zum Hauptinhalt
Mithat Demirel, 34, ist Sportdirektor bei Alba Berlin.

© dapd

Mithat Demirel im Interview: "Wir müssen schauen, was auf dem Markt passiert"

Albas Sportdirektor Mithat Demirel spricht vor dem Euroleague-Spiel bei Maccabi Tel Aviv im Interview mit dem Tagesspiegel über die schwierige Suche nach einem neuen Spielmacher.

Herr Demirel, vor einer Woche hat sich mit Vule Avdalovic einer der wichtigsten Spieler im Alba-Team einen Kreuzbandriss zugezogen. Woher bekommen Sie jetzt, mitten in der Saison, gleichwertigen Ersatz?

Die Verletzung war ein schwerer Schock für das Team. Für Vule gilt jetzt das gleiche wie für Nathan Peavy, der sich kurz vor Saisonbeginn ebenfalls das Kreuzband gerissen hat: Es ist eigentlich unmöglich, solche Schlüsselspieler gleichwertig zu ersetzen. Wir müssen improvisieren.

Wie gehen Sie als Sportdirektor bei der Suche nach einem neuen Spielmacher vor?

Wir haben eine große Datenbank interessanter Spieler und sind im ständigen Austausch mit unseren Scouts, die so wie wir das ganze Jahr über Spieler beobachten. Natürlich kann man mitten in der Saison nicht nach denselben Spielern gucken, die im Sommer interessant waren. In unserer aktuellen Situation muss man schauen, was auf dem Markt gerade passiert.

Und was passiert gerade auf dem Markt?

Es gibt zum Beispiel Vereine, die finanzielle Probleme haben, bei denen es Unruhen gibt, bei denen der Trainer gewechselt hat und Spieler ausgetauscht werden. Es gibt Klubs, die gerade im Europapokal ausscheiden. Es gibt Spieler, die unzufrieden sind. Da muss man seine Augen und Ohren offen haben und gut informiert sein. Und manchmal braucht man auch etwas Glück.

Ein Klassespieler wird Ihnen aber kaum von alleine in den Schoß fallen.

Das sicher nicht. Aber in der Saison 2010/2011 hatten wir zum Beispiel mit Miroslav Raduljica dieses Glück. Er war nach einer Verletzung gerade fit geworden, als sein Verein Efes Pilsen Istanbul aus der Euroleague ausschied. Für die türkische Liga war er nicht spielberechtigt – aber das hatte keiner außer uns auf dem Schirm. Als wir dann angefragt haben, ging alles sehr schnell.

"Wir suchen aber eine längerfristige Lösung bis zum Ende der Saison"

Melden sich auch Spielerberater bei Ihnen und preisen ihre Klienten an?

Ja. Es ist schon manchmal pervers, wie viele Agenten sich bereits an dem Abend melden, an dem sich ein Spieler verletzt hat. In der Nacht zum vergangenen Freitag, nachdem sich Vule im Spiel gegen Malaga das Kreuzband gerissen hatte, habe ich eine Unmenge an E-Mails von Agenten bekommen. Das sind dann aber in den seltensten Fällen auch die Spieler, die man wirklich haben will.

Haben Sie sich eine Deadline für die Neuverpflichtung gesetzt? Ihr Trainer Sasa Obradovic dürfte wenig Geduld haben.

Jeder gute Trainer macht Druck. Je früher der neue Spieler also da ist, desto besser ist es für Sasa. Wir suchen aber eine längerfristige Lösung bis zum Ende des Saison – und nicht jemanden, der uns am Sonntag gegen Bamberg rettet. Nach Vules Verletzung haben wir über ungefähr 20 potenzielle Spieler nachgedacht, inzwischen haben wir aber drei Kandidaten, auf die wir uns mehr konzentrieren. Der eine hat vielleicht mehr Erfahrung, der andere ist größer oder athletischer oder besser mit dem Ball. Ich bin mir sicher, dass wir eine gute Lösung finden werden.

Wie wichtig ist es, dass die Kandidaten voll im Training stehen? Der für Nathan Peavy verpflichtete Brian Randle kam nicht hundertprozentig fit in Berlin an und verletzte sich gleich wieder.

Es ist natürlich nicht einfach, jemanden zu bekommen, der gut spielt und topfit ist. Wenn das so wäre, würde der Verein des Spielers ja alles dafür tun, dass er auch da bleibt. Es ist aber ein großes Risiko, einen Spieler zu verpflichten, der sein letztes Spiel im April oder Mai absolviert hat. Das werden wir sicher nicht tun.

Was bedeutet es finanziell für Alba, noch einmal auf dem Transfermarkt aktiv werden zu müssen und einen verletzten Spieler weiter zu bezahlen?

Das sind Vertragsdetails, über die wir nicht sprechen. Aber natürlich ist es eine zusätzliche finanzielle Belastung für den Verein.

Muss Alba für den neuen Aufbauspieler finanziell an eine Schmerzgrenze gehen?

Wir geben nur das aus, was wir haben. Das hat Alba in den letzten 20 Jahren immer so gemacht, dabei bleiben wir auch.

Zur Startseite