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Sport: Müde Wünsche

Der 1. FC Kaiserslautern verliert seine Ziele aus den Augen, und Trainer Gerets gerät wieder unter Druck

Kaiserslautern. Manchmal sehen die Wünsche von Fußballtrainern ganz menschlich aus. Keinen Mittelstürmer, der immer trifft, wollen sie dann, keinen Torwart, der alles hält, sie sehnen sich nach Abgeschiedenheit, nach Frieden und einem Bett. „Ich wünschte, ich wäre heute nicht aufgestanden“, flüsterte Erik Gerets, der Mann aus Kaiserslautern. Der FC Hansa Rostock hatte gerade seine Mannschaft mit 4:0 auseinander genommen, und die Pfälzer mussten mit Mettomos Gelb-Roter Karte den vierten Platzverweis der Saison verkraften. „Der Abstiegskampf hat begonnen“, sagte Nationalstürmer Miroslav Klose.

Es ist in der Pfalz nicht viel von den vollmundigen Ankündigungen übrig geblieben, die auch Gerets vor dem ersten Spieltag wie bunte Bilder an die Wand malte. Im Uefa-Cup wollte er in die vierte Runde, in der Bundesliga in den internationalen Wettbewerb. Jetzt muss sich Gerets wieder Wackeltrainer nennen lassen. Der FCK steht nur noch drei Punkte von Platz 16 entfernt, und die heile Welt, die der Vorstandsvorsitzende René C. Jäggi nach der Rettungsaktion mit dem Stadionverkauf versprach, liegt in Trümmern. „Wir müssen uns zusammenreißen und das nächste Spiel gewinnen“, sagte Gerets.

Der nächste Gegner heißt Hertha BSC. Zwei Trainer stehen sich dann gegenüber, die ein Ultimatum ihrer Klubführung mit Ach und Krach überstanden haben. Das hat auch in Kaiserslautern Spuren hinterlassen. Die einst propagierte innige Männerfreundschaft zwischen Klubchef Jäggi und Gerets bekam tiefe Risse. Als Jäggi Gerets nach dem Rettungssieg in Frankfurt (3:1) umarmte, stand der Belgier wie leblos da und ließ die Arme nach unten hängen. Freunde umarmen sich anders. Aus der Zentrale am Betzenberg ist zu hören, es sei nicht mehr so eng mit den beiden.

Jetzt hat der Schweizer Sanierer Jäggi wieder für Unruhe gesorgt, als er ohne Not seinen Rücktritt als Vorstandsvorsitzender zum Saisonende ankündigte. Sein Job sei erfüllt, meinte Jäggi. Für die nächste Saison aber kündigte Jäggi bereits einen Verlust von über acht Millionen Euro an. Viele Verträge von Spielern laufen aus. Und, weil der FCK seine Ausgaben senken muss, wird es tiefe Einschnitte geben. Dazu muss Miroslav Klose im Sommer 2004 verkauft werden, dessen Ablösesumme von fünf Millionen Euro an Lotto-Totto Rheinland-Pfalz verpfändet ist, weil sonst der FCK selbst die fünf Millionen zurückzahlen muss.

Im Team herrschen Neid und Missgunst. Altgediente Spieler sind sauer, weil Gerets auf seine Neueinkäufe setzte und nicht die belohnt, die vergangene Saison den Klassenerhalt gesichert haben. „Die vielen Neuen waren ein Eigentor“, sagte Kapitän Alex Knavs. „Durch die vielen Neuen wurde die Mannschaft extrem verändert, das war ein Fehler. Eigentlich sollte sich der Trainer auf Leute verlassen, die geholfen haben, die Karre wieder aus dem Dreck zu ziehen.“ Die meisten Neuen, bis auf Kosowski, sitzen längst nur noch auf der Bank. Die Käufe von Freund, Nurmela, Vreven und Mettomo entpuppten sich als Fehlschlag.

Der Graben zwischen Trainer und den Altgedienten bleibt. Im Team ist keine Hierarchie erkennbar. „Wir sind hierher gefahren, um uns abschlachten zu lassen“, schimpfte Thomas Hengen nach der Niederlage in Rostock. „So kann es nicht weitergehen.“ Das wissen auch Jäggi und Gerets. „Wenn wir in Frankfurt nicht gewonnen hätten, wäre ich sofort zurückgetreten, das wusste der Trainer“, sagte Jäggi. Ein Satz, der nicht eben Führungsstärke dokumentiert und kaum dazu taugt, die zu Saisonbeginn ausgesprochenen Ziele wieder aufblühen zu lassen. Vielmehr geht es langsam aber sicher wieder um Gerets’ Job.

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