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Im Mittelpunkt. Miroslav Klose (links) setzte sich erst gegen den Kasachen Maxim Asowski durch, schoss später sein 58. Länderspieltor und musste den Platz in Astana dann verletzt verlassen. Foto: dpa

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Sport: Minimaler Spaß, maximale Punkte

Die deutsche Nationalmannschaft holt durch ein 3:0 in Kasachstan im vierten Spiel den vierten Sieg

Sieht man auch nicht so oft, ein Fußballspiel, das sich über zwei Tage hinzieht. Das der deutschen Nationalmannschaft in Astana begann am Dienstagabend um elf und endete am frühen Mittwoch um kurz vor eins. Dazwischen lag ein nur auszugsweise nett anzuschauendes Pflichterfüllungsprogramm. Die Deutschen gestalteten es erst spät einigermaßen erträglich und siegten 3:0, nachdem sie den Dienstag weitgehend verschlafen hatten.

Vor gut 20 000 Zuschauern in der Astana Arena war es wieder einmal Miroslav Klose, der seiner Mannschaft aus der Verlegenheit half. Kurz nach der Pause schoss der Münchner das erlösende Führungstor. Später schied Klose mit Verdacht auf Muskelfaserriss im linken Oberschenkel aus, aber am Ende des Spiels stand immerhin der vierte Erfolg im vierten EM-Qualifikationsspiel. „Zwölf Punkte aus vier Spielen, besser geht’s nicht“, sagte Mannschaftskapitän Philipp Lahm. Da zudem die als schärfster Rivale gehandelten Türken sensationell 0:1 gegen Aserbaidschan unterlagen, sollte der Weg zum Finalturnier im Sommer 2012 in Polen und der Ukraine nicht mehr allzu viele Hindernisse bereithalten.

Unter dem Dach der supermodernen Astana Arena herrschten durchaus angenehme Bedingungen, aber sie verleiteten die deutsche Mannschaft keineswegs dazu, der ihr zugedachten Favoritenstellung ein angemessenes Gewicht zu geben. „Man kann nicht immer eine Gala erwarten“, sagte Bundestrainer Joachim Löw. Dass es zunächst keine wurde, lag auch, aber nicht nur an Mesut Özil. Am Freitag, beim 3:0 in Berlin über die Türkei, hatte er noch den wahrscheinlich ergreifendsten Fußballabend seiner Karriere erlebt. Der Weg zurück in die Ebenen des Alltags fiel ihm sichtbar schwer. In der Nacht von Astana war Özil über weite Strecken kaum zu sehen.

Nun ist es nichts Neues, dass der begabteste deutsche Fußballspieler sich zuweilen schwer damit tut, ins Spiel zu finden. So war es schon gegen die Türken gewesen. Da hatten Sami Khedira und Toni Kroos mit ihrer Kombination aus Dynamik und Eleganz Özils verhaltenen Einstieg kompensiert. In Astana aber kam allein der weitgehend unerfahrene Kroos seiner Normalform nahe. Khedira, bei der WM zum angehenden Weltstar gereift, machte allein in der ersten Halbzeit so viele Fehler wie in vier Wochen Südafrika zusammen.

Ohne funktionierendes Aufbauspiel im Zentrum war die deutsche Mannschaft allzu sehr abhängig von den Launen ihrer Flügelspieler. Lukas Podolski hatte auf der linken Seite zwar viele Ballkontakte, er schoss auch ein paar Mal aufs Tor und hätte doch sehr viel mehr machen können aus seiner optischen Präsenz (was vielleicht auch daran lag, dass die Stärken seines Passmannes Heiko Westermann nun mal nicht im kreativen Moment des Spiels liegen).

Auch Thomas Müller, auf der rechten Seite unterstützt von Philipp Lahm, hat schon sehr viel bessere Spiele gemacht als dieses in der kasachischen Steppe. Immerhin lief in der ersten Halbzeit über den Münchner so ziemlich jede gefährliche Offensivaktion, und die unbedarften Kasachen ließen reichlich davon zu. Einmal traf Özil nach Müllers Eingabe den Ball allein vor dem Tor nicht richtig, ein anderes Mal flankte er auf Khedira, der aus bester Position über das Tor köpfte. Dann bediente Klose zur Abwechslung Özil, der es genauso schlicht und einfach machen wollte wie beim zweiten Tor gegen die Türken, aber diesmal schoss er schlicht und einfach am Tor vorbei. Weil auch Kroos nach Kloses Vorlage über das Tor köpfte und Müller nur die Latte traf, durften die lauten und glücklichen Fans aus Kasachstan zum Halbzeitpfiff eine kleine torlose Sensation feiern.

Miroslav Klose aber nahm ihnen schnell alle Hoffnungen – mit einem Tor, wie es in seiner Schmucklosigkeit nur einem Stürmer gelingen kann, der mit der Geistesgegenwärtigkeit des Münchners gesegnet ist. Die Gefahr schien schon fast bereinigt, nachdem sich Podolski zu weit hatte abdrängen lassen. Der Kölner aber war clever genug, den Ball noch in die Mitte zu legen, wo Klose geschickt seinen Körper einsetzte und zum 1:0 traf. Es war bereits sein sechstes Tor im vierten Spiel der laufenden EM-Qualifikation.

Klose hatte seinen Job gemacht und verließ humpelnd den Platz für seinen Münchner Vereinskollegen Mario Gomez, der eine Viertelstunde vor Schluss mit dem zweiten Tor alles klar machte. Lukas Podolski erhöhte zehn weitere Minuten später gar auf 3:0, was dem deutschen Auftritt in der zweiten Halbzeit doch ein wenig schmeichelte. Denn zwischen Kloses Führungstor und der versöhnlich stimmenden Schlussphase lagen ein paar höchst turbulente Szenen im deutschen Strafraum, und das gegen einen bestenfalls drittklassigen Gegner. Heinrich Schmidtgal vom deutschen Zweitligisten Rot-Weiß Oberhausen hatte sogar den Ausgleich auf dem Fuß, aber Torhüter Manuel Neuer, ansonsten kaum geprüft, lenkte den Ball mit einiger Mühe über die Latte. „Als Mannschaft haben wir heute eine gute Leistung gezeigt“, sagte Schmidtgal. „Am Ende aber hat sich die individuelle Klasse der Deutschen durchgesetzt.“

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