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Sport: Mit 45 Jahren, da fängt das Leben an

Ein altes Pferd und sein ausgezeichneter Verein

Berlin - Müde trottet die Shetlandponystute Madame Nou in ihrem Gehege umher. Geritten wird sie schon lange nicht mehr, das macht ihre Hüfte nicht mehr mit. Am 1. Januar ist Madame Nou 45 Jahre alt geworden. Zusammen mit ihrem mittlerweile 38-jährigen Ponyfreund Max wurde sie vor vielen Jahren von der Reiterhofbesitzerin Ilse Spreen vorm Schlachthaus gerettet. Seitdem haben auf ihr über 1500 Kinder das Reiten gelernt. Nun genießt Madame Nou ihren Ruhestand. Denn geschlachtet wird im „Kinder- und Jugend-, Reit- und Fahrverein Zehlendorf“ kein Tier. Jedes der 101 Pferde, Esel und Ponys darf hier in Ruhe den Lebensabend verbringen.

Nicht nur wegen des ältesten Berliner Pferds ist der KJRFV Zehlendorf bekannt: In dieser Woche wurde ihm „für seine außergewöhnliche Kinder-und Jugendarbeit sowie die Integration von Kindern und Jugendlichen mit körperlicher und geistiger Behinderung“ von Bundeskanzlerin Angela Merkel ein „Stern des Sports“ in Gold überreicht. Es war nicht der erste Preis für den Verein, der eine Mitgliedschaft vergleichsweise günstig anbietet und damit den eigentlich teuren Reitsport auch Kindern aus ärmeren Familien ermöglicht. Manch anderer Verein verlangt pro Reitstunde 20 Euro. In Zehlendorf zahlt zwar jedes Mitglied einmalig 100 Euro Aufnahmegebühr, anschließend jeden Monat 60 Euro. Dafür kann man reiten, wann und so oft man will. Kann sich eine Familie den Beitrag nicht leisten, wird mit dem Preis heruntergegangen. Die 380 meist jungen Mitglieder kümmern sich um Pflege und Fütterung der Tiere. „Besonders schätzen unsere Mitglieder, dass keinem irgendetwas alleine gehört“, erzählt Reitlehrerin Glinda Spreen. Sie leitet den Verein von einem Büro aus, das eher wie eine Abstellkammer mit Tisch und Telefon aussieht. Auf Prunk und falsche Etikette wird hier kein Wert gelegt. „Jeder muss die gleiche Arbeit machen, egal ob er Lehrer oder Schüler ist.“ Neben den angestellten Trainern geben auch ehrenamtliche und erfahrene Mitglieder Reitunterricht, für jedes Alter und jedes Leistungsniveau.

Madame Nou ist das Maskottchen für alle. Die betagte Ponystute ist an einigen Stellen schon etwas grau geworden, wie ein Mensch. „Hektik liegt ihr nicht, auch wenn sie für ihr Alter topfit ist“, sagt Glinda Spreen. Am 8. März wird sie wieder im Mittelpunkt stehen, wenn der Verein seine neue Auszeichnung feiern will. Dann bekommt die alte Ponydame eine leckere Möhrentorte. Madame Nou soll es noch lange gut gehen. Das bisher älteste Pony aller Zeiten starb 2003 in Großbritannien – im Alter von 54 Jahren.

David Martenstein

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