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© dpa

Michael Stich, Direktor Tennisturnier Rothebaum: "Nur Federer gegen Nadal ist langweilig"

Direktor Michael Stich über das Fehlen der Stars und die Zukunft des Hamburger Rothenbaum-Turniers.

Herr Stich, haben Sie den Auftritt von Thomas Haas in Wimbledon verfolgt, als er vor ein paar Wochen das Halbfinale erreichte?

Ja klar. Ich habe für die BBC kommentiert, da habe ich natürlich so gut wie jedes seiner Matches gesehen.

Was geht Ihnen da durch den Kopf : Schön für das deutsche Tennis? Oder: Schade, dass er nicht nach Hamburg kommt?

Losgelöst von seinem Erfolg in Wimbledon finde ich es natürlich schade, dass Haas nicht nach Hamburg kommt, genau wie Nicolas Kiefer. Sie konnten aus diversen Gründen nicht kommen, das muss man akzeptieren. Wir hätten ihre Unterstützung sicher gebrauchen können, gerade jetzt nach Wimbledon. Das löst ja auch immer einen gewissen Hype aus. Aber was soll man machen, ich kann ihn ja nicht hertragen.

Sind Sie zufrieden mit dem Teilnehmerfeld?

Ja, ich glaube wir haben ein super Teilnehmerfeld. Acht der besten 20 der Welt werden kommen, das ist eine gute Quote. Und es sind interessante Spieler dabei, wie der French-Open-Finalist Robin Söderling, Fernando Verdasco oder Gilles Simon. Wir sind in der Breite sehr gut aufgestellt, vor allem wenn man bedenkt, dass wir keine Antrittsgelder zahlen.

Gar keine?

Wir haben einfach das Geld nicht. Ich kann doch kein Minus machen, nur um irgendwelche Spieler zu bezahlen, die das Geld aber nicht wieder einspielen. Es gibt nach wie vor eine Million Euro Preisgeld, da kommen die Spieler trotzdem. Zumindest in diesem Jahr hat es so funktioniert.

Das Finale aus dem vergangenen Jahr, Roger Federer gegen Rafael Nadal, wird sich trotzdem nicht wiederholen.

Nein, aber das hatten wir ja nun auch schon vier Mal, das reicht ja auch. Das ist ja immer die Diskussion, ob man die dahaben muss. Aber wir können weder Federer noch Nadal heutzutage bezahlen. Mal abgesehen davon, dass beide ohnehin nicht gespielt hätten. Der Tennissport hat ja auch viel mehr zu bieten als nur Federer und Nadal. Fürs Finale ist es sicherlich schön, wenn die beiden spielen, aber das hilft mir ja auch in der ersten Runde nicht, wenn Nadal 6:1, 6:1 gewinnt innerhalb von 50 Minuten. Die Zuschauer wollen ja auch spannende und ausgeglichene Tennismatches sehen. Und da bin ich mir sicher, die werden sie sehen.

Aber wollen die Zuschauer nicht auch Federer und Nadal sehen?

Sie werden trotzdem kommen. Wir haben neun oder zehn Deutsche im Hauptfeld, das ist ganz wichtig. Außerdem glaube ich, dass die Hamburger Fans grundsätzlich Tennisfans sind. Und die Menschen sind neugierig, was passiert, gerade in diesem Jahr. Das sind wir alle.

Sie sprechen die zahlreichen Neuerungen schon an: Die ATP hat den Mastersstatus aberkannt, der neue Termin ist im Juli statt im Mai. Glauben Sie, dass das Turnier in seiner jetzigen Form eine Chance hat?

Sonst würde ich das hier nicht machen. Ich glaube fest daran, dass die Hamburger tennisbegeistert sind. Der Termin hat ja auch Vorteile, wenn das Wetter mitspielt. Wir haben hier über 100 Jahre Tradition und so ein Turnier kann man nicht einfach fallen lassen, nur weil sich Dinge verändern. Aber dieses Jahr ist sicherlich das schwierigste, wenn wir da eine schwarze Null schreiben, sind wir zufrieden.

Tradition ist schön und gut, aber die ATP hat Hamburg den Mastersstatus auch entzogen, weil sie das Turnier für nicht mehr zeitgemäß hielt.

Das sehe ich nicht so. Ich glaube, dass der Weg, den die ATP damals gegangen ist, sicherlich nicht fair war. Man musste sich in Ion Tiriac...

... dem Direktor des Turniers in Madrid, das nun anstelle von Hamburg als Masters im Mai ausgetragen wird...

...einem stärkeren Konkurrenten geschlagen geben. Dass das Hamburger Turnier in den letzten Jahren wirtschaftlich nicht erfolgreich war, ist auch kein Geheimnis. Das muss die ATP natürlich auch berücksichtigen. Aber die Art und Weise, wie die ATP gehandelt hat, war moralisch alles andere als korrekt. Rechtlich kann ich das nicht beurteilen, da steht die Entscheidung ja immer noch aus.

