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Er lässt nie locker. Sasa Obradovic verlangt immer das Maximum von seinen Spielern. Hier beobachtet er Dragan Milosavljevic, der im Pokalfinale gegen Bryce Taylor und den FC Bayern den entscheidenden Korb erzielte.

© imago/Buthmann

Nach dem Pokalsieg in München: Alba Berlin: Alles für den Moment

Alba Berlin hat am Sonntag den dritten Pokalsieg in vier Jahren gefeiert. Unter Trainer Sasa Obradovic haben sich die Berliner zur Turniermannschaft entwickelt. Eine Analyse.

Es war eine müde Reisegruppe, die sich am Sonntagabend an Gate A26 des Münchner Flughafens versammelt hatte. Einige der Basketballer von Alba Berlin spielten an ihren Smartphones herum, andere mümmelten Pommes oder dösten mit Kopfhörern auf den Ohren vor sich hin.

In der Mitte der Runde thronte auf dem Tisch zwar die Trophäe, die die Mannschaft als neuer deutscher Basketball-Pokalsieger auswies. Anstelle von Bier oder Champagner bestellte sich Power Forward Kresimir Loncar aber eine Cola. „Kreso, are you serious?“, fragte Co-Trainer Thomas Paech ungläubig.

Jedem bei Alba Berlin war anzumerken, wie viel Kraft das Wochenende in München und das Top-Four-Turnier gekostet hatten. Wieder hatte der Berliner Coach Sasa Obradovic sein Team dazu gebracht, sich innerhalb von nicht einmal 48 Stunden mit aller Energie in zwei Spiele zu stürzen und zwei starke Gegner niederzuringen.

Bei der Siegerehrung in München nannte der Hallensprecher den 47-Jährigen zu Recht den „Vater des Erfolgs“, als Obradovic sich seine Medaille umhängen ließ. Seit der Serbe das Team 2012 übernommen hat, sind drei von vier Pokalsiegen an Alba gegangen. Obradovic scheint ein Experte darin zu sein, seine Mannschaft auf den Punkt motivieren zu können. Unter ihm sind die Berliner zu einer Turniermannschaft im besten Sinne geworden.

Obradovic fordert immer das Maximum in allen Bereichen

Obradovic fordert immer das Maximum an Einsatz, Konzentration und Leidensfähigkeit von seinen Spielern. In dieser Saison ist es den Berliner nicht immer gelungen, den hohen Ansprüchen ihres Trainers Genüge zu leisten. Vier Tage vor dem Top-Four-Turnier hatte Alba in eigener Halle blamabel gegen Würzburg verloren, auch zuvor hatte es bereits einige Leistungstiefs gegeben „Daran sieht man mal wieder, dass man sich überhaupt nicht um die letzte Woche kümmern sollte“, sagte Aufbauspieler Akeem Vargas.

Allerdings ist es schwierig, eine ganze Saison über nur für den Moment zu leben. Am Sonntag besiegte Alba den FC Bayern München mit einem Wurf fast in letzter Sekunde, in den Play-offs allerdings sind die Berliner zuletzt drei Mal in Serie an ihrem süddeutschen Rivalen gescheitert. Das mag hauptsächlich daran liegen, dass die Münchner mehr Geld als Alba zur Verfügung hat. In den vergangenen Jahren hatte man allerdings auch den Eindruck, dass den Berlinern zum Saisonende Kraft und mentale Frische verloren gingen. Aufbauspieler Ismet Akpinar erwähnte nach einer Niederlage kürzlich nebenbei, man können nun mal nicht jedes Spiel spielen, „als ob es um Leben und Tod geht“.

Der 20 Jahre alte Akpinar, der unter Obradovic zum Profi gereift ist, steht nicht im Verdacht, die Autorität seines Trainer untergraben oder dessen Arbeitsweise kritisieren zu wollen. Doch es ist nicht zu übersehen, wie sehr die vom Coach geforderte Spielweise und seine emotionale Art die Alba-Profis bisweilen beansprucht, physisch wie mental. Obradovic beteuert immer mal wieder, gelassener werden zu wollen, auch in München war davon aber nichts zu sehen.

Alba zeigte in beiden Spielen große Kämpferqualitäten

In Momenten des Triumphs spielen Druck, Schmerzen und Stress natürlich kaum eine Rolle, der Pokalsieg sollte den Berlinern erst einmal viel Selbstvertrauen, Motivation und Schwung geben. „Wir haben uns als Team präsentiert und sind gerade in schwierigen Momenten als Einheit aufgetreten“, sagte Sasa Obradovic. Sowohl im Halbfinale als auch im Finale überstand Alba Schwächephasen, zeigte große Kämpferqualitäten – und traf den letzten und entscheidenden Wurf des Spiels. „Wir haben mit sehr viel Mut gespielt“, sagte Dragan Milosavljevic, der Matchwinner des Endspiels. „Auch als wir am Verlieren waren, haben wir nicht aufgegeben.“

Diese Qualitäten – und einen langen Atem – müssen die Berliner zeigen, wenn sie auch den ersten Meistertitel unter Obradovic holen wollen. In der Bundesliga ist Alba zurzeit nur Sechster, bis zum Beginn der Play-offs warten noch zweieinhalb harte Monate auf den neunmaligen Pokalsieger. Schon am Mittwoch steht das nächste Spiel gegen den FC Bayern an, diesmal in eigener Halle und im Eurocup. Obradovic wird wieder alles von seinen Spielern fordern, mit dem Moment vor Augen und dem Saisonende in weiter Ferne.

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