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Vorwärts gestürzt. Andreas Ottl demonstriert Herthas Probleme in der Offensive. Foto: AFP

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Sport: Mutig in die Heimniederlage

Hertha BSC fehlt beim 1:2 gegen Borussia Mönchengladbach die Präzision

Berlin - Das erste Duell des Tages entschied Lucien Favre um Längen für sich. 13:1 besiegte der Trainer von Borussia Mönchengladbach Markus Babbel, seinen Nach-Nachfolger als Coach von Hertha BSC. 13 Fotografen und Kameraleute hielten Favres Gang zur Trainerbank für die Nachwelt fest, auf der anderen Seite hatte sich ein einziger einsamer Fotograf postiert. Das Motiv Babbel im Olympiastadion gibt es ja auch alle zwei Wochen. Lucien Favre hingegen war zuletzt vor gut 26 Monaten in der Arena, damals noch als Trainer des Berliner Fußballbundesligisten. Von den Rängen wurde der Schweizer bei seiner Rückkehr von vergleichsweise freundlichen Pfiffen empfangen. Entscheidend verbessern konnte Favre die Sympathiewerte im weiteren Verlauf des Nachmittags allerdings nicht mehr. 2:1 (1:1) gewann seine Mannschaft durch zwei Tore von Marco Reus. Die Gladbacher bescherten sich damit den ersten Sieg in Berlin seit neun Jahren – und Hertha die zweite Heimniederlage der Saison.

Dabei hatten die Berliner die Begegnung mehr als ordentlich begonnen. „Die Mannschaft hat sich ganz anders präsentiert als gegen Mainz“, sagte Trainer Babbel. Sie habe sich auch nie aufgegeben und bis zum Schluss um den Ausgleich gerungen. „Mit ein bisschen mehr Präzision, ein bisschen mehr Kraft hätten wir es vielleicht schaffen können.“ Allzu viel Gefahr brachte Herthas finale Offensive allerdings nicht. Raffael traf mit einem Distanzschuss die Latte, Adrian Ramos scheiterte an Torhüter Marc-André ter Stegen. Mit dem Rest hatten die Gladbacher nicht allzu viel Mühe.

Das sah in der Anfangsphase ganz anders aus, als die Gladbacher von der Taktik ihres Gegners fast ein wenig überrumpelt wurden. „Wir haben erwartet, dass sie sehr tief stehen“, sagte Borussias Stürmer Mike Hanke. Stattdessen verteidigte Hertha erstaunlich offensiv. Die Viererkette rückte bis an die Mittellinie vor, um den bespielbaren Raum zu verknappen und damit die scheinbar endlosen Ballstafetten der Gladbacher schon früh zu unterbinden. Das funktionierte meist sehr gut.

Favre fand den Gegner „viel besser bei der Balleroberung“, zudem ging Hertha mit der nötigen Aggressivität in die Zweikämpfe. Von der Angst vor der heimischen Kulisse war trotz 60 556 Zuschauern zunächst nicht viel zu sehen.

Und statistisch gesehen hatten die Berliner das Spiel nach etwas mehr als einer Viertelstunde eigentlich schon gewonnen: genau in dem Moment nämlich, als Adrian Ramos einen schneidigen Konter nach Ballgewinn von Andreas Ottl mit einem präzisen Schuss durch die Beine von Torhüter ter Stegen zum 1:0 abschloss. In allen bisherigen Auswärtsspielen der Gladbacher war exakt ein Tor gefallen: Zweimal gewannen die Borussen 1:0, dreimal verloren sie 0:1. Aber der Fußball hält sich nun mal nicht immer an die Regeln der Statistik.

So wie auch Herthas Mannschaft ihre Linie nicht durchhielt. „Wir sind nicht in der Lage, diesen Tempofußball über 90 Minuten hinzubekommen“, sagte Babbel. Nach der Führung zogen sich die Berliner intuitiv zurück. Die Viererkette ließ sich etwas fallen, die Gladbacher hatten mehr Platz – und holten sich nun die nötige Ballsicherheit.

Nach einer halben Stunde hatte die Mannschaft von Lucien Favre sich ihren Gegner zum ersten Mal so zurechtgelegt, wie sie es braucht: Patrick Herrmann spielte im rechten Moment einen Pass in den Berliner Strafraum, Reus sprintete im Rücken von Mike Franz in den freien Raum und vollendete mit einem Schuss ins lange Eck zum 1:1. Franz hatte den Ball beim Versuch, das Unheil mit einer Grätsche noch zu verhindern, so abgefälscht, dass er sich knapp neben dem Pfosten ins Netz drehte.

Insgesamt wirkte Hertha etwas mutiger als beim jüngsten Heimauftritt gegen Mainz – nach der Pause vielleicht sogar etwas zu mutig. Die Berliner ließen sich zu Beginn der zweiten Hälfte auf ein offenes Duell ein und boten den Gladbachern damit noch ein bisschen mehr Platz. Geradezu exemplarisch war das in der 55. Minute zu sehen, als Filip Daems mit einem Diagonalpass von der Mittellinie Herthas komplette Defensive aushebelte. Juan Arango scheiterte zwar noch an Torhüter Thomas Kraft, doch Marco Reus traf mit einem Volleyschuss zum 2:1 für die Gäste. Lucien Favre freute sich in der gebotenen Stille. Innerlich aber wird es in ihm ganz anders ausgesehen haben. Borussias Innenverteidiger Dante berichtete, dass Favre seine Mannschaft nicht anders vorbereitet habe als sonst, „kein einziges Wort“ habe er über die persönliche Note des Spiels verloren, „aber wir wussten schon, dass es für ihn wichtig war“.

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