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Lewan Kobiaschwili scheint zu grübeln, wo und wann Hertha die Fähigkeit zum Siegen verloren hat.

© dpa

Nach dem Fehlstart: Wie Hertha in der Krise reagiert

Der sieglose Hertha-Trainer Michael Skibbe bleibt im Krisenmanagement kompromisslos positiv. Doch das Umfeld wird langsam nervös, denn die Erinnerungen an die Abstiegssaison sind noch frisch.

Michael Skibbe hat noch einen Wunsch. Nach dem Auslaufen am Sonntag und einer anschließenden Fragerunde will sich der Berliner Trainer gerade entfernen. Da hält er inne und stellt fest, dass man sich am nächsten Tag schon wieder sieht. „Aber mit anderen Fragen“, sagt Skibbe, mit Blick auf das Pokalspiel am Mittwoch, halb amüsiert zu den Fragestellern, halb nachdenklich zu sich, „endlich wieder mal andere Fragen“.

Es passt Skibbe nicht in sein Krisenmanagement, ständig daran erinnert zu werden, dass Hertha BSC die ersten drei Spiele unter seiner Zuständigkeit verloren hat. Er will optimistisch bleiben, seinen Spielern und der Öffentlichkeit erzählen, dass seine Mannschaft bei der 0:1-Heimniederlage gegen Hannover „in der ersten Halbzeit ein richtig gutes Spiel gemacht hat, da braucht man nichts Negatives hineinzuinterpretieren, es ist alles im Rahmen“. Er wiederholt das, er wiederholt sogar, dass er sich jetzt wiederhole und sagt es dann noch mal. Es ist nicht alles so schlecht, wie es gemacht wird, so die Nachricht.

Am Morgen nach der Niederlage ist er mit dem Spielern ausgelaufen. Er macht das auch nach Siegen beziehungsweise er hat es bei anderen Teams nach Siegen gemacht. Es gibt ihm Gelegenheit, mit Spielern ungezwungen Einzelgespräche zu führen. Die eingeflüsterten Botschaften kommen dabei an, wie Fabian Lustenberger berichtet: „Er mahnt natürlich, aber der Trainer versucht, uns mit seiner positiven Art Selbstvertrauen zu geben.“ Das Ergebnis sind dann Einschätzungen wie die des Schweizers: „Die Situation ist nicht so dramatisch, wie sie beschrieben wird, Hertha ist Aufsteiger, das wird gern vergessen, und liegt immer noch im Soll.“

Im Erfolg kritisieren, im Misserfolg streicheln, das ist bei vielen Trainer ein erprobtes Instrument. Soll man einer Mannschaft, die am Boden liegt, etwa erzählen, sie könne es einfach nicht? Dass er auch anders kann, zeigt die Kabinenkritik unter der Woche, die unglücklicherweise oder glücklicherweise für Skibbe nach außen gedrungen ist.

Die Entscheidungsträger bei Hertha bleiben ruhig - noch

Ohne diesen Einblick ins Innenleben könnte man den Eindruck gewinnen, als würde er den Spielern gern erzählen, dass die Sonne scheine und der Rasen grün sei, aber dann kommen Außenstehende und weisen auf das Schneetreiben hin. „Als Sportler ist man nach Niederlagen enttäuscht, dann steht man am nächsten Tag auf, krempelt die Ärmel hoch und denkt ans nächste Spiel“, sagt Skibbe. An Negatives „erinnern nur die Nachfragen“.

Schlimme Bilder: Herthas Niederlage gegen Hannover:

Davon gibt es derzeit einige. Das Umfeld, die Fans und die Medien sind nervös bei Hertha, die Erinnerungen an den Absturz vor zwei Jahren sind noch frisch. Die Situation sei damals eine andere gewesen, beschwichtigt Lustenberger, „wir standen als Letzter mit dem Rücken zur Wand und mussten schauen, wie die Konkurrenz spielt“. Im Kontrast zur äußeren Beunruhigung stehen laut Skibbe die Entscheidungsträger. Er habe sich nach dem Spiel lange mit Präsident Werner Gegenbauer unterhalten, zweimal mit Manager Michael Preetz. „Da herrscht keine Hektik, da wird mit großer Souveränität nach Lösungen gesucht“, sagt Skibbe.

Dass die „positive Verstärkung“, wie er das Starkreden nennt, der richtige Weg sei, davon sei er schon bei Eintracht Frankfurt vor einem Jahr überzeugt gewesen. Dort verlor Skibbe nach Platz sieben in der Vorrunde die ersten drei Rückrundenspiele. Es folgten sechs weitere sieglose Partien, der erste Erfolg im März, Skibbes Entlassung und dann der Abstieg. Auch dort wurde auf die gute Hinrunde verwiesen, was vor Monaten noch gut war, könne jetzt nicht schlecht sein, hieß es.

Dass die Leistungen aus dem ersten Halbjahr verklärt werden, als Hertha schon die letzten sechs Ligaspiele nicht gewinnen konnte, diese Gefahr sieht Skibbe nicht. „Es lässt sich keiner blenden“, sagt er. Er hätte von Anfang an davon gesprochen, noch einmal 20 Punkte seien das Ziel. Mit dem Sammeln dieser Summe anzufangen wird gegen die nächsten beiden Bundesliga-Gegner Stuttgart und Dortmund nicht gerade einfach. Oder doch? „Vielleicht kommen schwierige Aufgaben jetzt gelegen“, sagt Skibbe, der auch hofft, dass das Pokalviertelfinale gegen Gladbach „alle elektrisiert“. Hauptsache, es fragt niemand mehr nach Schnee.

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