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Der Señor macht Party. Raúl im Kreis Schalker Fans. Foto: AFP

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Sport: Mit den Herzen hören

Raúl beschert Schalke eine betörende Ballnacht, er selbst träumt von einem Finale gegen Real Madrid

Raúl hat in seiner langen Karriere schon viele Höhen erklommen. Schließlich hat er die meiste Zeit bei Real Madrid gespielt, einem der berühmtesten Klubs dieser Fußballwelt. Spät am Mittwochabend musste Raúl einen weiteren Aufstieg bewältigen. Nach dem Einzug ins Halbfinale der Champions League kletterte der Torjäger des FC Schalke 04 auf ein Podest vor der Nordkurve, ergriff ein Mikrofon, stimmte allerlei Jubelgesänge an und leitete lautmalerisch ein Nachspiel ein, das im Zeichen grenzenlosen Jubels stand. „Ich hoffe, die Fans haben mich verstanden“, sagte der Señor, wie die Schalker ihn liebevoll und respektvoll nennen.

Natürlich haben sie ihn verstanden – oder zumindest so getan. An Abenden wie diesem hören und sehen die Schalker ohnehin mehr mit dem Herzen als mit den Ohren. Es war ein historischer Abend für den Revierklub. Mit einem 2:1 über Inter Mailand bauten die Westfalen den Vorsprung aus, den sie beim 5:2 im Auswärtsspiel in Anflügen von Magie herausgespielt hatten. „Für solche Momente bin ich nach Schalke gekommen“, sagte Raúl.

Der Doppelsieg über den Titelverteidiger katapultiert den Außenseiter in der Champions League unter die letzten vier. In der Vorschlussrunde trifft Schalke auf Manchester United, erst am 26. April in Gelsenkirchen, dann 4. Mai in Old Trafford. Solche Auftritte vor Augen, fängt sogar eine Legende wie Raúl noch einmal an zu träumen. „Warum sollen wir nicht auch gegen Manchester weiterkommen?“, fragte er. Am liebsten wäre Raúl ein Endspiel zwischen den Königsblauen und den Königlichen. „Ich träume von einem Finale gegen Real.“ Dafür tut Raúl, was er kann. Das Führungstor im Rückspiel gegen Inter war sein 71. überhaupt in der Champions League und sein immerhin fünftes in dieser Saison. Bei so viel internationaler Reputation und Erfahrung hätte mancher vielleicht einen zurückgenommenen, routinierten Profi erwartet, der einen Erfolg wie diesen gelassen zur Kenntnis nimmt. Doch so ist Raúl nicht. Ihm glaubt das Publikum noch, dass er eine Ballnacht wie diese als etwas Betörendes empfindet.

Wie einst in Madrid interpretiert er seine Führungsrolle nicht als Solist oder Selbstdarsteller, sondern als Teil des Ganzen, der Mannschaft, des Vereins. Dieses Selbstverständnis sei wieder „in jeder Phase des Spiels“ zu spüren gewesen, sagte Trainer Ralf Rangnick. „Mir imponiert, dass er sich wirklich als Teil der Mannschaft versteht und auch so spielt.“ Verteidiger Christoph Metzelder hatte Raúl schon während dreier gemeinsamer Jahre als höchst effizienten und integren Teamplayer kennengelernt und deshalb im vergangenen Sommer Schalkes damaligen Trainer Felix Magath darin bestärkt, Raúl nach Schalke zu holen. „Er kommt aus einer Generation von Fußballern, die langsam ausstirbt“, sagt Metzelder. „Wie er mit jungen Spielern umgeht, ist phänomenal. Er hat keine Starallüren.“ Mit diesen Eigenschaften passt der Señor zu den Schalkern wie zu den Madrilenen, die ihn in London beim Spiel Reals gegen Tottenham hochleben ließen, als das 1:0 für Schalke gezeigt wurde – fast so, als wäre er noch einer der Ihren.

Sollte es tatsächlich zum Finale Real gegen Schalke kommen, könnte sich für Raúl ein einzigartiger Fußballkreis schließen. Mit dem königlichen Klub aus der spanischen Hauptstadt hat er den bedeutendsten Wettbewerb des Vereinsfußballs schon dreimal gewonnen.

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