zum Hauptinhalt
Hertha-Manager Michael Preetz und Klub-Präsident Werner Gegenbauer auf der Mitgliederversammlung

© dpa

Mitgliederversammlung: Hertha-Mitglieder gegen neue Klage - Präsidium bleibt im Amt

Am Ende einer hitzigen Versammlung lehnen die Mitglieder einen neuen Einspruch beim DFB deutlich ab. Hertha-Präsident Gegenbauer wird klar wiedergewählt. An Manager Preetz gab es immer wieder Kritik.

Es war spät geworden im großen Saal 1 des ICC. Aber über das Gesicht von Hertha-Präsident Werner Gegenbauer huschte nach Stunden der Anspannung dann doch ein Lächeln. Die große Zerreißprobe im Klub war abgewendet. Um 23.33 Uhr war klar, dass der alte Präsident auch wieder der neue Präsident sein wird. Seit 2008 führt der Unternehmer und ehemalige Präsident der IHK den Klub, aber weil er trotz des zweiten Abstiegs innerhalb von drei Jahren am Geschäftsführer Sport und Manager Michael Preetz festhalten will, war Gegenbauer vereinsintern heftig in die Kritik geraten. Am Ende stimmten 2775 Mitglieder für ihn, 743 gegen ihn, 73,2 Prozent hatten ihm damit das Vertrauen nach 2008 zum zweiten Mal ausgesprochen.

Die Mitglieder sprachen sich zudem in deutlicher Mehrheit gegen einen dritten Einspruch beim DFB aus. Hertha erwartet diese Woche die schriftliche Urteilsbegründung des DFB-Bundesgerichts. Danach hat der Verein mindestens eine Woche Zeit, um über einen neuen Protest gegen das Spiel in Düsseldorf zu beraten. Das Votum der Mitglieder ist dafür nicht bindend.

Vor allem in den letzten Wochen war der Streit innerhalb des Präsidiums eskaliert. Präsidiumsmitglieder wie etwa Ingmar Pering hatten öffentlich den Kopf von Preetz gefordert. Gegenbauer dagegen war über die „Illoyalität“ einzelner Präsidiumsmitglieder verärgert, sprach von einem „Schlachtfest“, das einige wollten, bei dem er aber nicht mitmachen werde.

Herthas Saison in Bildern:

Auf der mehrstündigen Versammlung hatte es immer wieder heftige Kritik an Preetz gegeben, auch Rücktrittsforderungen, und viele der Redner äußerten ihr Unverständnis darüber, dass Gegenbauer sein Schicksal quasi mit dem von Preetz verknüpft hatte.

Wie alle anderen Kandidaten für das Präsidium hatte Gegenbauer drei Minuten, um sich vorzustellen. Nach drei Minuten und zehn Sekunden war er fertig, hatte nüchtern für mehr Geschlossenheit geworben und zugegeben, dass man es bisher nicht geschafft habe, einen strategischen Wirtschaftspartner zu finden. Er sprach, anders als Preetz, auch von einer „ganz schlechten Saison, an der wie alle Schuld sind“. Gegenbauer sagte, er sei dennoch überzeugt davon, dass man wirtschaftliche Stabilität und den Aufstieg hinbekommen könnte. „Aber das ist von mir alleine nicht zu schaffen.“ Er sei, „jedenfalls im Normalfall“, durchaus teamfähig.

Hertha vor Gericht:

Michael Preetz, der eigentliche Grund für den Klub-Streit, war gegen 20.38 Uhr ans Rednerpult getreten, begleitet von heftigen Buh-Rufen und Pfiffen. Seine Bilanz als Nachfolger des mächtigen Dieter Hoeneß in den vergangenen drei Jahren hatte viele Fans wütend gemacht: zwei Abstiege, fünf Trainer, eine katastrophale Außendarstellung.

Preetz schlägt einen trotzigen Ton an

Preetz’ Rede war keine, die Herzen gewinnt, dafür fing sie schon falsch an. Preetz begann nicht mit Demut, einer Entschuldigung oder mit einem Eingeständnis von Mitverantwortung. Er begann mit Düsseldorf, den Bengalos und den chaotischen Zuständen beim Relegationsspiel gegen die Fortuna. Das, was er dort gesehen habe, werde er nie vergessen, und es sei auch beschämend für den ganzen Fußball. Der Ton, den Preetz anschlug und den er auch nicht mehr verließ, war trotzig und in gewisser Weise auch weinerlich. Man habe zwar Fehler gemacht, aber vieles sei doch „in einer solchen Wucht“ über den Verein gekommen, so dass man sich nicht mehr wehren konnte. Preetz sagte zum juristischen Vorgehen: „Wir sind keine schlechten Verlierer, wir kämpfen für unser Recht und für Gerechtigkeit.“ Doch in der „schonungslosen Analyse", die Preetz vornahm, war viel von Verletzten, Eigentoren und anderen Schicksalsschlägen die Rede. Manche Mitglieder quittierten die Ausführungen mit Ausrufen mitleidvoller Ironie.

Die Chaos-Relegation in Düsseldorf:

Preetz’ wichtigste „Antwort“ für die Zukunft aber lautete: Jos Luhukay. Den Auftritt des neuen Cheftrainers hatte Preetz eine Stunde zuvor ebenfalls unter orkanartigem Pfiffen angekündigt, erst als klar war, dass jetzt gar nicht Preetz reden werde, sondern der neue Coach, verwandelte sich der kritische Wiederhall in Jubel. Solche Auftritte und ihre damit einkalkulierte Wirkung haben lange Tradition bei Hertha BSC. Noch unter Dieter Hoeneß war es etwa Fredi Bobic, der ehemalige Stürmer, der gute Stimmung unters Volk bringen sollte. Dabei ließ Hoeneß seinerzeit von Bobic nur „schön grüßen“, aber das reichte schon als Signal an die Fans. Markus Babbel reichte sogar ein einziger Satz, um das ganze Auditorium hinter sich zu bringen: „Guten Tag, mein Name ist Markus Babbel.“

Auch der ehemalige Augsburger Coach Luhukay, der sein Team mit dem kleinsten Etat in der Bundesliga, eroberte die Mitglieder im Sturm. Allein die Tatsache, dass Luhukay auch andere Vereine als Arbeitgeber hätte wählen können und sich trotz der chaotischen Situation bei Hertha für die Berliner entschied, macht den Mann wohl für die Fans sympathisch. In seiner Rede strahlte er durchaus Wärme und Autorität zugleich aus.

Luhukay ähnelt in seinem ganzen Äußeren ein wenig Charlie Chaplin, aber niemand sollte ihn deshalb unterschätzen. Er könnte durchaus ein neues Gegengewicht im sportlichen Bereich zu Preetz werden, weil er seinen Job wohl nicht nur auf dem Platz sieht, sondern auch im Aufbau neuer Strukturen. Luhukay nahm das Wort „Struktur“ selbst in den Mund, man konnte das durchaus so interpretieren, dass sich da einer überall einmischen will und wird.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false