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Nur nach Hause geht er nicht: Herthas Manager Michael Preetz.

© dapd

Michael Preetz im Interview: "Meine Arbeit wird sich durchsetzen"

Herthas Manager Michael Preetz spricht vor dem Spiel beim FSV Frankfurt über die Folgen des Abstiegs, die Erwartungen an Trainer Jos Luhukay und die Kritik an seiner Person.

Herr Preetz, am Sonntag reist Hertha zum FSV nach Frankfurt. Kommen da Erinnerungen hoch, an vergebliche Verhandlungen über ein Wiederholungsspiel?
Nein. Ich denke daran, dass wir dort vor zwei Jahren ein zähes Spiel kurz vor Schluss gewonnen haben, durch einen Kopfball von Adrian Ramos. Nicht an die DFB-Zentrale.

Der Zweitliga-Start, ein 2:2 gegen Paderborn, war diesmal holpriger als damals.

Damals hatten wir zu Beginn der Vorbereitung die Mannschaft fast komplett beisammen. Das war jetzt nicht möglich, viele Spieler kamen in unterschiedlichem Fitnesszustand zu uns. Es wird eine Weile dauern, bis wir uns einspielen. Gleichzeitig müssen wir in dieser Phase punkten.

Auch Jos Luhukay spricht davon, dass man bis Oktober Geduld haben müsse. Hat Hertha die? Oder gibt es einen Punkt, ab dem Sie nervös werden?

Nein, wir sind positiv gestimmt, was unsere Ziele angeht, und wissen, dass wir einen langen Atem brauchen. In der Anfangsphase müssen wir noch zusammenwachsen und dabei so optimal wie möglich punkten. Vielleicht nicht mit dem schönsten Fußball, weil der im Moment noch nicht möglich ist.

Wie wichtig ist der Aufstieg für Hertha finanziell? Oder anders gefragt: Wie hoch ist das finanzielle Risiko, das Sie eingehen?

In einem Zweitligajahr kann man Verbindlichkeiten nicht spürbar abbauen, das geht nur in der Ersten Liga bei deutlich mehr Einnahmen. Durch den Raffael-Transfer haben wir erhebliche Mehrerlöse erzielt. Aber auch wenn wir nicht aufsteigen sollten, wird in Berlin weiter Fußball gespielt.

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Das heißt, Sie wollen mit Jos Luhukay durch dick und dünn gehen?

Das haben wir uns auch immer bei anderen Trainern vorgenommen. Mit Jos Luhukay unternehmen wir einen neuen Anlauf, da habe ich ein gutes Gefühl. Er ist ein gerader, geerdeter und besonnener Typ mit großer Kompetenz. Kontinuität ist leicht, wenn man Erfolg hat; wenn es schwierig wird, muss man zusammenstehen. Dafür werden genug Gelegenheiten kommen, wir wissen, wie der Fußball ist.

Wie wichtig ist ein guter Start für Sie persönlich, damit die Diskussionen um Ihre Person nicht wieder losgehen?

Erfolg durch die eigene Arbeit zu haben ist immer wichtig. Wenn Sie meine Zeit bei Hertha sehen, dann stand bisher jedes Jahr unter dieser Überschrift. Das wird sich auch so schnell nicht ändern.

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Wie haben Sie die Kritik an Ihrer Person rund um den Abstieg erlebt?

Das war nicht angenehm, für mich nicht und auch nicht für den Klub. Ich stehe seit 1986 in der Öffentlichkeit, ich bin es gewohnt, mit Kritik umzugehen. Mein näheres Umfeld, meine Kinder sind das nicht. Dass das nicht einfach war, kann sich jeder vorstellen.

Gab es einen Punkt, an dem Sie sich gefragt haben: Warum tue ich mir das an?

Es liegt im Naturell eines Sportlers, dass er das Szenario Aufgeben und Weggehen nicht kennt. Das ist bei mir auch so. Ich glaube, dass sich meine Arbeit durchsetzt. Ich weiß, dass es dazu einen langen Atem braucht, weil das, was ich beim Amtsantritt vorgefunden habe, eine deutliche Last war. Was war, werden wir jedoch nicht mehr ändern, wir müssen jetzt nach vorne schauen.

Sie sagen öfter, die vergangene Saison sei abgehakt, genau wie die Spieler. Macht Hertha es sich damit nicht zu einfach?

Nein, ich glaube, dass dieser Umgang der richtige ist. Der Fokus liegt auf dem Hier und Jetzt, was nicht heißt, dass man das Vergangene vergisst und nicht seine Lehren daraus zieht.

Sie haben eine Analyse der vergangenen Saison angekündigt. Hat die schon stattgefunden?

Ja, mit allen relevanten Abteilungen. Wir haben die Lehren gezogen und Veränderungen eingeleitet, wo es nötig ist.

Woran lag denn dann der Abstieg?

