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Sport: Morgen, übermorgen oder später

NEW YORK/HEIDELBERG . Steffi Graf hat unfreiwillig für ein stundenlanges Verwirrspiel gesorgt und die Tennis-Nation mit der angeblichen Ankündigung ihres Rücktritts in helle Aufregung versetzt: Nachdem aus dem US-Provinzstädtchen Mahwah bei New York, dem Schauplatz eines zur Zeit laufenden Einladungsturniers, zunächst ihr endgültiger Abschied vom Tennis-Wanderzirkus zum Jahresende gemeldet worden war, ließ die 30jährige Deutsche am gestrigen Nachmittag den sportlichen Schlußstrich dementieren.

NEW YORK/HEIDELBERG . Steffi Graf hat unfreiwillig für ein stundenlanges Verwirrspiel gesorgt und die Tennis-Nation mit der angeblichen Ankündigung ihres Rücktritts in helle Aufregung versetzt: Nachdem aus dem US-Provinzstädtchen Mahwah bei New York, dem Schauplatz eines zur Zeit laufenden Einladungsturniers, zunächst ihr endgültiger Abschied vom Tennis-Wanderzirkus zum Jahresende gemeldet worden war, ließ die 30jährige Deutsche am gestrigen Nachmittag den sportlichen Schlußstrich dementieren."Ich bin falsch verstanden worden. Die Auslegung, daß ich schon eine Entscheidung über den Verlauf meiner weiteren Karriere getroffen hätte, stimmt nicht", sagte Steffi Graf dem Tagesspiegel. Auch ihr Manager Hans Engert bestätigte, "daß noch nicht klar ist, ob Steffi überhaupt weitermacht oder aufhört". Es gebe keinerlei aktuelle Startzusagen für "irgendwelche Turniere", sagte der Geschäftsführer der Graf Sport GmbH. Die Nachrichten über einen endgültigen Abschied stammen aus einer Telefonpressekonferenz, die am Montag abend in Mahwah stattgefunden hatte. "Irgendeiner der Journalisten hat sich dabei wohl leicht verhört", sagte Engert.Gleichwohl sind die Meldungen über ihr Abtreten von der großen Tennisbühne auch "nicht ganz an den Haaren herbeigezogen", wie Engert bestätigte. Denn sieben Tage nach dem verlorenen Wimbledon-Finale gegen Lindsay Davenport trägt sich Steffi Graf durchaus mit Gedanken, einen radikalen Schlußstrich zu ziehen und nach sensationell erfolgreichen, aber auch schmerzvollen Tenniswochen ihren Rücktritt zu verkünden. "Es fällt schwer, sich von etwas zu trennen, was man derart liebt. Aber es ist die ideale Situation, den Sport zu verlassen, wenn man an der Spitze steht", erklärte Steffi Graf in der Telefon-Talkshow. Nur das Wie und Wann bleibt vorerst weiter im Dunkeln.Allmählich verdichten sich jedoch die Indizien, daß New York, ihre Lieblingsstadt und zeitweise zweite Heimat, in den nächsten Monaten bei einer Abschiedstournee die zentrale Rolle spielen könnte: Bei den US Open vom 30. August bis zum 12. September wird Steffi Graf aller Voraussicht nach ihr 54. und letztes Grand-Slam-Turnier spielen. Und Mitte November dürfte beim Masters-Turnier der acht Saisonbesten im Madison Square Garden der Schlußvorhang fallen.Um die anderen Turniere, die Steffi Graf bis zu ihrem Abtritt noch spielen will, ranken sich bisher nur Spekulationen. Bei dem Pressegespräch am Montag abend vermied sie jede konkrete Aussage, doch die Teilnahme an einem oder gar zwei Vorbereitungsturnieren für die US Open scheint sicher. Dazu könnte noch ein Start beim WTA-Wettbewerb in Leipzig und damit der Abschied in Deutschland kommen. Am Aufbau dieses Turniers war die Familie Graf Anfang der 90er Jahre maßgeblich beteiligt.Steffi Grafs Rückzug hatte sich zuletzt schon mit den Teilabschieden bei den French Open und in Wimbledon abgezeichnet. Freunde berichten, der Entschluß zum baldigen Aufhören sei bereits während der Grand-Slam-Wochen in Paris und London gefallen. Dort hatte Steffi Graf jeweils nur mit ärztlicher Betreuung rund um die Uhr spielen können. Probleme mit dem chronisch schmerzenden Rücken und eine Oberschenkelverletzung wurden zur alltäglichen Qual. Die Zeit des Medikamente-Schluckens, der stundenlangen Massagen, der Verletzungs-Rückschläge und Comebacks neigt sich dem Ende. Aber ein Leben ganz ohne Tennis wird das neue Leben der Steffi Graf auch nicht sein. "Tennis wird immer eine zentrale Rolle bei mir spielen", sagte sie, "auch wenn ich 50 oder 60 bin." Im nächsten Jahr will Steffi Graf in jedem Fall noch den ein oder anderen Schaukampf bestreiten, und dabei ihr bisher unbekannte Reiseziele erkunden. Es wird eine Lust-und-Laune-Tournee - anders als beim langjährigen Weggefährten Boris Becker, der seinen Rückzug aus Wimbledon gleich zweimal inszenierte.Steffi Graf wird sich mittelfristig auf die Suche nach Nachfolgerinnen begeben. Aber zunächst will sie mehr Zeit für sich selbst haben. Schließlich kannte sie "nie die Freiheit, tun und lassen zu können, was ich will." Fallschirmspringen, Tauchkurse, ein Afrika-Urlaub - das steht lose auf dem Kalender fürs Jahr 2000. Steffi - fit for fun. Morgen, übermorgen oder noch ein bißchen später.

JÖRG ALLMEROTH

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