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Sport: Mit Genuss in die letzte Kurve

Rodler Georg Hackl beendet seine lange Karriere auf Rang sieben – Armin Zöggeler gewinnt Gold

Einmal noch verzog Georg Hackl in seiner Konzentrationsphase das Gesicht zu einer Grimasse. Einmal noch klappte er das Visier nach unten, einmal noch klammerte er sich an die Haltegriffe und pendelte er mit seinem Rodel hin und her. Dann stieß er sich in den Eiskanal von Cesana Pariol ab. 51 Sekunden und 674 Tausendstelsekunden später war seine lange und erfolgreiche Karriere endgültig beendet.

Mit einer Verbeugung verabschiedete sich Georg Hackl im Zielraum vom Publikum, seinen engsten Freunden und Trainern fiel er in die Arme. „Es schaut so aus, als ob es das gewesen wäre“, sagte der 39-Jährige, „ich kann sagen, ich habe alles gegeben, mehr war nicht drin. Die letzten drei Kurven habe ich genossen, weil ich so etwas nie wieder erleben werde.“ Den letzten Rodel-Wettbewerb seines Lebens beendete Georg Hackl mit Rang sieben, was ungewöhnlich ist für ihn. Von den fünf vorhergegangenen Olympischen Spielen war er gewohnt, stets eine Medaille mit nach Hause zu nehmen. Bei den Spielen von Turin aber siegten andere. Die Goldmedaille gewann der Italiener Armin Zöggeler, frenetisch bejubelt von seinen Landsleuten. Sie feierten den ersten italienischen Goldmedaillengewinner dieser Winterspiele. Platz zwei belegte der Russe Albert Demtschenko vor dem Letten Martins Rubenis.

„Von der Platzierung hatte ich mir sicherlich mehr erhofft“, sagte Hackl, „aber ich muss zufrieden sein mit meiner Leistung.“ Ihn plagten in seiner letzten Saison gesundheitliche Probleme. Seit sich im Spätsommer ein Nerv in seinem linken Arm entzündet hat, konnte er am Start nicht mehr mit den Konkurrenten mithalten. Auf der Rodelbahn in Cesana lag er am ersten Tag bei der ersten Zwischenzeit nach dem Start jeweils nur auf Rang 30. Mühsam musste er sich auf der schwierigen olympischen Eisbahn in jedem Lauf nach vorne arbeiten. „Ich habe an meinem Rodel eine gute Abstimmung gefunden“, sagte Hackl, „wenn ich schneller hätte sein wollen, hätte ich schneller starten müssen.“ Nur nach dem ersten Lauf hatte es noch danach ausgesehen, als könne er seine Medaillensammlung noch erweitern. Da lag er auf Rang drei. Doch in den übrigen drei Läufen fuhr er auf die Plätze 7, 8 und 7. Nach dem dritten Durchgang rätselte er. „Ich dachte, es sei ein guter Lauf gewesen“, sagte Hackl, „ich kann das nicht erklären.“

Georg Hackl geht trotzdem als erfolgreichster olympischer Rodler in die Geschichte ein. Bei sechs Olympischen Spielen hat er drei Gold- und zwei Silbermedaillen gewonnen. Er hat seinen exotischen Sport einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht. Als er vor vier Jahren Silber gewann, schalteten acht Millionen Zuschauer die Randsportart Rodeln ein. Seinen gestrigen letzten Lauf übertrug die ARD live in die deutschen Wohnzimmer.

Seine beste Zeit aber ist vorbei. In der deutschen Mannschaft haben ihn zwei Fahrer bereits überholt. So auch in Cesana, wo David Möller auf Rang fünf und Jan Eichhorn auf Rang sechs fuhr. In dem Italiener Armin Zöggeler hat er auch bei Olympischen Spielen einen würdigen Nachfolger gefunden. Der hünenhafte Südtiroler kam bereits zu seinem zweiten Olympiasieg in Folge und wurde mit einem Feuerwerk gefeiert. Die italienischen Journalisten stürzten sich nach seinem letzten Lauf auf ihn, als hielten Eros Ramazotti und Paolo Maldini Hof. Vielleicht kann der Zöggeler, den die übrigen Italiener nur als „Sögler“ aussprechen können, dem Rodeln in seiner Heimat zu einer ähnlichen Popularität verhelfen, wie es Hackl in Deutschland gelungen ist.

Dieser hat sich nach seinem letzten Lauf nur kurz über seine Platzierung geärgert. Dann sagte er: „Es waren schöne Spiele für mich.“ So ganz muss sich der Rodelsport übrigens nicht von seiner lebenden Legende verabschieden. Georg Hackl wird als Trainer weiterarbeiten.

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