zweiten Ballack hat Deutschland nicht. Zwar schaffte es das Team von Joachim Löw, das Vakuum in einigen Länderspielen kollektiv zu kompensieren, aber die allgemeine Erleichterung über die Rückkehr ihres Anführers war gestern greifbar. "Wir sind sehr, sehr froh, dass er zurück ist", sagte der Bundestrainer und machte dabei ein sehr ernstes Gesicht.

Der Ernst hat durchaus Gründe. Bis zum EM-Start bleiben den Deutschen nur vier Spiele. Noch immer müssen wertvolle Spieler passen, vor allem fehlte dem Nationalteam fast ein Jahr lang das fußballerische Zentrum.

Über den Wert von Ballack für die deutsche Elf ist in den vergangenen Jahren oft philosophiert worden. Seit der WM 2002, bei der Ballack zum Weltstar aufstieg, gilt die These des damaligen Teamchefs Rudi Völler, dass alles passieren könne, nur eben Michael Ballack sich nicht verletzen dürfe. Bundestrainer Löw sieht Ballacks Rückkehr als Beginn des innerbetrieblichen EM-Countdowns an.

Auch Ballack ist eine gewisse Erleichterung anzusehen. Die mediale Aufmerksamkeit absorbierte er gestern mit einer Nonchalance, wie man sie bisher nur von Beckenbauer kannte. Ballack wirkte motiviert und locker, ja beinahe vergnügt. "Die meisten kennen mich ja noch", sagte er über seine Wiederaufnahme in die Nationalmannschaft. "Ich freue mich einfach, dass ich dabei bin, und dieses Mal nicht nur als Zuschauer, sondern aktiv." Einmal in Plauderlaune gekommen, erzählte er lässig von seiner Leidenszeit, als habe sie elf Tage und nicht knapp elf Monate gedauert. Vergessen schienen die unschönen Dinge, die ihm im vergangenen Herbst um die Ohren geflogen waren, das Reden vom Karriereende. "Was zählt, ist, dass ich jetzt da bin."

Seit etwas mehr als einem Monat steht er wieder auf dem Fußballplatz, er hat in sechs Spielen für den FC Chelsea drei Tore erzielt und zwischenzeitlich auch dort das Kapitänsamt bekleidet. "Das macht mich stolz, denn es zeigt das Vertrauen des Trainers und der Mannschaft."

Wie wertvoll Ballack besonders für das Spiel der deutschen Elf ist, lässt sich an zwei Spielen ablesen. Bei seinem bislang letzten Länderspiel im vorigen März führte er die Auswahl in Prag zu einem vielbeachteten 2:1-Sieg über Tschechien. Beim Rückspiel im Oktober in München unterlag das Team diesem Gegner 0:3 – ohne Ballack. "Ich glaube, es ist für alle Spieler wichtig, dass er auf dem Platz steht", sagte Löw. Seine Ausstrahlung, sein Charisma sowie seine Führungsqualitäten seien unbestritten. "Er ist der Spieler, der jedem Halt gibt, der der Mannschaft das Besondere verleiht."

Der Bundestrainer weiß, dass ein Spieler seiner Güte nicht beliebig lange und schon gar nicht gleichwertig zu ersetzen ist, dass der Wert des Mannschaftskapitäns trotz der unübersehbar positiven Entwicklung der Mannschaft noch gestiegen ist. "Vor allem in schwierigen Phasen eines Spiels kann er unser Spiel beruhigen und organisieren", sagte der Bundestrainer. Und solche Phasen werden kommen – beim Turnier im Sommer.

Selbst für das Wohlbefinden der Mannschaft scheint der 31-Jährige unersetzlich. "Er hat ganz klar die Führungsrolle inne", sagt Oliver Bierhoff. Für den Teammanager hat Ballack schon lange eine herausragende Stellung eingenommen, aber diese Position seit seinem Wechsel vom FC Bayern zum FC Chelsea noch einmal ausgebaut. "Er ist zu einer echten Persönlichkeit gereift", sagte Bierhoff. "Von seinem Selbstvertrauen profitiert die ganze Mannschaft." Vielleicht braucht sie das ja gerade jetzt.

Zur Startseite