zum Hauptinhalt

Sport: „Michael Jor-daaan“

Der beste Basketballer aller Zeiten bestreitet sein letztes All-Star-Game – vor drei Milliarden Fernsehzuschauern in 212 Ländern

Atlanta. Die Diva musste bei der Wahl der Garderobe nicht lange überlegen. Mariah Carey trat in der Halbzeitshow mit Kleidern in den Vereinsfarben der Chicago Bulls und Washington Wizards auf. Die Nummer 23 auf den edlen Stoffen war zudem sichtbarer Beweis, wem beim 52. All-Star Game der NBA wirklich die Bühne gehört. Der Applaus für die Popsängerin war bezeichnenderweise am stärksten, als sie den besten Basketballer aller Zeiten in Hallensprecher-Manier vorstellte, um dann das Mikrofon nach dem lautstarken „Michael Jor-daaaan“ abzugeben. Eben an jene Lichtgestalt des Sports, die so gerne Auferstehungen feiert. Jordan wollte reden, kam aber gegen die Ovationen nicht an. Selbst Magic Johnson erhob sich in diesem ergreifenden Moment, um dem legendären Korbjäger, der jahrelang für Chicago spielte und jetzt für Washington auftritt, zu applaudieren. „Ich lasse das Spiel in guten Händen zurück“, erklärte der charismatische Korbball-Botschafter Jordan, der den Stern „vieler großartiger Spieler“ in der besten Liga der Welt aufsteigen sieht.

Da musste Dirk Nowitzki im Hintergrund einfach klatschen.

Der Würzburger saß am Sonntagabend (Ortszeit) mit den anderen All-Stars neben der Bühne. Die Stuhlreihen mit den 23 hoch bezahlten Profis erinnerten an ein Klassentreffen, wobei Jordan den Oberlehrer mimte. Symbolisch reichte der fast 40-Jährige, der mit den Chicago Bulls sechsmal Meister wurde, den Stab weiter an die junge Garde mit Kobe Bryant (Los Angeles Lakers), Kevin Garnett (Minnesota Timberwolves), Yao Ming (Houston Rockets) und eben Nowitzki.

Doch einer wie Jordan wollte sein 14. und definitiv letztes All-Star Game, bei dem die besten Basketballer aus dem Westen und dem Osten der NBA aufeinandertreffen, natürlich prägen. Zumal drei Milliarden Menschen in 212 Ländern das Spektakel live im Fernsehen verfolgten. Am Ende eines langen wie sentimentalen Abends in der mit 20 325 Zuschauern ausverkauften Philips-Arena von Atlanta fehlte dem Oldie nur eines zum großen Glück – der Siegeswurf.

Dieses im US-amerikanischen Sport so beliebte „storybook ending“ schien der lebenden Legende erneut vergönnt zu sein. Schließlich ist Jordan ein Meister märchenhafter Abgänge. Zum Ende der regulären Spielzeit hatte der Weltstar den Sieg für den Osten perfekt machen können, doch der Ball sprang bei Jordans Wurf vom Korbring ab. Als der Superstar dann fünf Sekunden vor Ablauf der ersten Verlängerung zum 138:136 traf, schien ein weiteres Happy End perfekt. „Ich dachte, dies sei der Siegeswurf, doch in einem NBA-Spiel kann eben alles passieren“, sagte Jordan. Im Gegenzug wurde nämlich Kobe Bryant gefoult, und der Star der Los Angeles Lakers verwandelte zwei seiner drei Freiwürfe zum 138:138. „Was will man da sagen, wenn die Schiedsrichter ein solches Fest ruinieren“, sagte East-Trainer Isiah Thomas verärgert. So gab es zum ersten Mal in der All-Star-Geschichte eine „double overtime“, in der sich letztlich Nowitzkis Auswahl des Westens mit 155:145 gegen den Osten behauptete. Zum wertvollsten Spieler (MVP) wurde nicht Jordan, sondern Kevin Garnett (37 Punkte) gewählt.

Doch das Resultat war letztlich Nebensache. „Es hat Spaß gemacht“, sagte Dirk Nowitzki, der bei seinem zweiten All-Star-Einsatz 16 Minuten spielte und neun Punkte erzielte. Dass er die zweite Hälfte lange Zeit von der Bank verfolgen musste, nahm der deutsche Nationalspieler gelassen. Wegen Jordan. „Ich werde nie vergessen, dass ich mit Jordan bei dessen letztem All-Star-Spiel auf dem Platz war“, sagte Nowitzki. Jordan kam auf 20 Punkte, erhöhte sein All-Star- Konto auf 262 Zähler und überflügelte damit Kareem Abdul-Jabbar als Topscorer.

Vince Carter von den Toronto Raptors hatte für Michael Jordan sogar auf seinen Platz in der Startformation verzichtet, andere Spieler erschienen in Bulls-Shirts und Jordan-Schuhen zu dieser Abschiedsparty. Für die Fans bleibt als Trost, dass Jordan mit den Washington Wizards immerhin noch 33 Saisonspiele in der NBA absolvieren wird. Sein Ziel sind die Play-offs, dann wäre auch seine letzte Mission erfüllt. Ein ebenbürtiger Nachfolger für ihn aber ist weit und breit nicht in Sicht.

Stefan Liwocha

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false