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Sport: München 1860 - 1.FC Nürnberg: Sich strecken oder ertrinken

Der beim TSV München 1860 gemeinhin eher schlicht gestaltete Bogen mit den Mannschaftsaufstellungen erhielt erstmals eine graphische Aufwertung. Zum Spiel gegen den 1.

Der beim TSV München 1860 gemeinhin eher schlicht gestaltete Bogen mit den Mannschaftsaufstellungen erhielt erstmals eine graphische Aufwertung. Zum Spiel gegen den 1. FC Nürnberg hatte der Archivar der Löwen ein drolliges Mannschaftsfoto des "ersten Nachkriegsmeisters 1.FC Nürnberg" entdeckt und von dort lächelten den Gästen in der Ehrenloge wackere Männer namens Knoll, Überlein und Morlock in handgewebten Baumwollleibchen entgegen. Vielleicht ist ein 53 Jahre altes Mannschaftsfoto wirklich das einzige, was einem zum Club in diesen Tagen einfallen sollte. Das aktuelle 0:1 bei 1860 München war jedenfalls ein weiterer trauriger Nachweis mangelnder Erstligatauglichkeit.

Zum Thema Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Bundesliga-Tippspiel: Das interaktive Fußball-Toto von meinberlin.de Auch wenn das von den Verantwortlichen anders gesehen werden wollte. Der Nürnberger Trainer Klaus Augenthaler ermüdete nicht, auch im vierten Interview hintereinander davon zu sprechen, dass "wir auf dem richtigen Weg sind", dass die Moral stimme, und dass das, was man gesehen habe, eben "der Unterschied ist zwischen einer etablierten Mannschaft und einem Aufsteiger". Der wiedergenesene Stürmer Martin Driller, in dessen Beinen und Torinstinkt mittlerweile die gesamten Hoffnungen des darbenden FCN konzentriert scheinen, gab zu Protokoll, dass "das heute mindestens zwei Klassen besser war, als in Ulm". Wenn man dann aber bedenkt, daß im dortigen Pokalspiel vor zwei Wochen ein fünftklassiger Gegner deutlich besser war, weiß man, wie weit entfernt die Franken derzeit von adäquatem Liganiveau sind.

Dabei spielten die Münchner so karg wie immer. Eher zaghaft, lieber zweimal zurück als einmal nach vorne, stets solide in allen Mannschaftsteilen, aber irgendwie auch nicht besonders, "pomadig" eben, wie sogar Trainer Werner Lorant einräumte. So plätscherte es dahin, die Minuten verrannen. Mal zielte ein Roter knapp am eigenen Kollegen vorbei ins Aus, mal stolperte ein Blauer über den Ball. Irgendwann fällt dann mal ein Tor, wie in diesem Fall in der 76. Minute durch Vidar Riseth, was niemand recht erwartet hatte und somit auch kaum einordnen konnte. Hinterher hört sich die siegreiche Mannschaft dann immer etwa so an: "Das war ein Arbeitssieg. Aber man soll einfach zufrieden sein mit den drei Punkten", analysierte Löwen-Libero Ned Zelic.

Verdient sei es gewesen, meinte Zelic, schließlich habe sein Team "mehr fürs Spiel getan". Aber sehr viel weniger als der Opponent aus Franken zu tun, das wäre den Löwen wohl vor eigenem Publikum sehr übel genommen worden. Die einzigen Torschüsse hatten tatsächlich die Münchner vorzuweisen. Thomas Häßlers Freistoß wurde vom Nürnberger Torwart Darius Kampa ebenso pariert wie der Kopfball von Markus Schroth aus kurzer Distanz. Nürnberg schoss vier- oder fünfmal von außerhalb des Strafraums über das Tor. Es muss noch viel schlimmer gewesen sein in den letzten Wochen, sagte doch Mittelfeldspieler David Jarolim: "Wenn wir weiter so spielen, werden wir keine Probleme haben." Diese, gerade nach einer solchen Darbietung, doch etwas wunderliche Auffassung, wurde durch eine markante Phrase des Kollegen Driller entwertet: "Wenn man nicht aufs Tor schießt, kann man keine Tore erzielen." Immerhin eine treffende Einschätzung.

Den Münchnern konnte es egal sein. Ihre desaströsen Spiele der letzten Wochen sind zwar nicht vergessen, beginnen aber durch mittlerweile sieben erreichte Punkte merklich zu verblassen. Und Lorant durfte mal wieder sagen, dass er "mit den drei Punkten, aber nicht mit dem Spiel" zufrieden sei. Wenigstens beim Sieger fand eine realistische Sichtweise Platz. Aber auch Kollege Augenthaler war sich schließlich doch noch bewusst, "dass uns bis zum Saisonende das Wasser entsprechend hoch stehen wird". Fragt sich nur, ob der Club auch imstande ist, sich ausreichend zu strecken oder nicht doch ertrinkt.

Detlef Dresslein

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