Jetzt ist nicht mehr der Zeitpunkt zurückzuschauen. Wir sind bereits am zweiten Spieltag der neuen Saison. Nur so viel und ganz verkürzt: Wir hätten in der letzten Saison zwei Heimspiele mehr gewinnen müssen, die Qualität der Spieler war ohne Frage da. Sie können sicher sein, dass unsere Analysen eingeflossen sind in die Entscheidungen, die wir für diese Spielzeit getroffen haben.

Sie haben in der vergangenen Saison drei Trainer gehabt, zuletzt den 73 Jahre alten Otto Rehhagel. Haben Sie ihm eigentlich in dieser Woche zum Geburtstag gratuliert?

Selbstverständlich. Otto Rehhagel ist ein großartiger, sehr geerdeter, sympathischer und gerader Mensch. Er hat über Jahrzehnte unglaublich erfolgreich in dieser Branche gearbeitet und sich dabei trotzdem nicht verändert.

Rehhagels Nachfolger heißt Jos Luhukay. Warum haben Sie sich für ihn entschieden?

Jos Luhukay war die zentrale Personalentscheidung in diesem Sommer. In den letzten Jahren hat er auf seinen Stationen unglaublich erfolgreich gearbeitet. Gerade vor unseren fantastischen Anhängern im heimischen Olympiastadion wollen wir in dieser Saison offensiver und dominanter auftreten. Jos Luhukay steht für diese Spielphilosophie.

Sie haben gesagt, Sie wollen Hertha wieder sympathischer machen. Wie geht das?

Wir werden nicht alles neu machen, aber einiges besser. Mit dem, was wir nach dem Abstieg vor zwei Jahren begonnen haben, der Neuausrichtung des Klubs nach innen und in die Stadt hinein, hat Hertha wahnsinnig viele Sympathien gewonnen – und zurückgewonnen. Wir werden die Trainingseinheiten in den Kiezen wieder aufnehmen, dabei offen und sympathisch auf die Menschen zugehen.

Wofür soll Hertha mit Preetz stehen?

Ist Berlin nur nach Abstiegen geerdet?

Berlin ist vielfältig, und die Ansprüche sind meist groß. Wir wollen den Menschen geerdet, realistisch und sympathisch gegenübertreten. Es ist unser Credo, nur das zu versprechen, was wir auch halten können. Es kann also nur darum gehen, alles dafür zu tun, den Verein in die Bundesliga zurückzubringen und dort zu etablieren. Ich bin sicher, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind.

Nur wird das mit jedem Abstieg schwieriger. Der erste Abstieg ist vielleicht noch Kult, der zweite einfach nur ärgerlich. Man hat jedenfalls das Gefühl, dass die Euphorie vor zwei Jahren größer war.

Unser erstes Heimspiel gegen Paderborn war behindert durch den Umstand, dass nur 22.500 unserer Fans ins Stadion durften. Ob sonst wieder 50.000 Zuschauer gekommen wären wie vor zwei Jahren gegen Oberhausen, wissen wir nicht. Aber der Dauerkartenverkauf ist ein klarer Indikator: Da werden wir die Marke der letzten Zweitligasaison klar toppen, wir sind jetzt schon bei 16.000 Dauerkarten.

Misst sich Erfolg nur am Tabellenplatz?

Der sportliche Erfolg steht über allem, aber wir wollen auf die Leute zugehen, sie begeistern und für uns gewinnen. Das ist auch messbar: Ich glaube schon, dass die Marke von 30 000 Hertha-Mitgliedern in dieser Saison fällt. Und wir wollen ganz sicher nicht so oft zum DFB nach Frankfurt wie letzte Saison. Wir wollen einen vernünftigen Auftritt unserer Mannschaft – diszipliniert und sympathisch.

Gibt es bei Hertha einen Plan, wie Sie sympathischer werden wollen, ein Leitbild, Werte oder eine Vision? Wofür soll Hertha mit Michael Preetz stehen?

Es gibt ein klares Leitbild, nach dem wir unser Handeln ausrichten. Sportlich heißt das, die Nachwuchsarbeit zu intensivieren, in die Bundesliga zurückzukehren und sich langfristig zu etablieren.

Gibt es einen Zusammenhang dazwischen, wie offensiv sich ein Verein gibt und wie offensiv eine Mannschaft spielt?

Nein. Die Ausrichtung eines Vereins ist ein Thema, die Spielweise ein anderes.

Sie haben in diesem Sommer sechs Neuzugänge verpflichtet, aber auch 14 Mitarbeiter aus der Geschäftsstelle entlassen. Wie passt das zusammen?

Wir haben immer gesagt, dass wir es nur einmal schaffen, unter Erstligabedingungen weiterzuarbeiten. Wir mussten uns an die wirtschaftlichen Gegebenheiten anpassen, und da ist der Verwaltungsposten ein erheblicher, so bitter Umstrukturierungen auch sind. Wir müssen aber auch jede Ressource, die wir haben, in das Gut investieren, das dafür sorgen kann, dass es Hertha zukünftig wieder besser geht: in die Mannschaft.

Das Gespräch führte Dominik Bardow.

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