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Michael Schumacher: Der Meister als Lehrling

Michael Schumacher ist zu einem Fahrer unter vielen in der Formel 1 geworden. "Ich brauchte Zeit", sagt er. Seine erfolgreiche Vergangenheit sichert ihm diese noch. Aber wie lange?

Die Nachfragen klingen einigermaßen ungläubig. Hat er das wirklich gerade gesagt? Er, der Ehrgeizige? Er, der siebenmalige Weltmeister, der Siege gewohnt ist und Niederlagen hasst? „Alles in allem habe ich richtig Spaß gehabt“, hat Michael Schumacher gerade verkündet. „Doch, wirklich“, fügt er jetzt hinzu. „Es war nicht absolut über-super, aber doch gut – und ich hatte Spaß.“ Zwei Rennen stehen in dieser Formel-1-Saison aus, die mit dem Hype um Schumachers Comeback nach drei Jahren Pause begon inen hatte. Doch schnell schlug die Euphorie um in heftige Kritik, als die von vielen erwarteten oder zumindest erhofften großen Erfolge ausblieben. In letzter Zeit fuhr Michael Schumacher zwar noch mit – eine tragenden Rolle in dem Sport, den er jahrelang dominierte, spielte er aber nicht mehr.

Die Tatsache, dass Teamkollege Nico Rosberg regelmäßig schneller ist, tue seinem Spaß keinen Abbruch, behauptet er. Aber dass es ihn kaltlässt, dass Rosberg derzeit in 17 Trainingsduellen 14 Mal schneller war und mit Punkten 122 zu 66 fast die doppelte Anzahl an Zählern holte, ist schwer zu glauben. Schließlich beherrschte Schumacher früher seine Teamkollegen quasi nach Belieben, heute muss er sich die Situation schön reden. „Er war nicht immer schneller. Und wenn, dann gab es dafür Gründe“, sagt Schumacher – aber die Zahlen sprechen eine etwas andere Sprache.

„Man darf auch nicht vergessen, dass ich drei Jahre lang weg war. Ich brauchte Zeit, um die letzten feinen Details wieder zu lernen“, sagt Schumacher. Dabei schwingt mit, dass sich der 41-Jährige die Sache wohl doch erheblich einfacher vorgestellt hatte, als er sich zu seinem Comeback entschloss. „Diese Anpassung, diese Lernphase hat länger gedauert als erwartet – das gebe ich zu.“ Sie sei auch noch nicht abgeschlossen: „Es gibt immer noch einige Dinge, in denen ich mich weiter verbessern kann.“ Das Qualifying zum Beispiel, diese Kunst, aus den Reifen auf einer Runde das Beste heraus zu holen: „Da kann ich mich noch steigern.“

Wobei er mit der relativ langen Lernphase für sich ein Privileg in Anspruch nimmt, das Formel-1-Neulingen, die durch das Testverbot mit nur ganz wenigen Kilometern an Erfahrung in die Formel 1 kommen, nicht gewährt wird. Von neuen Piloten wird erwartet, spätestens in der Mitte ihrer ersten Saison absolut auf dem Niveau ihrer erfahreneren Teamkollegen zu sein – sonst wird bereits an ihrem Talent gezweifelt. Selbst Mercedes-Teamchef Ross Brawn gab im Laufe der Saison schon einmal zu: „Wäre Michael ein Formel-1-Neuling, würde er wahrscheinlich nächstes Jahr nicht mehr bei uns im Auto sitzen. Aber weil wir um sein Potenzial wissen, ist das kein Thema.“

Die große Frage bleibt: Was passiert, wenn auch 2011 nicht so läuft wie jetzt geplant? „Wir sind optimistisch, dass wir in die Erfolgsspur zurückfinden“, sagt Schumacher. „Ob wir das wirklich schaffen, sehen wir 2011. Aber es ist hilfreich, dass wir eine konstante Basis haben und das Auto besser verstehen.“ Zugute kommt Mercedes GP, dass Schumacher und Rosberg sich in die gleiche Richtung entwickeln. „Wir respektieren uns sehr und ich schätze seine Leistung. Nico fährt auf sehr hohem Niveau“, lobt Schumacher seinen jungen Kollegen. „Wir arbeiten für das Team gut zusammen – das klappt besser als mit jedem bisherigen Teamkollegen. Wir haben die gleichen Interessen und das ist nur gut für das Team.“

Wobei sich damit eine Erklärung für seine schlechteren Leistungen im Vergleich zu Rosberg auflöst. Immer wieder wurde argumentiert, Schumacher käme mit der Tendenz des diesjährigen Autos zum Untersteuern schlechter zurecht als sein Teamkollege. Es ist ein Fakt, dass ein Auto mit dieser Tendenz nicht zum Fahrstil des siebenmaligen Weltmeisters passt. Für Rosberg gilt allerdings das Gleiche. „Es gibt nichts, was ich so hasse wie ein untersteuerndes Auto“, sagt der gebürtige Wiesbadener. „Schon früher bei Williams habe ich manchmal ein Trainingsduell gegen Nakajima verloren, wenn wir Probleme in dieser Richtung hatten.“

Was wieder zurückführt zu dem Punkt: Was passiert, wenn Schumacher auch 2011 nicht zumindest mit seinem Teamkollegen gleichziehen kann? Hat er dann immer noch so viel Spaß, dass er auch sein drittes Jahr noch durchziehen wird? Es wäre vorstellbar, dass das Projekt Comeback vorzeitig beendet wird. Von Schumacher selbst oder von Mercedes GP.

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