zum Hauptinhalt
Foto: dpa

© dpa

Michael Ballack: Ganz oder gar nicht

Zu stolz für die Bank: Michael Ballack sieht sich nicht als Einwechselspieler. Lieber bleibt er seinem Team fern.

Es war bewundernswert, wie ruhig Jupp Heynckes den Marathon nach dem Spiel bestritt. Der 65 Jahre alte Trainer von Bayer Leverkusen sagte in 15 verschiedene Mikrofone, warum sein 34 Jahre alter Star Michael Ballack beim 3:0-Sieg gegen den VfL Wolfsburg nicht im Kader der Bayer-Elf gestanden habe: Er habe sich ausgiebig mit Ballack unterhalten, und man sei übereingekommen, dass Ballack kein Spieler sei, der von der Bank komme. Vielmehr könne er der Mannschaft nur dann helfen, wenn er so fit sei, dass er 90 Minuten spielen könne. Deshalb absolviere Ballack, der eine im Herbst erlittene Verletzung am Schienbeinkopf auskuriert hat, lieber ein Aufbautraining, als mit der Bayer-Reserve auf der Bank zu sitzen.

„Michael ist ein Spieler, der sein Leben lang von Anfang an gespielt hat“, sagt Heynckes. Streit mit dem Profi gebe es dennoch nicht, behauptet der Trainer. Doch es ist unmöglich, ihm dies zu glauben. Seit Monaten schwelt im Klub ein Konflikt, der sich nun zugespitzt hat.

Es begann damit, dass Ballack im Sommer nicht auf Heynckes’ Wunsch nach Leverkusen zurückkehrte, wo er schon Anfang des Jahrtausends gespielt hatte. Der 98-malige Nationalspieler ist eine Art Trophäe der Konzern-Manager. Begeistert vom Werbepotenzial des „Capitano“ verpflichteten sie ihn aus Imagegründen. Dafür stockten sie den Spieleretat auf, Ballacks Zweijahresvertrag ist mit etwa zehn Millionen Euro dotiert. Heynckes hätte für das viele Geld lieber zwei, drei junge Profis engagiert. Heynckes mag junge, lernwillige Spieler, keine Diven. Seine Devise: Alle Profis werden gleich behandelt. Dies gilt auch für Ballack.

Wie alle Rekonvaleszenten soll sich der alternde Star über Kurzeinsätze empfehlen. Ballack vertritt aber die Ansicht, dass er am schnellsten wieder fit wird, wenn er viel spielt – möglichst von Anfang an. Das hat er zuletzt mehrfach betont. Dass Ballack nun gegen Wolfsburg nicht auf der Bank sitzen wollte, lässt ihn als Egoisten erscheinen. Schließlich fehlten Sami Hyypiä und Hanno Balitsch, die an Magen- Darm-Infekten erkrankt sind, der gesperrte Arturo Vidal sowie der noch nicht fitte Tranquilo Barnetta.

Heynckes sagte zwar, die beiden Ersteren seien noch gesund gewesen, als sich Ballack gegen das Bankdrücken entschieden habe. Gleich darauf stimmte der Trainer aber eine Lobeshymne auf Hyypiä, 37, an, in der er Ballack indirekt abwatschte: „Obwohl Sami krank ist, wollte er auf der Bank sitzen und die Mannschaft unterstützen. Sami ist ein Superprofi.“

Dass Bayer gut ohne Ballack auskommt, bewies das Team gegen Wolfsburg. Eine starke erste Halbzeit reichte den spielfreudigen Profis, um den zweiten Platz in der Tabelle zu verteidigen. Vor den Augen von Bundestrainer Joachim Löw machte vor allem der 21 Jahre alte Lars Bender ein starkes Spiel. Er schoss das erste Tor und war am zweiten beteiligt. Bender, ein Lieblingsschüler Heynckes’, spielt auf Ballacks Position im defensiven Mittelfeld.

Zur Startseite