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Neun Männer und ein Baby. Hertha BSC feiert den doppelten Torschützen Vedad Ibisevic – und die Geburt von dessen Tochter.

© Imago/Sebastian Wells

Nach 2:0 gegen den Hamburger SV: Hertha BSC im Zeichen der Wiege

Nach dem vierten Saisonsieg hat Hertha BSC sogar Borussia Dortmund in der Tabelle überholt und ist damit so gut in die Saison gestartet wie seit 1970 nicht mehr.

Es läuft im Moment wirklich ganz gut für Hertha BSC im Allgemeinen und Vedad Ibisevic im Besonderen. Am Freitagabend gegen neun Uhr ist der Stürmer des Berliner Fußball-Bundesligisten informiert worden, dass bei seiner Frau die Wehen eingesetzt hatten. Nicht mal ein Fußballspiel später war seine Tochter bereits auf der Welt, sodass Ibisevic alsbald aus dem Krankenhaus in Herthas Mannschaftshotel zurückkehren konnte und bereits um Mitternacht im Bett lag.

Einen überragenden Zeitpunkt hätten sich Mutter und Tochter ausgesucht, sagte der Bosnier, „ist super für alle gelaufen“. Tags darauf setzte sich der Lauf ungebremst fort. Ibisevic erzielte beide Tore zum 2:0 (1:0 gegen den Hamburger SV und trug damit in hohem Maße dazu bei, dass die Berliner ihren nach Punkten besten Saisonstart aus dem Jahr 1970 einstellten und nun auf Platz zwei stehen.

„Ich war schon ein bisschen motivierter als sonst“, sagte Ibisevic. Aber das galt auch für die Gäste aus Hamburg, denen durchaus anzumerken war, dass sie es beim Debüt von Markus Gisdol besser machen wollten als zuletzt. „Die Mannschaft hat heute ein gutes Gesicht gezeigt“, sagte der neue Trainer des HSV trotz der Niederlage. „Ich bin sehr zuversichtlich.“ Die Hamburger spielten mit frischem Eifer, sie liefen fast vier Kilometer mehr als die Berliner und gingen insgesamt ordentlich zur Sache. Der brasilianische Linksverteidiger Douglas Santos sah schon nach zwei Minuten die Gelbe Karte, bis zum Ende des Spiels wurden fünf weitere seiner Kollegen verwarnt.

Gerade fünf Tage hatte Gisdol seit seinem Amtsantritt am Montag mit der Mannschaft arbeiten können. „Es war klar, dass nicht alles greifen kann“, sagte Torhüter René Adler. „Es wird ein harter, steiniger Weg. Aber das sind wir gewohnt.“ Am Ende stand für den HSV im sechsten Saisonspiel die fünfte Niederlage. „Hertha hat einen Lauf, ist eingespielt, braucht wenig Chancen – das ist das genaue Gegenteil zu uns“, sagte Adler.

Obwohl Hertha von Beginn an die spielstärkere Mannschaft war, hatten die Gäste nach zehn Minuten die erste gute Gelegenheit. Nach einer Kopfballvorlage des früheren Herthaners Pierre-Michel Lasogga stand Nicolai Müller frei vor Torhüter Rune Jarstein. Er versuchte es ebenfalls per Kopf, setzte den Ball aber über die Latte. Gleich darauf sah Herthas Abwehr nach einem langen Ball aus dem Mittelfeld erneut nicht gut aus. Filip Kostic lief auf Herthas Tor zu, zog aus 13 Metern ab, verfehlte aber knapp das Ziel.

Die Führung für Hertha war durchaus ein bisschen glücklich

„Der HSV war richtig aggressiv, richtig stark“, sagte Herthas Innenverteidiger Niklas Stark. Und so entwickelte sich ein ereignisreiches und damit höchst unterhaltsames Spiel. Nur fünf Minuten nach der Hamburger Doppelchance hatten Mitchell Weiser und Genki Haraguchi auf der anderen Seite Latte und Pfosten getroffen, dazwischen klärte Adler einmal glänzend gegen Valentin Stocker. „Wir haben uns reingekämpft“, sagte Trainer Pal Dardai.

Dass sein Team nach einer halben Stunde in Führung ging, war aber auch ein bisschen glücklich. Nachdem Alexander Esswein schon vor einer Woche, beim 3:3 gegen Eintracht Frankfurt, an zwei Toren beteiligt gewesen war, leitete er auch gegen den HSV die Führung ein – über Bande. Nach einer Ecke kam Esswein an der Strafraumgrenze zum Schuss, der Ball wäre am Tor vorbeigeflogen, wenn Lasogga ihm nicht den nötigen Drall verliehen hätte. Von dessen Hacke landete er genau vor den Füßen von Vedad Ibisevic, der aus fünf Metern keine Mühe hatte, sein viertes Saisontor zu erzielen.

Gegen keinen anderen Gegner hat Hertha eine derart gute Heimbilanz wie gegen den HSV. Doch die Gäste wehrten sich nach Kräften. Nach der ersten Halbzeit wies die Statistik bereits sechs Torschüsse für sie aus - so viele wie in ihren bisherigen fünf Saisonspielen zusammen. Am Ende waren es 16. Torhüter Jarstein musste sich noch vor der Pause einmal mächtig strecken, als er mit den Fingerspitzen einen Freistoß von Lasogga an die Latte wischte. „Mit ein bisschen Glück machst du hier ein, zwei Tore“, sagte Lasogga. „Du musst hier nicht unbedingt verlieren.“

Auch zu Beginn der zweiten Halbzeit sahen die Bemühungen der Hamburger gemessen an ihrem Tabellenplatz gar nicht schlecht aus, zu echten Chancen kamen sie aber kaum noch. „Wir sind reifer geworden“, sagte Dardai. „Letztes Jahr hätten wir in dieser Phase noch ein Tor kassiert.“ Dafür waren die Hamburger letztlich zu harmlos. Trotzdem fand Gisdol: „Die ersten Schritte sind gegangen.“

Der Traum von mehr als guten Haltungsnoten war endgültig vorüber, als Ibisevic 20 Minuten vor dem Ende per Foulelfmeter das 2:0 für Hertha und sein insgesamt 97. Bundesligator erzielte. Albin Ekdal hatte Valentin Stocker zuvor im Strafraum zu Fall gebracht. Der Schwede hatte zwar mit der Fußspitze zuvor den Ball erwischt, anschließend aber auch Stockers Knöchel. Der Schweizer musste ausgewechselt werden, hat sich aber wohl nicht ernsthaft verletzt. Auch für die Hamburger war die Reise nach Berlin mal wieder eine schmerzhafte Erfahrung. Seit Januar 2012 haben sie, bei inzwischen vier Versuchen, kein einziges Tor mehr im Olympiastadion erzielt. Für Hertha dagegen wurde der Abend noch schöner: Weil Dortmund in Leverkusen verlor, durften die Berliner als Tabellenzweiter übernachten.

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