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Fifa-Präsident Joseph Blatter.

© Reuters

Nach dem Fifa-Skandal: Sepp Blatters neues Verwirrspiel

Rücktritt? Oder doch eher: Rücktritt vom Rücktritt? Fifa-Präsident Sepp Blatter sieht seine Position wohl gestärkt - und hält sich doch ziemlich bedeckt über seine Zukunft.

Von Johannes Nedo

Offizielle Auftritte gibt es derzeit nicht, auch keine offiziellen Medienmitteilungen. Über Joseph Blatter ist aus Fifa-Kreisen derzeit nur eines überliefert: In dieser Woche hat der Noch-Präsident des Fußball-Weltverbands einige Treffen mit seinen Vertrauten anberaumt – um dabei zu besprechen, ob er nicht auch über 2016 hinaus Präsident seiner Fifa bleiben kann. Am Sonntag hatte Blatter dieses Ansinnen bereits in Schweizer Medien verbreiten lassen, mit dem Verweis auf sein engstes Umfeld. Zudem schickte er seinen persönlichen PR-Berater Klaus Stöhlker vor, der bezüglich neuer Kandidaten verkündete: „Es ist schwer, jemanden zu finden, der ebenbürtig ist. Blatter hat eine faire Chance.“

Der 79-jährige Schweizer hält sich bedeckt. Anfragen dazu beantwortet die Fifa-Pressestelle mit dem Verweis auf Blatters Rede vor zwei Wochen. Darin hatte er gesagt, bei der nächsten Wahl „werde ich kein Kandidat sein“. Allerdings hat Blatter schon früher öffentliche Versprechen gebrochen. So hatte er 2011 angekündigt, vier Jahre später nicht noch mal zu kandidieren. Und tat es doch, weil besonders Verbände aus Afrika und Asien ihn darum gebeten hätten. Ähnliche Gründe streut Blatters Umfeld nun erneut. Wobei ein Mitglied des Exekutivkomitees des afrikanischen Fußball-Verbands (Caf) dies gestern bestritt. „Auf Caf-Ebene ist uns nicht bekannt, dass irgendein afrikanisches Land Blatter zum Verbleib gebeten hätte“, sagte Kalusha Bwalya.

Doch dass der Noch-Präsident überhaupt darüber nachdenkt, seinen Posten nicht zu räumen, dürfte mehrere Gründe haben. Zum einen scheinen sich seine Gegner schwer zu tun, einen starken Nachfolger ins Rennen zu schicken. Michel Platini, Präsident des europäischen Fußballverbands Uefa, versucht hinter den Kulissen zwar schon fieberhaft, Allianzen zu schmieden. So traf sich der Franzose bereits mehrmals mit dem mächtigen Sportfunktionär Ahmad al Sabah, der besonders in Asien und Afrika viele Stimmen beschaffen kann. Doch es gibt auch im Uefa-Umfeld einflussreiche Kreise, die Platini von einer Kandidatur abraten. Zu kompliziert erscheint ihnen die Aufgabe, die Fifa nach Blatter zu übernehmen und die Grabenkämpfe der Kontinentalverbände zu beenden.

Und zum anderen ist ein Kandidat von außerhalb des Fußballs, der unbelastet den Weltverband einen könnte, laut Fifa-Statuten ausgeschlossen. Dort heißt es in Artikel 24, Absatz 1: „Ein Kandidat für das Amt des Fifa-Präsidenten muss während zweier Jahre in den letzten fünf Jahren eine aktive Rolle im Fußball (zum Beispiel als Spieler oder Offizieller etc.) gespielt haben, bevor er als Kandidat vorgeschlagen werden kann.“

Ein weiterer Hinweis darauf, dass Blatter weiter an seinen Verbleib als Präsident glaubt, ist der Rücktritt des Fifa-Mediendirektors Walter de Gregorio am vergangenen Donnerstag. Der Italo-Schweizer soll Blatter zum sofortigen Rücktritt geraten haben, was dieser bekanntlich ablehnte. Zudem fiel de Gregorio zuletzt mit laxen Aussagen zum Weltverband auf. Im Schweizer Fernsehen erzählte er sogar einen Fifa-Witz: „Fifa-Chef Sepp Blatter, sein Kommunikationschef und der Generalsekretär sitzen im Auto. Wer fährt? Die Polizei.“ Zufälligerweise kritisierte das Blatter-Berater Stöhlker öffentlich scharf: „Dies war der Höhepunkt seiner Fehläußerungen als Kommunikationschef. In keinem Schweizer Großunternehmen hätte man derlei, ohne Konsequenzen zu ziehen, hingenommen.“ Blatter hat sich also von jemandem getrennt, der nicht mehr voll hinter ihm steht.

Wahrscheinlich können ihm nur noch die Ermittlungen der US-Behörden gefährlich werden. Deshalb ist Blatter wohl auch nicht bei der WM der Frauen in Kanada. Eine New Yorker Kanzlei riet ihm von Besuchen in Ländern ab, die Auslieferungsvereinbarungen mit den USA haben. Doch was Blatter wirklich plant, ist allen in der Fußball-Welt ein Rätsel. So sagte ein hoher internationaler Verbandsfunktionär dem Tagesspiegel: „Blatter wird immer unberechenbarer. Nicht mal er weiß wohl, was er als nächstes tun wird.“

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