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Verschwommene Zukunft. Das Champions-League-Finale könnte den Abschied von Heynckes (l.) und Robben eingeleitet haben. Foto: dpa

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Nach dem Champions-League-Finale: Alles in Aufruhr beim FC Bayern

Beim FC Bayern wird neben Arjen Robben nun sogar Trainer Jupp Heynckes infrage gestellt. Den Vereinsbossen scheint eine gemeinsame Linie zu fehlen.

Mit versteinertem Gesichtsausdruck kam Jupp Heynckes am Dienstagabend aus der Kabine. Fragen? Nein. Starren Blicks bahnte sich der Trainer, der den Aufgeregtheiten des Fußballgeschäfts sonst so souverän begegnet, den Weg durch die Reporter. Erst draußen, kurz vor dem Auto, sagte er doch noch etwas zur Frage, ob er nächste Saison noch Trainer sein werde beim FC Bayern: „Ich habe einen Vertrag bis 2013. Wenn sich etwas ändert, werden der Verein und ich das bekannt geben.“

Es waren fast genau die gleichen Worte, die Heynckes schon kurz nach Abpfiff des 3:2-Sieges im Freundschaftsspiel gegen die Niederlande im Fernsehinterview gesagt hatte. Die obligatorische Pressekonferenz wurde abgesagt. Schon am Wochenende, nach dem Champions-League-Finale, war Heynckes einer Frage zu seiner persönlichen Zukunft auf seltsame Weise ausgewichen. Nun dürfte feststehen: Seine Zukunft beim FC Bayern steht infrage. Der ganze Verein, das zeigte dieser Abend, ist in Aufruhr.

Als es um die Frage ging, wie es weitergehen könne beim FC Bayern, sagte Heynckes: „Der Vorstand und ich müssen die Saison genau analysieren. Ich weiß ganz genau, was zu tun ist. Aber es muss umsetzbar sein.“ Am Geld wird die Neuausrichtung des Vereins – Heynckes forderte unter anderem einen „Top-Spieler im Mittelfeld“, um weniger abhängig von Bastian Schweinsteiger zu sein – nicht scheitern. Der Vorstand ist willens, große Summen auszugeben in diesem Sommer. Nur woran hapert es dann? Offenbar an einer gemeinsamen Linie, unter anderem in der Trainerfrage.

Eine Entlassung Heynckes‘ erscheint allerdings unvorstellbar, solange Präsident Uli Hoeneß noch etwas zu sagen hat. Doch im Vorstand des Vereins soll es schon seit längerem Zweifel geben, ob Heynckes nach seiner erfolgreichen Befriedungsmission der richtige Mann ist, um die Bayern in eine lichtere fußballerische Zukunft zu führen. Es erscheint möglich, dass der 67-Jährige – zumindest offiziell – von selbst den Hut nimmt, damit alle Beteiligten ihr Gesicht wahren können. Als Grund würden die Nachwirkungen der Champions-League-Pleite dienen. Noch am Dienstag sagte Heynckes, die Trauer über die verpasste „Riesenchance“ werde „jeden Tag schlimmer“.

Robben steht bei Fans und Mitspielern in der Kritik

Von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge war an diesem turbulenten Abend nichts zu vernehmen. Sportdirektor Christian Nerlinger sagte: „Jupp Heynckes hat einen Vertrag bis 2013. Es gibt keine anderen Ansätze.“ Aber wird Nerlinger das überhaupt noch mitentscheiden? Seit Wochen erzählt man sich in München, dass der Sportdirektor selbst zur Debatte stehe. Außer prestigeträchtigen, aber auch sehr teuren Vertragsverlängerungen (Ribéry, Lahm, Schweinsteiger, zuletzt Robben) habe er noch wenig Zukunftsweisendes zu Wege gebracht. Eine größere Strategiesitzung der Vereinsbosse hat es bisher offenbar noch nicht gegeben. Aber dass die Vorstellungen derzeit unterschiedlich sind, hat auch die nun unmittelbar bevorstehende Verpflichtung von Claudio Pizarro gezeigt. Sie hing wochenlang in der Luft, weil sich die hohen Herren nicht einig waren, ob sie den Peruaner holen sollten.

Und auch was den derzeit bestehenden Kader betrifft, scheinen die Langzeitwirkungen des Saisonfinales unabsehbar, insbesondere im Fall Arjen Robben. Der Niederländer wurde bei seiner Einwechslung und danach bei jedem Ballkontakt von Tausenden Bayernfans ausgepfiffen, was an einem sonst so friedlich-harmlosen Abend umso mehr überraschte. Die Solidaritätsbekundungen einer anderen Fraktion von Anhängern fielen weit weniger eindrucksvoll aus. Robben ist nicht nur in der Mannschaft umstritten, man denke an das Veilchen, das ihm Franck Ribéry schlug, und seinen angeblichen Spitznamen Alleinikow. Umso fragwürdiger mutet die Vertragsverlängerung an, die die Bayern noch vor dem Pokalfinale fix machten – obwohl der Spieler sie vorher monatelang hingehalten hatte. Der Verein hätte ohne Not bis zum Saisonende abwarten können, doch die Verantwortlichen wollten, wie es ihre Art ist, noch vorher in Zeichen setzen.

Nun ist Robben formal bis 2015 gebunden. Aber wer weiß, wie empfindlich Robben auf ihm unliebsame Äußerungen reagiert, kann sich vorstellen, wie groß im Moment seine Lust auf eine Rückkehr nach München sein dürfte. Er selbst sagte am Dienstag nichts. Dafür sprachen seine Nationalmannschaftskollegen. Mark van Bommel sagte über die Pfiffe: „Das hätte ich vom Bayern-Publikum nicht erwartet. Das ist ein Riesen-Skandal. Wenn ich Arjen wäre, würde ich mir überlegen, ob ich nächstes Jahr noch hier spiele.“ Wesley Sneijder, Inter Mailand, wurde noch konkreter: „Wenn es nach mir geht, sollte er noch im Sommer zu Inter wechseln.“

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