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Sport: Mühelos gewinnt Martina Hingis das Steffi-Graf-Turnier

BERLIN .Quer über den Centre Court des LTTC Rot-Weiß schallte ein halb bittend, halb scherzhaft gemeinter Ruf: "Nicht so schnell, Martina!

BERLIN .Quer über den Centre Court des LTTC Rot-Weiß schallte ein halb bittend, halb scherzhaft gemeinter Ruf: "Nicht so schnell, Martina!" Es stand 6:0, 30:0, erst zwanzig Minuten waren vorbei im Endspiel der 92.Internationalen Meisterschaften von Deutschland für Damen.Doch die Weltranglistenerste ließ sich nicht von ihrem Tempo-Tennis abbringen.Nach 42 Minuten war alles vorbei.Im kürzesten Finale der insgesamt 20.German Open in Berlin bezwang Martina Hingis die Französin Julie Halard-Decugis mit 6:0, 6:1 und kassierte dafür 150 000 Dollar Preisgeld.Es war ihr 23.Turniersieg.

Die hoffnungslos unterlegene Halard-Decugis konnte sich mit knapp der Hälfte an monetärer Entlohnung trösten, nahm aber auch eine besondere Erinnerung von diesem Turnier mit, bei dem sie zum achten Male antrat: "Das Match gegen Steffi Graf bleibt mir als Souvenir." Im Viertelfinale hatte die Französin die neunmalige Berlin-Siegerin in drei Sätzen gestoppt.

Nie zuvor hat es am Hundekehlesee ein so einseitiges Endspiel gegeben.Von den ersten 22 Punkten machte Martina Hingis 21; ihr zweites kleines Erfolgserlebnis feierte Julie Halard-Decugis mit einem Netzroller.Danach verlief das sportliche Geschehen ein wenig ausgeglichener, doch über die Gewinnerin bestand nie ein Zweifel."Es war ein bißchen verflucht hier für mich", sagte die Schweizerin, die zuvor in drei Versuchen nie über das Viertelfinale hinausgekommen war."Aber jetzt läuft es ganz gut für mich.Ich bin stärker und selbstbewußter geworden und habe Spaß wie noch nie."

Vor allem ist sie konstanter in ihrer Leistung geworden.39 Einzel hat sie 1999 bestritten, 34 gewonnen und dafür nur viermal einen dritten Satz benötigt.In Berlin gab Martina Hingis keinen Satz ab.Julie Halard-Decugis hielt sie geduldig auf deren schwächerer Rückhandseite fest oder hetzte sie von einer Ecke in die andere."Dieses Jahr schaffe ich es, ein Turnier konzentrierter durchzuspielen", sagte Martina Hingis.Auch der eingangs erwähnte Zwischenruf änderte daran nichts: "Da darf man kein Mitleid haben." Wer anfängt, sich mit den Sorgen der anderen zu beschäftigen, kann sehr bald selbst welche bekommen.

Nicht sorglos, aber zufrieden gab sich Turnierdirektor Eberhard Wensky nach einer insgesamt für Berliner Verhältnisse sehr verregneten Woche.Obwohl die letzten beiden Tage nicht ausverkauft waren, wurde mit 51 600 Zuschauern ein neuer Rekord aufgestellt."Es war sportlich eine hervorragende Woche, wenn auch nicht durch das Wunsch-Endspiel gekrönt", resümierte er.Die Fernseh-Quoten waren mit knapp unter zwanzig Prozent, in der Spitze bei zwei Millionen Zuschauern, sehr gut.Dennoch gibt es für die Zukunft einiges zu klären.Im nächsten Jahr finden die German Open in der Woche direkt vor den French Open statt.Deshalb soll auf härteren Plätzen und mit Dunlop-Bällen gespielt werden, um "französische Verhältnisse" zu schaffen und die Top-Spielerinnen erneut nach Berlin zu locken.Wenskys Wunsch ist, der Einfachheit halber den Termin des Hamburger Damenturniers zu übernehmen.

Martina Hingis hat ihre Wiederkehr zu den 93.German Open schon gestern angekündigt.Die ganze Woche über hatte sie sehr wohl gespürt, "daß hier alle vom Steffi-Graf-Turnier sprechen.Doch als Julie Steffi schlug, war der Weg offen für mich".Nun will die beste Tennisspielerin der Welt den Weg weitergehen."Neunmal? Das wäre schön", sagte sie.Aber das war wohl genauso wenig ernst gemeint wie der Zwischenruf auf dem Centre Court.

DIETMAR WENCK

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