zum Hauptinhalt
Stoßgebet beim Schlusspfiff. Jos Luhukay ist die Erleichterung anzusehen. Jürgen Klopp ringt im Hintergrund um Halt.

© dpa

Nach Bundesliga-Sieg über Borussia Dortmund: Bei Hertha BSC wächst der Glaube an die eigene Stärke

Gegen den FC Bayern München spielten sie, um nicht zu verlieren. Gegen Borussia Dortmund wollte Hertha BSC unbedingt gewinnen. Das gelang - und der 1:0-Sieg verschafft den Berlinern zusätzliches Selbstvertrauen.

Nachdem Julian Schieber sich Sonntagmorgen den Sieg über Borussia Dortmund aus den Muskeln gelaufen und frisch geduscht hatte, säuberte er noch rasch mit einer Bürste seine Sportschuhe. So sehen bodenständige Sieger aus, sollte das Bild wohl sagen. An der anderen Ecke des Hertha-Geländes gab Jos Luhukay lockere Interviews. Der niederländische Trainer des Berliner Bundesligisten, nicht gerade ein Körperriese, hätte in diesen Minuten zwei Meter groß sein können, so breit war sein Grinsen. „Wir sind so bodenständig, dass wir mit allen kritischen Phasen stets gut umgegangen sind. Die Bestätigung gab es gestern“, sagte Luhukay.

Der Sieg über erschreckend lasche wie harmlose Dortmunder wirkt für die Berliner wie ein großer Drucklöser. Es war kein schönes Spiel, nicht mal ein technisch-taktisch sonderlich hochwertiges. Es war ein Spiel, das eine Mannschaft mit Engagement und Temperament führte und es verdientermaßen – und leicht vom Glück begünstigt – gewann. Für die Berliner war es letztlich der bis hierhin wichtigste Sieg in dieser so rumpelig verlaufenden Hinserie. Luhukay sprach hinterher von einer „unglaublichen Erleichterung“.

Seine Mannschaft habe Leidenschaft und Charakter ins Spiel geworfen, sagte Luhukay und wollte das mit einem statistischen Bestwert untermauern, den einzigen, den Hertha für sich verbuchte: das Plus in der Rubrik gewonnene Zweikämpfe. Noch vor zwei Wochen hatten die Berliner das von ihnen tapfer geführte Heimspiel gegen den FC Bayern 0:1 verloren. Dieses Mal hatten sie eine erneut individuell weit besser bestückte Mannschaft 1:0 geschlagen. Gegen die Bayern hat Hertha gekämpft, um nicht zu verlieren; gegen Dortmund hat sie gekämpft, um zu gewinnen. Und so kehrt mit dem Sieg gegen den BVB ein Zutrauen zurück, das sich in tristen Herbstauftritten zerstreut hatte.

Hertha BSC kämpfte, um das Spiel zu gewinnen

„Das gibt viel Hoffnungen“, sagte Luhukay. Denn zuallererst war der 1:0-Erfolg ein Sieg fürs Gefühl. „Endlich sind wir mal mit Genugtuung und einem guten Gefühl nach Hause gegangen“, sagte Herthas Trainer. Der Sieg schafft Selbstvertrauen und lässt den Glauben an die eigene Kraft wachsen.

„Wenn du hinten stabil stehst und dann vorn selbst ein Tor machst – so kannst du Spiele in der Bundesliga gewinnen“, sagte Julian Schieber. Nach einem Ballgewinn im Mittelfeld von Per Skjelbred war Schieber von diesem erstklassig bedient worden. Der 25 Jahre alte Stürmer ließ zwei seiner früheren Dortmunder Mannschaftskollegen ins Leere laufen und erzielte sein fünftes Saisontor. Es war schon deswegen sein wertvollstes, weil es erstmals zum Sieg reichte.

Mit dieser positiven Rückmeldung gehen die Berliner in die beiden ausstehenden Spiele der Hinserie; am Mittwoch in Frankfurt und dann Sonntag daheim gegen Hoffenheim. „Wir sind immer noch in einer gefährlichen Situation“, sagte Schieber. Im unteren Viertel der Tabelle sei alles sehr eng. 20 Punkte waren das Ziel gewesen für die Hinrunde. 17 sind es bis bisher. „Jetzt haben wir noch zwei Spiele Zeit, dieses Ziel zu erreichen, also ein Dreier soll schon noch drin sein“, sagte Schieber und lächelte schelmisch.

20 Punkte sind das Ziel für die Hinrunde

Thomas Kraft ist für solche Gesichtsausdrücke sehr selten zu haben. Herthas Torhüter kennt in beruflichen Angelegenheiten keinen Spaß. Er gilt den meisten als ziemlich verbissener Zeitgenosse. Dass das, was Hertha gegen Dortmund so alles anstellte, noch nicht so locker und selbstverständlich aussah, wie es sich die Fans wünschten, sei ja unbestreitbar, erzählte Kraft. Borussia Dortmund hatte als eine auf Ballbesitz orientierte Mannschaft mehr vom Spiel. Aber die Gäste wussten damit nichts anzufangen, weil Hertha wachsam in der Abwehr stand und sich nicht aus der defensiven Grundordnung locken ließ. „Wir wollten es ihnen so schwer wie möglich machen“, sagte Kraft. Kompaktheit war Hertha dabei wichtiger als Ballbesitz. Und das war der Schlüssel zum Sieg. Die Berliner hatten eine hohe Intensität bei allem, was sie taten. Hauptsache war es, das eigene Tor abzusichern. Und wenn sich ihnen eine Möglichkeit in der Offensive bot, dann suchten sie schnörkellos die Entscheidung.

Schön, der Spaß dabei blieb zwischendrin auf der Strecke. Aber wie sagte es Kraft: „Drei Punkte machen doch am meisten Spaß – und die haben wir.“ Da musste selbst Herthas Torhüter ein wenig schmunzeln, schüttelte ungläubig seinen Kopf und kicherte in sich hinein. „Hinten keins, vorne eins – so einfach geht’s.“ Und so hat Hertha eine mit Druck beladene Situation für sich auflösen können. Mal sehen, wie der Sieg nachwirkt. Kraft sagte: „Der gibt uns schon mal einen Ruck.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false