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Michael Skibbe: Trainer mit Freiheiten

Michael Skibbe soll Herthas neuer Coach werden. Der ehemalige Bundestrainer steht für attraktives Kurzpass-Spiel, aber nicht für Akribie. Sein aktueller Verein, Eskisehirspor, dementiert, dass der Trainer den aktuellen Tabellendritten der türkischen Liga verlässt.

Berlin - Nun also wieder die Frankfurter Schule: Wie nach der Entlassung von Lucien Favre vor zwei Jahren hat sich Manager Michael Preetz als Nachfolger wohl einen Trainer ausgesucht, der Monate zuvor das Arbeitsverhältnis mit der Eintracht am Main beendet hatte. Damals war es Friedhelm Funkel, heute Michael Skibbe. Der 46-Jährige soll ab 1. Januar übernehmen, weil der bisherige Trainer Markus Babbel seinen Vertrag in Berlin nicht verlängern will. Allerdings, so ist aus dem Vereinsumfeld zu hören, seien Skibbes Papiere noch nicht unterschrieben. Der Verein wehrte sich vor Spielbeginn in Hoffenheim gegen Nachfragen. „Ich kann das nicht bestätigen und will auch keine Spekulationen kommentieren“, sagte Preetz, der ein Treffen mit Skibbe und dessen bevorstehende  Verpflichtung aber auch nicht dementierte.

Skibbe trainiert derzeit bei Eskisehirspor. Während Babbel am Samstag in Hoffenheim auf der Hertha-Bank saß, gewann Skibbe mit dem türkischen Tabellendritten 1:0 gegen Kayserispor. Der Vizepräsident des Vorjahressiebten, Mesut Hoscan, dementierte zunächst den Abschied des Erfolgstrainers: „Die Meldungen sind nicht richtig. Michael Skibbe bleibt unser Trainer.“ Der Coach habe sich gegen das Angebot entschieden. Doch dem Vernehmen nach besitzt Skibbe, der im Juli einen Dreijahresvertrag unterschrieben hatte, eine Ausstiegsklausel für die Bundesliga und hatte den Wunsch nach einer Rückkehr in die Heimat geäußert.

Die liegt bei Skibbe jedoch ebenso wenig in Frankfurt wie bei Herthas Abstiegstrainer Funkel. Der gebürtige Gelsenkirchner spielte bis 1986 für Schalke 04. Nach nur 14 Bundesligaspielen musste der Mittelfeldspieler seine Karriere mit 22 Jahren wegen eines Kreuzbandrisses beenden. Er begann seine zweite Karriere in Gelsenkirchen als Jugendtrainer, bevor er den Wechsel zum Rivalen Borussia Dortmund wagte. Dort wurde der Amateurtrainer 1998 überraschend zum Chef ernannt, mit gerade 32 Jahren. Nach einem vierten Platz im ersten Jahr wurde er in der zweiten Saison entlassen, als Dortmund dem Abstieg entgegenschlitterte.

Rudi Völler machte den Vater von vier Töchtern zu seinem Assistenten bei der Nationalmannschaft, wo Skibbe offiziell Bundestrainer und Völler Teamchef war. Gemeinsam verantworteten sie den WM- Finaleinzug 2002 und das EM-Vorrunden-Aus 2004. Sportdirektor Völler holte ihn später vom DFB zu Bayer Leverkusen. Skibbe litt lange darunter, als zweiter Mann hinter dem früheren Nationalstürmer gesehen zu werden. Darüber klagte er noch, als er 2009 Funkel in Frankfurt am Main beerbte, nach einer achtmonatigen Zwischenstation bei Galatasaray Istanbul.

Seitdem achtet Skibbe auf seine Außenwirkung und scheut sich nicht, Forderungen an seine Vereine zu stellen. Er dankte es den Spielern mit vielen Freiheiten und dem Klub mit attraktivem Fußball, den seine Mannschaften in Leverkusen, Istanbul und Frankfurt zunächst spielten. Skibbe setzt auf offensives Kurzpass-Spiel, sein Training verglich er einmal mit dem des FC Barcelona. Mit seiner positiven Art feierte er meist schnelle Erfolge, jedoch nutzte sie sich dann oft ab. In Frankfurt galt er hinter vorgehaltener Hand nicht als der Prototyp des akribischen Arbeiters und soll Pünktlichkeitsprobleme gehabt haben. Nach seiner Entlassung im März zeigten sich seine Nachfolger und einige Spieler schockiert vom Fitnesszustand der Mannschaft. Diese Probleme dürfte er in Berlin diese Saison nicht haben – Fitnessfanatiker Markus Babbel hat solide Grundlagen gelegt.

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