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Otto Rehhagel

© AP

Nach dem Aus: Wenigstens steht die Akropolis noch

Otto Rehhagel doziert nach dem Scheitern seiner Griechen bei der EM unerschütterlich und weitgehend sinnfrei darüber, warum es mit der Titelverteidigung nicht geklappt hat. Der öffentliche Druck auf den Nationaltrainer wächst allerdings.

Der Samstag lag in seinen letzten Zügen, als Guus Hiddink einen weisen Satz sprach: „Die Zeiten ändern sich, und man muss junge Leute heute anders behandeln als früher.“ Der holländische Trainer der russischen Nationalmannschaft wollte hinweisen auf Missstände zwischen St. Petersburg und Wladiwostok, aber sein Plädoyer passt auch gut zum deutschen Trainer des griechischen Nationalteams. Ob Otto Rehhagel sich je ändern wird? Wahrscheinlich nicht. „Die Akropolis steht jetzt 3000 Jahre, und in 200 Jahren, wenn wir alle nicht mehr da sind, wird sie immer noch stehen.“ So sprach Rehhagel nach der 0:1-Niederlage seiner Mannschaft gegen Russland in Salzburg. Weitgehend sinnfrei, aber Akropolis klingt immer gut.

Die Griechen, immerhin amtierender Europameister, werden die EM nach ihrem dritten Vorrundenspiel am Mittwoch gegen Spanien verlassen müssen. „Okay, das war’s“, blaffte Rehhagel, es war ja auch schon kurz vor Mitternacht, und zu sagen gab es eh nichts mehr. Hatte ja jeder gesehen, dass diese griechische Mannschaft auf internationalem Niveau nicht konkurrenzfähig ist. Hilflos musste Rehhagel von der Bank aus mit ansehen, wie seine Spieler vom russischen Tempofußball überfordert wurden. Seinen technisch und strategisch besten Mann, Spielmacher Giorgis Karagounis, wechselte er erst kurz vor der Pause ein, als der Gegner gerade das Führungstor erzielt hatte, unter gütiger Mithilfe des tollpatschigen Torhüters Antonios Nikopolidis, der nach dem Spiel zusammen mit Verteidiger Paraskevas Antzas seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft zum EM-Ende erklärte.

Ein einziges Tor, das reicht meist gegen die Griechen, deren Stärken bekanntlich nicht gerade in der offensiven Ausrichtung liegen. „Man konnte nicht davon ausgehen, insbesondere ich als Fachmann, dass wir jedes Spiel hier 3:0 gewinnen“, dozierte Rehhagel. Drei Tore pro Spiel hatte in der Tat niemand erwartet, aber eines in insgesamt zwei Spielen wäre doch ganz schön gewesen für eine Mannschaft, die vor vier Jahren bei der EM in Portugal in jedem ihrer sechs Spiele getroffen und auf dem Weg zum Triumph die Fußballmächte Spanien, Frankreich, Tschechien und Portugal besiegt hatte. Da verzog Rehhagel das Gesicht und holte aus zu einem Proseminar über Absonderlichkeiten im Allgemeinen und Besonderen: „Italien oder Frankreich, die kriegen vier Stück, einer von denen wird auch ausscheiden, und die sind beide besser als wir.“ Und: „Vor vier Jahren hat es ein Wunder gegeben. Ein Wunder geschieht eben nur alle 30 Jahre, deswegen nennt man es ja ein Wunder, das passiert nicht alle 14 Tage.“

Immerhin habe seine Mannschaft „zwei Klassen besser gespielt als gegen Schweden“ und „unglaubliche Leidenschaft gezeigt gegen eine sehr starke russische Mannschaft“. Überhaupt, die Russen. Rehhagel bekam sich gar nicht mehr ein beim Verteilen von Komplimenten. „Ich habe ja schon oft gegen russische Mannschaften gespielt, daher weiß ich, das sind alles Sprinter und glänzende Fußballer. Zwei deutsche Mannschaften, Bayern München und Bayer Leverkusen, können das bestätigen“, beide hatten bekanntlich wenig Spaß im Uefa-Cup gegen Zenit St. Petersburg. „Wir haben heute gegen eine erstklassige Mannschaft verloren, da werden andere noch gucken.“ Was nun werden wird nach der EM, wollte Rehhagel nicht verraten, „erstmal spielen wir gegen Spanien, da müssen wir noch mal saubere Arbeit abliefern, alles andere kommt danach“. Und da er als knapp 70-Jähriger ohnehin alles besser wisse als die jungen Leute, die ihn kritisierten, interessiere ihn das auch nicht weiter.

Die griechischen Reporter hörten geduldig zu, ein paar von ihnen schüttelten den Kopf, andere lachten. Es wird nun eine Diskussion anheben über die Perspektive, die der mit einem Vertrag bis 2010 ausgestattete Rehhagel dem griechischen Fußball noch geben kann. Die Sportzeitung „Prasini“ titelte: „Weine nicht und sei nicht traurig. Die Staffel geht jetzt weiter an die jüngere Generation, die im Schatten der großen von 2004 aufgewachsen ist.“ Und das Blatt „Exedra“ fügte hinzu: „Ende einer Ära!“

Kein Problem, befand Rehhagel, „in Griechenland ist die Demokratie erfunden worden, da kann jeder sagen, was er will. Aber wir in Deutschland haben auch eine Demokratie, deswegen sage auch ich, was ich will.“ Und beschloss, erst einmal nichts mehr zu sagen, was wahrscheinlich auch besser war. Am Samstagabend, kurz vor Mitternacht in Salzburg.

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