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Sport: NACH DEM DENKWÜRDIGEN FUSSBALL-FEST IN MAILAND: Der kleine Mann und die "große Erleichterung"

Olaf Thons schlichte Worte zum historischen Moment / DFB-Präsident Egidius Braun mit blau-weißem Schal in den KatakombenVON MARKUS HESSELMANN MAILAND.Als der kleine Mann den großen, schweren Pokal in die Höhe hob, spürte er "nichts als Erleichterung".

Von Markus Hesselmann

Olaf Thons schlichte Worte zum historischen Moment / DFB-Präsident Egidius Braun mit blau-weißem Schal in den KatakombenVON MARKUS HESSELMANN MAILAND.Als der kleine Mann den großen, schweren Pokal in die Höhe hob, spürte er "nichts als Erleichterung".So schlicht beschrieb der sonst so wortgewaltige Olaf Thon den historischen Moment, in dem er als Kapitän des FC Schalke 04 den ersten europäischen Pokal in Händen hielt, den der Traditionsklub aus dem Revier je gewann.Davor lagen 120 Minuten harte Arbeit, die ihren Höhepunkt im Elfmeterschießen fanden.Und ausgerechnet im Nervenspiel vom Punkt, in dem die Schalker in dieser Saison mehrfach versagt hatten, stellten sie am späten Mittwoch abend ganz unerwartete Souveränität unter Beweis: Viermal verwandelten die Schalker Schützen - darunter mit Ingo Anderbrügge und Martin Max zwei international unerfahrene Spieler - im Getöse des Giuseppe-Meazza-Stadions ungefährdet gegen den italienischen Nationaltorwart Gianluca Pagliuca.Dagegen vergaben beim Gegner Inter Mailand mit Ivan Zamorano und Aron Winter zwei Akteure, die auf den Fußballplätzen der Welt zu Hause sind - und bescherten Schalke den UEFA-Pokal.Ein Fußballabend war zuende gegangen, von dem man in Gelsenkirchen noch lange Jahre schwärmen wird. Ein Sieg auch der Motivationskunst des Trainers? "Huub Stevens hat uns schon vor der Verlängerung gesagt, daß wir Ruhe bewahren sollen, weil wir jetzt nichts mehr zu verlieren haben", berichtete Anderbrügge, der von Stevens das Vertrauen als erster Schütze erhalten hatte."Als eingewechselter Spieler war er der Frischeste", begründete Stevens seine Wahl, die Anderbrügge mit einem kraftvollen Schuß ins rechte obere Eck rechtfertigte.Ihm folgten der in jeder Bewegung, bei jeder Aktion ungemein selbstsicher wirkende Thon, der nach seiner Genesung hochmotivierte Max und der Schütze des Hinspieltores, Marc Wilmots. Seine Schützen hätten sich halt wohlgefühlt, so Stevens einfache Erklärung für den Erfolg.Dagegen hatte Inters Trainer Roy Hodgson in seiner Mannschaft für schlechte Stimmung gesorgt, indem er den überragenden Mittelfeldspieler Javier Zanetti in der 120.Minute für Nicola Berti auswechselte.Zanetti ging seinem Coach deshalb fast an den Kragen."Berti kann Elfmeter schießen, Zanetti nicht", so Hodgsons spätere Begründung für seinen Schritt.Aber es gab eine ironische Wendung: Berti mußte am Elfmeterpunkt gar nicht mehr antreten.Immerhin hatte der zum Saisonende nach Blackburn wechselnde Roy Hodgson aber noch ein Lob für sein Team übrig: "Wir haben in der zweiten Halbzeit sehr viel Druck gemacht." Und verdientermaßen sprang dabei mit Zamoranos 1:0 ja auch noch Zählbares heraus. Doch Thon zufolge ging gerade durch dieses Tor ein Ruck durch die Schalker Reihen."Ich will diesen Augenblick nicht missen", sagte der Libero."So paradox das klingen mag, aber die Euphorie, die dadurch in diesem grandiosen Stadion ausbrach, hat auch uns beflügelt und zu einem Erfolg beigetragen, der für mich etwas ganz Besonderes ist." Nicht nur für Thon: Im Moment des Triumphes hatte Schalke viele Freunde.Selbst DFB-Präsident Egidius Braun lief mit blau-weißem Schal durch die Katakomben von San Siro.Und auch der sonst Schalke meidende Bundestrainer Berti Vogts war ja diesmal vor Ort, von Kontroversen mit seinem Intimfeind Rudi Assauer war in Mailand auf einmal nicht mehr die Rede. Vogts war nicht die einzige Reizfigur, die San Siro an diesem Abend beehrte: Selbst der ehemalige Schalker Präsident Günter Eichberg hatte sich hergewagt, obwohl der einstige "Sonnenkönig", der den Klub an den Rand des Konkurses gewirtschaftet hatte, zuvor noch von Fans mit "Rück die Kohle raus"-Rufen vertrieben worden war.Aber an diesem Abend brauchten auch Reizfiguren nicht wirklich um ihr Wohl zu fürchten.

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