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Sport: Müde Helden

Otto Rehhagels Griechen kehren zurück in die Bedeutungslosigkeit

Es ist nicht so, dass Otto Rehhagel im internationalen Fußball nur noch eine unbedeutende Rolle spielt. Sein Fachverstand wird immer noch hoch geschätzt. Die griechische Fußball-Nationalmannschaft hatte beim Confed-Cup gerade 0:1 gegen Japan verloren, als ein Journalist aus dem Land des Siegers den Trainer der Verlierer um Rat ersuchte, wie die Japaner ihre Schwäche vor dem Tor des Gegners besiegen könnten. Solche Fragen schmeicheln Rehhagel. „Ihr könnt mich ja mal einladen“, sagte der Trainer der Griechen.

Es war eine typische Rehhagel-Antwort, und deshalb sollte man aus ihr nicht mehr herauslesen, als wirklich in ihr steckte. Zum Beispiel, dass Rehhagel glaubt, bald über ausreichend freie Zeit zu verfügen, um als Vortragsreisender um die Welt zu fliegen. Angeblich darf er ja so lange Trainer der Griechen bleiben, wie er will. Und auch bei den griechischen Fans genießt der Deutsche weiterhin hohes Ansehen: Nicht die Mannschaft hat Griechenland im vorigen Sommer zum Europameister gemacht, sondern Rehhagel.

Aber die Zeiten haben sich geändert, und inzwischen ist mehr als fraglich, ob Rehhagel überhaupt der geeignete Referent in Sachen Torabschluss wäre. „Wir schießen ja auch keine Tore“, hat er am Sonntag gesagt. Das Spiel gegen Japan war das vierte hintereinander, in dem die Griechen ohne Treffer blieben. Im Confed-Cup ist das Team vorzeitig ausgeschieden. Viel schlimmer wäre es allerdings, wenn Griechenland auch in der Qualifikation für die WM 2006 scheiterte. „Für uns ist der magische Point der 7. September, wenn wir gegen Kasachstan spielen“, sagte Rehhagel.

„Der Stern des Sommers 2004 erlischt“, schrieb die griechische Sportzeitung „Sportime“ nach dem 0:1 gegen Japan. Ein Jahr nach dem Triumph von Lissabon sind die Griechen wieder da, wo sie vor Rehhagel waren: zurück in der Bedeutungslosigkeit. „Wir müssen endlich begreifen, dass wir nicht mehr in Portugal sind“, sagte Stürmer Angelos Charisteas.

Immerhin hielt seine Mannschaft am Sonntag trotz bester Chancen der Japaner bis eine Viertelstunde vor Schluss das 0:0. Zumindest theoretisch bestand also die Möglichkeit, dass die Griechen durch ein Kopfballtor von Charisteas wieder mit ihrem EM-Standardergebnis 1:0 gewinnen. Aber es wäre nicht das Gleiche gewesen wie vor einem Jahr. Bei der EM hat Rehhagels Mannschaft ihre Gegner mit einem perfekten System betäubt, ehe sie den entscheidenden Stich setzte; den Japanern aber ließen die Griechen im Mittelfeld alle Freiheiten. „Sie haben sogar alle Kopfbälle gewonnen“, klagte Rehhagel.

Die Entwicklung der Griechen ist nicht ungewöhnlich. Immer wieder gibt es Mannschaften, die eine Laune des Schicksals für einen Moment weit nach oben trägt. Der Moment aber geht genauso schnell vorüber, wie er gekommen ist. Und immer wieder sind es die gleichen Gründe, die den Niedergang einleiten: Der Erfolg verführt zur Genügsamkeit, das Überraschungsmoment fällt weg, und ein kleines Land wie Griechenland verfügt nun mal nicht über ein endloses Reservoir an außergewöhnlichen Fußballern. Gegen Japan fehlten Rehhagel vier Schlüsselspieler aus der Europameisterelf. Argentinien mag so etwas kompensieren können. Griechenland nicht.

„Meine Mannschaft ist total platt“, sagte Rehhagel. Auch er selbst wirkt in diesen Tagen erschöpft. Seine Augen funkeln nicht mehr wie im vorigen Sommer, Rehhagel ist nur noch ein mattes Abbild seiner selbst. Bei öffentlichen Auftritten hinterlässt er einen verwirrten Eindruck. Mehrmals hat er bei Pressekonferenzen geklagt, er könne die Fragen nicht verstehen. Nach dem Spiel gegen Japan wurde er gebeten, sich zu dem nicht gegebenen Elfmeter an Charisteas zu äußern. Rehhagel antwortete, die Leistung einzelner Spieler werde er nicht kritisieren.

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