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Sport: Mönchengladbach?

Die Borussia hat den Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt eines voraus: Die bessere Laune

Kurz vor dem Anpfiff werden die Fußballprofis von Borussia Mönchengladbach wieder ihr Lied hören. Mit „The Eye of the Tiger“ wollen sie sich einstimmen auf den schweren Gang am letzten Spieltag dieser Bundesligasaison. Die Band „Survivor“ hat das Lied einst als Titelsong für den dritten Teil der Filmsaga um den Berufsboxer Rocky Balboa geschrieben; einen Mann, der zum Mythos wird, tief fällt, wieder aufsteht und seine Gegner letztlich besiegt. Der Song aus „Rocky III“ passt gut als Soundtrack für den Abstiegskampf bei Borussia. Gladbach war angezählt wie ein Boxer vor dem Knockout. Scheinbar chancenlos am Boden liegend, haben die Borussen sich aufgerappelt. Gelingt ihnen ein Sieg in Hamburg, werden sie mindestens die Relegationsspiele gegen den Dritten der Zweiten Liga erreichen, vielleicht sogar Platz 15, der den sicheren Klassenverbleib bedeutet.

„Ich habe immer daran geglaubt, sonst wäre ich jetzt nicht hier“, sagt Trainer Lucien Favre. Als er im Februar als Nachfolger des überforderten Übungsleiters Michael Frontzeck antrat, gehörte Favre mit seinem Glaubensbekenntnis einer Minderheit an. Was die Mannschaft seither geleistet hat, verblüfft Fans wie Fachleute. Von allen drei Mannschaften, die noch gegen den Abstieg kämpfen, machen die Gladbacher in den vergangenen Wochen den stärksten Eindruck. Sie haben quasi serienweise Matchbälle abgewehrt – zuletzt mit Siegen gegen Dortmund, Hannover und Freiburg.

In den elf Spielen unter Favre ließ die Gladbacher Abwehr nur acht Gegentore zu, in den 22 Partien zuvor waren es 56 Treffer gewesen. Favre hält den Klassenerhalt vielleicht sogar für wahrscheinlich, äußert sich aber vorsichtig. Obwohl sein Deutsch seit seiner Berliner Zeit besser geworden ist, scheut der Schweizer vor Wortwiederholungen nicht zurück. „Wir haben noch nichts erreicht“, sagt er seit Wochen und empfiehlt, nicht auf Wolfsburg oder Frankfurt zu schauen. „Wir müssen gewinnen, seit ich da bin, das ist auch jetzt in Hamburg so.“

Vor diesem Spiel greift er nicht zu Motivationstricks, es würde nicht passen zu dem Mann, der sachlich-fachlich seine Arbeit verrichtet, ohne sich selbst in den Mittelpunkt des Interesses zu rücken. Insofern bildet er einen Gegenpart zu seinen Konkurrenten Christoph Daum aus Frankfurt und Felix Magath aus Wolfsburg. Favre hat seinem Team beigebracht, auf dem Rasen Ruhe zu bewahren und Geduld aufzubringen, auch wenn es nicht gut läuft wie zuletzt in der ersten Hälfte gegen Freiburg; er hat dem Spiel eine klare Struktur gegeben, zugleich aber die taktische Flexibilität gesteigert. Zudem hatte Favre den Mut, in Marc-André ter Stegen einen 18 Jahre alten Torwart als Lösung eines Kernproblems zu präsentieren. Und auf der Zielgeraden nimmt sogar Mike Hanke Fahrt auf und machte jüngst gegen Freiburg als Vollstrecker von sich reden.

Ohne sich ihrer Sache sicher zu sein, wirken die Gladbacher in der Tiefebene der Tabelle besser gelaunt als ihrer Mitbewerber. „Wir haben aus dem wochenlangen Abstiegsszenario Selbstbewusstsein geschöpft“, sagt Sportdirektor Max Eberl. Auch die Fans haben sich anstecken lassen von der Tatkraft der Mannschaft. Rund 8000 Borussen-Anhänger wollen ihre Elf heute in Hamburg anfeuern.

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