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Miroslav Klose: Wie am ersten Schultag

Irritiert und schüchtern präsentiert sich Nationalstürmer Miroslav Klose beim FC Bayern München.

Miroslav Klose hat sich nicht umgedreht. Er ist einfach weitergegangen, die wenigen Meter bis zur Glastür mit dem roten Griff und dem FC-Bayern-Wappen drauf, als hätte er sein Gehör abgeschaltet, und dann war er weg.

„Hab ich doch gleich gesagt“, raunte einer der Fotografen einem anderen zu, „so isser halt, der Klose.“ Sie hatten ihn gerufen, unaufhörlich: Miro, Miro bitte, Miro hier. Aber Miroslav Klose wollte in die Kabine, so schnell wie möglich. Sein erstes Training bei seinem neuen Arbeitgeber FC Bayern München war soeben zu Ende gegangen, und für Klose muss es ein Schock gewesen sein, als er am Freitagvormittag auf das Trainingsgelände eingebogen war. Rund 2500 Fans waren da, Dutzende Kamerateams und noch mal so viele Reporter, es war ein Menschenauflauf, wie ihn Miroslav Klose bislang wohl nur im Sommer 2006 erlebt hat, als noch WM war. Jetzt weiß er: In Zukunft ist für ihn jede Woche WM.

Es war Kloses Pech, dass beim Trainingsauftakt des FC Bayern die drei prominentesten Zugänge neben ihm fehlten: Luca Toni, Franck Ribéry und Zé Roberto haben noch ein paar Tage länger Urlaub. Sie sind auch nicht in Hongkong dabei, wo die Bayern ein paar Stunden nach dem Trainingsauftakt hingeflogen sind, am Sonntag ein Testspiel gegen Sao Paulo bestreiten, viel Geld bekommen und dann wieder zurückfliegen.

Klose, so schrieb eine Münchner Boulevardzeitung, ist also „der einzige neue Global Player“ der Bayern in Hongkong, und man kann sich bildlich vorstellen, wie das aussehen wird, wenn jubelnde asiatische Fans fotografierend hinter Klose herrennen, und Klose, der arme Miroslav Klose, einfach weitergeht, ohne zu reagieren.

Genau das ist ihm ja in München schon passiert: Als er am Donnerstag in der Münchner Innenstadt bei Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt zum medizinischen Check war, verfolgte ihn neben der üblichen Fotografen- und Reporterschar eine Gruppe Japaner. Auch darüber wurde später geschrieben, mit Zeitangaben („Nach bestandenem Test verließ er die Praxis via Tiefgarage um 11.50 Uhr im Audi Q7“) und Foto. Miroslav Klose blickt etwas mürrisch drein auf diesem Foto. Es wird noch eine Weile dauern, bis sich Klose an die Verhältnisse in München gewöhnt hat.

Nach dem Training am Freitag stand Klose im engen Presserondell vor unzähligen Reportern, Manager Uli Hoeneß überreichte ihm sein neues Trikot mit der Nummer 18 („Die Nummer ist mir empfohlen worden“), anschließend beantwortete er ein paar Fragen mit lapidaren Sätzen. Dass er sich gegen das Ausland und für das „Paket“ entschieden hätte, das der FC Bayern ihm geboten hätte, dass seine Erwartungshaltung genauso hoch sei wie die der Fans, dass er Titel holen wolle und so weiter. So, wie er dastand und zumeist starr zur Wand blickte, sah er aus wie ein Kind nach seiner Einschulung: irritiert und ein bisschen eingeschüchtert.

Noch ist ungewiss, wie die Münchner Medien die eine Hälfte des neuen „Traumsturms“, wie Uli Hoeneß das Duo Klose und Toni schon nannte, behandeln werden. Sie werden sich jedenfalls daran gewöhnen müssen, dass Klose ihnen wenig Spektakuläres bieten wird. Der Höhepunkt am Freitag fand deshalb bereits zu Beginn statt, lange, bevor das Training begann: Miroslav Klose kam, hielt inne, und dann fragte er ein paar Journalisten, wo er denn eigentlich hin müsse.

Michael Neudecker[München]

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