Sind Sie der Retter des Rothenbaums?

Ich glaube an das, was ich tue, aber ich bin hier nicht der Heilsbringer. Das Turnier wird sicher nicht allein dadurch überleben, dass ich Turnierdirektor bin.

Da sind wir schon bei den Sponsoren. Ihnen ist das Werben für Ihren Titelsponsor, den privaten Wettanbieter „bet-at-home.com“, aufgrund des Glücksspielstaatsvertrag verboten worden. Verstehen Sie die Entscheidung?

Was heißt verstehen? Es gibt eine Rechtsgrundlage, da gibt es unterschiedliche Auffassungen. Wenn das Gericht das auch so sieht, dann müssen wir das akzeptieren. Ich habe aufgehört, mich über diese Dinge zu ärgern. Aber ich zweifele den Sinn des Glücksspielstaatsvertrags grundsätzlich an, da ich nicht verstehe, mit welcherlei Maß gemessen wird. Die Werbung für private Wettanbieter ist ja auch bei der Übertragung von internationalen Sportveranstaltungen in Deutschland überall zu sehen. Dann dürfte man diese Spiele doch eigentlich in Deutschland auch nicht übertragen. Das macht für mich einfach keinen Sinn.

Sie bekommen 200 000 Euro vom Hamburger Senat. Haben Sie den Rest einfach aus eigener Tasche draufgelegt?

Es sollte sich niemand den Kopf zerbrechen, wo wir unser Geld herbekommen. Wichtig ist doch, dass das Turnier stattfindet. Aber seien Sie sich sicher, dass ich da kein privates Geld reingebe.

Warum ist es so schwierig, einen Sponsor für dieses Turnier zu finden?

Es ist für alle Sportveranstaltungen in diesem Jahr schwierig. Das liegt daran, dass die wirtschaftliche Situation vieler Firmen Sponsoring einfach nicht zulässt. Die wollen ja auch nicht Leute entlassen und dann viel Geld für eine Sportveranstaltung ausgeben. Das hat sicherlich auch etwas mit moralischen Gründen zu tun. Wir hätten gerne ein Hamburger Unternehmen gehabt, um den regionalen Bezug zu haben. Aber das kann ja noch kommen.

Wie steht es mit der Fernsehübertragung?

Wir sind froh, dass wir das DSF für die Übertragung gewinnen konnten. Die werden bis einschließlich der Halbfinals am Samstag live übertragen und eine Zusammenfassung des Finals am Sonntag. Da hatten sie schon andere Verpflichtungen, da waren wir leider etwas spät dran.

Und die öffentlich-rechtlichen Sender hatten kein Interesse?

Der NDR wollte nicht, was ich sehr schade finde. Aber Tennis findet ja gar nicht mehr statt in den Öffentlich-Rechtlichen. Ich finde, dass es da auch eine Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Sender gibt, diese Sportart, die nach wie vor nach Fußball die beliebteste Sportart in Deutschland ist, den Menschen zugänglich zu machen. Da kann es auch nicht immer nur ums Geldverdienen gehen.

Glauben Sie, dass nur ein Erfolg eines deutschen Spielers das Problem lösen und Ihnen als Turnierdirektor das Leben wieder leichter machen würde?

Wenn er in Hamburg spielt auf jeden Fall, wenn nicht, dann bringt es uns als Turnier im Grunde auch nichts. Aber eigentlich steht Deutschland im Vergleich zu den führenden Nationen wie Spanien und Frankreich gar nicht so schlecht da. Was fehlt ist eben einer, der ganz oben steht, der ein Grand-Slam-Turnier gewinnt. In der Breite ist schon wieder etwas entstanden, auf das man aufbauen kann.

Thomas Haas wünscht sich in Deutschland ein Hartplatzturnier, weil sich dort die deutschen Spieler alle wohler fühlten als auf Sand. Sollten Sie nicht lieber ein Hartplatzturnier veranstalten?

Es würden nicht mehr Spieler zu uns kommen, da die Hartplatzsaison in Amerika so lang ist. Für uns ist viel interessanter, die Spieler zu bekommen, die wir jetzt auch haben, die sich auf Sand sehr wohl fühlen. Es gibt bei uns viele Punkte und 220 000 Euro für den Sieger als Preisgeld zu gewinnen, das ist eine Menge. Wir können ja unser Turnier nicht nur auf unsere fünf deutschen Spieler ausrichten.

Welche Schlagzeile würden Sie denn am Montag nach dem Turnier gern lesen?

Mal überlegen... Deutscher gewinnt Rothenbaum, Traditionsturnier besteht auch die nächsten fünf Jahre definitiv weiter. Und drei Monate später: Hauptsponsor verpflichtet sich für die nächsten zehn Jahre.

Doch so bescheiden?

Man wird ja wohl noch träumen dürfen.

Das Gespräch führte Anke Myrrhe.

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