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Herthas Trainer Markus Babbel schweigt weiter über seine Zukunft in Berlin.

© dpa

Nach dem 1:2 gegen Schalke: Schlechte Stimmung bei Hertha

Fünf Spiele ohne Sieg, Pfiffe der Fans gegen Trainer Markus Babbel, die ewige Diskussion um seine Zukunft – die Stimmung bei Hertha BSC droht zu kippen.

In Zeiten, in denen selbst Kleinigkeiten zu großen Themen aufgeplustert werden, gelang Rainer Widmayer eine eindrucksvolle Demonstration gegen all die Gerüchte, die ihn und vor allem seinen Chef Markus Babbel derzeit umwabern. Das Spiel zwischen Hertha BSC und Schalke 04 befand sich bereits in der Nachspielzeit, da lieferte Widmayer einen Beleg für seinen nach wie vor vorhandenen Eifer. Der Kotrainer des Berliner Fußball- Bundesligisten stand nur knapp außerhalb der Coaching-Zone, allerdings handelte es sich um jene der Kollegen aus Schalke. Widmayer bestürmte den Vierten Offiziellen, weil er seine Mannschaft um einen Freistoß betrogen sah. Sieht so jemand aus, der mit seinem Job bereits abgeschlossen hat? Auch bei Babbel waren keine Anzeichen für nachlassende Identifikation mit Hertha auszumachen. „Der Job macht mir einfach super Spaß“, sagte er nach der 1:2-Heimniederlage gegen Schalke, „vor allem mit dieser Truppe.“

In den vergangenen Tagen waren daran ernste Zweifel gestreut worden. Das Resultat war am Freitag kurz vor dem Anpfiff zu hören. Als bei der Mannschaftsvorstellung im Olympiastadion der Name des Trainers fiel, gab es deutlich vernehmbare Pfiffe unter Herthas Fans. „Das ist der Grund, warum ich immer ein bisschen später aus der Kabine komme“, scherzte Babbel. Am Tag danach bezeichnete er die Unmutsbekundungen als „völlig legitim“. Die Leute wollten einfach wissen, „was Sache ist“.

Pfiffe gegen den eigenen Trainer, die anhaltende Ungewissheit um Babbels berufliche Zukunft, dazu die aktuell unbefriedigende sportliche Situation mit inzwischen fünf Spielen ohne Sieg: Hertha nähert sich mehr und mehr einem kritischen Punkt, an dem die Stimmung umzuschlagen droht. Man hat das Gefühl, dass sich bei den Berlinern gerade etwas in die falsche Richtung entwickelt. „Das Gefühl habe ich schon länger“, sagt Babbel – und lacht ein wenig gequält.

Immerhin: Er lacht noch, denn im Zentrum dieser Entwicklung steht vor allem Babbel selbst – ob als Auslöser oder Leidtragender, darüber lässt sich streiten. Den Vorwurf, den ganzen Wirbel mit seiner Hinhaltetaktik in Sachen Vertragsverlängerung erst ausgelöst zu haben, hat Babbel gestern mit der etwas verschwurbelten Aussage gekontert: „Man hat sich diesbezüglich ganz klar geäußert.“ Man meint in diesem Fall: der Verein und auch er selbst. Babbel hat in der Tat nach dem Heimspiel gegen Mönchengladbach und vor der Länderspielpause gesagt: „Ich habe mir keinen Zeitpunkt gesetzt. Dazu ist die Sache zu wichtig.“ Hertha wiederum, in Person von Manager Michael Preetz, hat dem Trainer bei der Mitgliederversammlung eine Frist bis zum Beginn der Rückrunde gesetzt. Trotz dieser eindeutigen Eckdaten wird seit Tagen munter spekuliert und das allgemeine Schweigen wortreich interpretiert.

Wie steht es um das Verhältnis Babbel - Preetz?

Von einem Zerwürfnis zwischen Trainer und Manager war bereits die Rede, mit einem entsprechenden Schnappschuss vom Trainingsplatz wurde der Zwist dokumentiert. „Da wird was hineingedeutet, was nicht der Wahrheit entspricht. Das ist einfach nicht in Ordnung“, sagte Babbel. Zwischen ihm und Preetz sei kein böses Wort gefallen, „wir haben nach wie vor ein sehr professionelles Verhältnis“. Außerdem gebe es mit dem Manager eine klare Abmachung. Nach dem Ende der Vorrunde will Babbel sich seiner beruflichen Zukunft widmen: „wenn es ein bisschen besinnlich wird“.

Von Besinnlichkeit ist bei Hertha in diesen Tagen wenig zu spüren. Der Trubel um den Trainer hat auch deshalb derartige Dimensionen angenommen, weil die sportliche Situation immer weniger beruhigend wirkt. „Das Pendel schlägt gerade ein bisschen gegen uns aus“, sagte Preetz nach der Niederlage gegen Schalke. „Es ist bitter. Trotzdem darfst du nicht verzweifelt sein.“ Für einen Aufsteiger ist die Situation mit 19 Punkten aus 16 Spielen immer noch mehr als anständig, und in akuter Abstiegsgefahr hat sich die Mannschaft zu keinem Zeitpunkt der Saison befunden. „Wir sind ordentlich und solide unterwegs“, findet Preetz. „Auch nach diesem Spiel.“ Aber Rechtsverteidiger Christian Lell gab zu bedenken, dass die Mannschaft „in den letzten Wochen viele Punkte liegen gelassen“ habe.

Zwei Spiele bestreitet Hertha bis zur Winterpause noch, in der Bundesliga bei der TSG Hoffenheim und dann zum Abschluss im Pokal-Achtelfinale gegen Kaiserslautern. Die beiden Spiele werden mehr als alle zuvor darüber entscheiden, mit welcher Stimmung die Berliner in die Weihnachtsferien gehen. „Du kannst ein super Jahr gehabt haben“, sagt Mittelfeldspieler Peter Niemeyer. „Das Problem ist, dass der letzte Eindruck zählt.“ Und der Trend spricht gerade eher gegen Hertha.

In den vergangenen Wochen wird die Mannschaft von den immer gleichen Themen begleitet. Die defensive Stabilität hat sich nach und nach verflüchtigt. „Wir machen zu viele individuelle Fehler“, klagte Torhüter Thomas Kraft auch nach der Niederlage gegen Schalke wieder. „Das wird bestraft. Das wird in jedem Spiel bestraft.“ Jede Mannschaft habe mal eine gute und mal eine schlechte Phase, sagt Kraft. „Wir haben im Moment vielleicht eine etwas schlechtere. Aber andere Mannschaften verlieren dann von sechs Spielen fünf.“ Hertha hat immerhin dreimal unentschieden gespielt.

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