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Es geht doch. Robben bejubelt mit Lahm (r.) eines seiner drei Tore, Trainer van Gaal registriert es im Hintergrund routiniert.

© dapd

München - Hamburg: Gesang statt Revolution beim FC Bayern

Der FC Bayern macht beim 6:0 gegen den desolaten Hamburger SV alles Theater vergessen. Gleich mit der Aufstellung verdeutlichte Bayern-Trainer Louis van Gaal, dass er durchaus gewillt ist, etwas zu verändern.

Lange ist es her, dass der Präsident zu Späßen aufgelegt war. „Ein wunderschönes Wochenende, Herr Rummenigge“, feixte Uli Hoeneß und fiel seinem Vorstandsboss, der gerade beim Interview stand, damit ungalant ins Wort. Nett war das nicht, Rummenigge lächelte nur kurz, denn er versuchte sich gerade an einer komplizierten Erklärung: Wie es sein könne, dass der FC Bayern nach krisenreichen Tagen plötzlich 6:0 gegen den Hamburger SV gewinnt und dabei höchst ansehnlichen Fußball zeigt. „Wir waren auch neugierig, wie sich die Spieler präsentieren“, sagte Rummenigge und befand, dass die Mannschaft eine „sehr gute Reaktion“ gezeigt habe. Rummenigge bemerkte jedoch auch: „Wir tun gut daran, nicht zu glauben, dass jetzt wieder alles gut ist.“

Wieder gut ist bei den Münchnern sicher nichts. Das zeigte auch die Gruppe von rund tausend Fans, die sich das Spiel schenkte und in den Gängen hinter der Haupttribüne hörbar Stimmung gegen die Bayern-Oberen machte. Jedoch besteht nach dem 6:0 eine gute Chance, diese Saison doch noch in erträgliche Bahnen zu leiten. Dem FC Bayern gelang an diesem Nachmittag gegen einen erschreckend passiven Hamburger SV nicht nur der höchste Saisonsieg, er rückte in der Tabelle auch auf zwei Punkte an den Tabellendritten Hannover 96 heran. Die Stimmung, mit der die Bayern ins wichtige Champions-League-Rückspiel gegen Inter Mailand gehen, wird eine hoffnungsvolle sein.

Zur großen Überraschung hatte Trainer Louis van Gaal seine Abwehrformation kräftig durchgemischt, als wolle er in seinen letzten Monaten als Bayern-Trainer guten Willen zeigen, auf seine Kritiker einzugehen. So reaktivierte er für die Innenverteidigung den Belgier Daniel van Buyten (zuletzt Reservist), neben ihm begann der Brasilianer Luiz Gustavo (zuletzt vornehmlich Linksverteidiger).

Nach glücklosen 40 Minuten, in denen in Mario Gomez, Thomas Müller und van Buyten gleich drei Bayern-Profis Pfosten oder Latte trafen, war es schließlich Arjen Robben, der den Sieg mit einer 14-minütigen Show einläutete. Erst hämmerte er den Ball kurz vor der Pause aus kurzer Distanz unter die Latte, kurz nach der Pause schickte er dann eine 25-Meter-Freistoßflanke über alle Statisten hinweg und an HSV-Keeper Frank Rost vorbei ins Tor. Schließlich verwertete der Niederländer auch noch einen rasanten Doppelpass mit Franck Ribéry zum 3:0.

Der Widerstand des HSV, sofern er an diesem Nachmittag je ernsthaft existierte, war damit gebrochen. Die Mannschaft demonstrierte eindrucksvoll, wie sie der Ärger um Trainer Armin Veh und Vorstandsboss Bernd Hoffmann lähmte. In München kündigte HSV-Sportchef Bastian Reinhardt eine Krisensitzung an diesem Sonntag in Hamburg an. „Wir werden uns zusammensetzen, der komplette Vorstand mit dem Trainer“, sagte Reinhardt. Vorstandschef Bernd Hoffmann will dafür seinen Urlaub unterbrechen.

Die Bayern spielten ohne Unterbrechung weiter. Nach einer guten Stunde schnappte sich Ribéry an der Mittellinie den Ball, sprintete den HSV-Verteidigern davon und überlupfte Rost zum 4:0. Kurz darauf tat Müller es ihm gleich – 5:0. Den 6:0-Endstand besorgte Heiko Westermann per Eigentor – der Treffer wurde aber nachträglich Ribéry zugesprochen.

„Wer hätte das gedacht?“, fragte Louis van Gaal nach dem Sieg süffisant. Arjen Robben, der dreifache Torschütze, zuckte ratlos mit den Schultern: „Das war das Einzige, was wir machen konnten.“ Den Umstand, dass er als rechter Flügelmann zwei Tore über links erzielt hatte, erklärte er: „Es ist sehr wichtig, dass man Freiheiten bekommt.“ Robbens Freiheiten endeten an diesem Tag nach einer guten Stunde, als van Gaal ihn unter großem Applaus für Hamit Altintop vom Platz holte. Denn am Dienstagabend, wenn Inter Mailand in München zu Gast ist, soll Robben für den FC Bayern noch ein wenig wertvoller sein.

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