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Läuft doch. Herthas Spieler bejubeln ihren ersten Saisonsieg in der Bundesliga.

© dpa

Nach dem Sieg gegen Freiburg: Hertha BSC ist glücklich im Jetzt

Hertha BSC freut sich über einen guten Saisonstart und die Rückkehr von Stürmer Julian Schieber. "Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen", sagt der Siegtorschütze nach dem 2:1 über Freiburg.

Bei allem Jubel über den Sieg zum Bundesliga-Auftakt, und das waren wirklich schöne und hochemotionale Momente, ist eine Sache am Montag beinahe untergegangen bei Hertha BSC. Sie betraf die Verpflichtungen Julian Schiebers gegenüber seinen Teamkollegen, und zwar abseits des Feldes. Auf dem Fußballplatz hatte der Stürmer seine Schuldigkeit am Sonntag ja mit dem 2:1-Siegtor gegen den SC Freiburg in der Nachspielzeit getan, aber das war es dann auch schon.

„Noch hat Julian keinen ausgegeben“, sagte Trainer Pal Dardai beim Auslaufen am Montag. Angesichts des Saisonzeitpunkts wäre es für die Berliner wohl ohnehin nur auf Mineralwasser hinausgelaufen, bestenfalls mit lecker Sprudel, aber so genau wollte Dardai den Fall auch wieder nicht nehmen. „So wie er gespielt hat, muss ich ihm eigentlich einen ausgeben“, sagte der Ungar.

Julian Schieber war am Sonntag die kleine Erfolgsgeschichte in der großen. In der vergangenen Saison hat sich der Stürmer von Hertha BSC mit einer hartnäckigen und komplizierten Knieverletzung herumschlagen müssen. Als der Knorpelschaden wieder behoben war, reichte es immerhin für sechs Kurzeinsätze in der Rückrunde, aber eben nie zu einem Tor. Am Sonntag hat Schieber nun nicht nur seinen Arbeitgeber und dessen Anhang erlöst, sondern in erster Linie sich selbst. Der Treffer zum 2:1-Endstand war Schiebers erster seit 554 Tagen. „Ein unglaubliches Gefühl“, sagte der Stürmer später, zumal er erst zehn Minuten zuvor für den müden Vedad Ibisevic eingewechselt worden war. „Nach dem Ausgleich dachte ich schon, dass wir mit leeren Händen dastehen“, ergänzte Schieber, und diese Ansicht hatte er nicht exklusiv, obwohl sie faktisch falsch war. Schließlich hätte es für ein Unentschieden auch einen Punkt gegeben. „Aber wenn wir hier mit einem 1:1 rausgehen, dann fühlt sich das an wie eine Niederlage“, sagte Innenverteidiger John Anthony Brooks. „Zum Glück ist Julian dann noch gekommen.“

Brooks war nur einer von vielen aus dem Hertha-Stab, die sich aufrichtig für Schieber freuten. „Julian hat lange auf so einen Moment warten müssen, er hat hart dafür gekämpft und gearbeitet“, sagte Manager Michael Preetz über den Siegtorschützen. „Als Stürmer geht der Knoten aber meistens erst auf, wenn man das erste Mal wieder ein Tor schießt“, ergänzte der ehemalige Bundesliga-Stürmer, der bis heute Herthas Rekordtorschütze ist und das auch auf absehbare bleiben wird. „Einen besseren Zeitpunkt hätte sich Julian jedenfalls nicht aussuchen können“, sagte Preetz. „Wir hätten schon viel früher das 2:0 machen müssen, dann bleibt uns so eine blöde Situation erspart“, sagte Schieber, „so sind wir mit einem blauen Auge davongekommen.“

In der Tat ist das Betriebsklima bei Berlins führendem Fußball-Unternehmen wieder spürbar besser als noch vor ein paar Wochen. Nach dem Aus in der Qualifikation zur Europa League hatte Trainer Dardai nicht nur den Ton, sondern auch die Trainingseinheiten verschärft. „Ich war damals nicht glücklich damit, wie es gelaufen ist“, sagte der 40-Jährige, „jetzt bin ich es wieder.“ Auch Manager Preetz räumte ein, dass „unsere Vorbereitungsphase holprig verlaufen ist, obwohl das fast schon Tradition hat“. Jetzt aber habe man nach dem Sieg im DFB-Pokal beim SSV Jahn Regensburg und dem Erfolg gegen den SC Freiburg zum Bundesliga-Auftakt einen guten Start erwischt, und in der anstehenden Länderspielpause können alle einmal durchschnaufen, jedenfalls im übertragenen Sinne. Trainiert wird natürlich weiter auf dem Schenckendorffplatz, nur für diesen Dienstag haben die Profis einen Tag frei bekommen.

„Für mich als Trainer wäre ein 1:0 zwar besser gewesen als ein 2:1, aber darüber werde ich mich nicht aufregen“, sagte Dardai. „Viel wichtiger ist, dass wir jetzt nicht so viele negative Dinge hören und in Ruhe weiterarbeiten können.“ Herthas Trainer hat sich nämlich mächtig darüber geärgert, wie zuletzt über den von ihm verantworteten Kader berichtet worden ist. „In Berlin wird immer alles klein- und kaputtgeredet“, sagte er, „bis vor kurzem hatten wir noch kein Spiel bestritten und waren trotzdem schon wieder die vermeintlich schlechteste Mannschaft der Bundesliga, das kann ich nicht verstehen.

Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass Dardai nicht ganz unschuldig daran ist. Schließlich war es der Trainer selbst, der zum Teil so offen und ungefiltert über die Schwächen seines Teams sprach, wie man es in der Branche selten hört. Für den Moment, so scheint es, sind die Worte des Trainers da angekommen, wo sie ankommen sollten.

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