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Sport: Nach dem 4:1-Sieg gegen die Eintracht fällt jegliche Zurückhaltung von Bayer ab

Wochenlang hat sich Christoph Daum gezügelt. Kein Wort zur Meisterschaft ist ihm über die Lippen gekommen, und so etwas fällt einem Mann schon schwer, der den Spitznamen "Lautsprecher" trägt.

Wochenlang hat sich Christoph Daum gezügelt. Kein Wort zur Meisterschaft ist ihm über die Lippen gekommen, und so etwas fällt einem Mann schon schwer, der den Spitznamen "Lautsprecher" trägt. Am späten Sonnabendnachmittag aber war es mit der Zurückhaltung vorbei. "Wir sind auf Sieg programmiert, und keiner hält uns auf. Die Spieler wissen genau, um was es geht. Wir werden auf jeden Fall die Deutsche Meisterschaft in München einfahren - damit basta!" Der Trainer von Bayer Leverkusen hat gesprochen.

Selbstbewusst sieht der Spitzenreiter der Bundesliga nach dem souveränen, wenn auch etwas spät gesicherten 4:1-Sieg über Eintracht Frankfurt dem Finale am letzten Spieltag entgegen - mit drei Punkten Vorsprung vor dem Titelverteidiger Bayern München. Wer jedoch jetzt schon vom Titel spricht rund um das Bayer-Werk oder - im Gegensatz dazu - anfängt, um das Nervenkostüm der Mannschaft zu fürchten, dem ruft der Trainer zu: "Leute bleibt ruhig. Wir wissen, dass wir noch neunzig interessante und schwierige Minuten vor uns haben. Wir wissen, worauf es ankommt. Habt Geduld. Ihr könnt euch auf uns verlassen."

Wie im letzten Heimspiel der Saison bei hochsommerlichen Temperaturen vor 21.000 Zuschauern. Da hatte Bayer trotz des frühen Führungstors durch Oliver Neuville und der vier aufgebotenen Stürmer Anlaufschwierigkeiten gegen die massive Abwehr der Eintracht. Nach dem Ausgleich wie ein Blitz aus dem heiteren Himmel durch Torsten Krachts Kopfball nach der ersten Frankfurter Tormöglichkeit überhaupt, einem Eckball, schienen die Nerven zu flattern. So hatten es jedenfalls nicht nur Reiner Calmund, sondern selbst der sonst so coole Rudi Völler zur Pause empfunden, wie der schwergewichtige Manager gestand. "Wir waren alle nervös." Nur nicht die Mannschaft. "Diese Mannschaft", sagte Christoph Daum, "hat gezeigt, dass sie keine Zweifel und keine schwachen Nerven kriegt. Das bestärkt mich in meiner Zuversicht." In diesem zweiten Abschnitt zeigte sich, wie wertvoll die überraschende Rückkehr von Emerson nach vierwöchiger Verletzungspause war. Als "Passgeber und ordnendes Element war er für uns enorm wichtig", sagte Daum.

Da fiel es nicht weiter ins Gewicht, dass wegen Gelbsperren gleich drei vom Stamm fehlten: Zé Roberto, Ramelow und Zivkovic. Denn als der brasilianische Weltklassespieler seinen Rhythmus gefunden hatte, kam Bayer richtig auf Touren. Und die Eintracht unter die Räder. Die abermalige Führung durch Ulf Kirsten mit einem Seitfallzieher nach einer Ecke war nur die Folge des immer stärker werdenden, vor allem vom großen Strategen Emerson aufgebauten Drucks. Wie der Brasilianer vor dem 3:1 mit robustem Körpereinsatz Guie-Mien den Ball wegnahm, mit einem Traumpass den Ball genau in den Lauf von Paulo Rink schlenzte, das war Weltklasse. "Dieser Superpass war Gold wert", schwärmte Calmund.

Der Frankfurter Torhüter Dirk Heinen, der zuvor in 15 Spielen für die Eintracht nur 12 Tore kassiert hatte, erlebte in seiner alten Heimat einen bitteren Wiedersehenstag. Gegen Rinks Schuss war er ebenso machtlos wie gegen den Foulelfmeter von Stefan Beinlich, der sein letztes Spiel für Bayer in Leverkusen machte. In der kommenden Saison wechselt er zu Hertha BSC. "Mein Abschiedsgeschenk", versprach der Nationalspieler, "mache ich am nächsten Sonnabend in Unterhaching."

Hartmut Scherzer

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