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Da glänzten die Eisernen noch: Torschütze Simon Terrode (l.) und Fabian Schönheim jubeln über das 1:0 gegen Hertha BSC. Am Ende reichte es "nur" zum 2:2-Unentschieden.

© dpa

Nach dem Spiel gegen Hertha BSC: Union und die neue Angriffslust

Gegen Hertha BSC beweist der 1. FC Union, warum mit ihm noch zu rechnen ist. "Wenn wir diese gute Leistung konstant bis zum Saisonende durchhalten, dann wird es sehr schwer, uns zu schlagen", sagt Trainer Uwe Neuhaus.

Von Katrin Schulze

Die Pause verriet Uwe Neuhaus. Sie dauerte ein bisschen zu lang, und jeder, der ihm zuhörte, spürte in diesem Moment, wie es ratterte in seinem Kopf. „Ich glaube, dass es nächstes Jahr kein Derby …“, sagte Unions Trainer und stockte. Wie sollte er aus dieser Nummer heil herauskommen, ohne dass er entweder abgehoben klingt oder resignierend? Nach einer kleinen fußballerischen Ewigkeit fiel es ihm ein: „Ich glaube, dass es nächstes Jahr kein Derby in der Zweiten Liga geben wird.“ Ausgesprochen war es. Endlich, mag man hinzufügen, nachdem sich Union so lange geziert hatte.

Neuhaus, der sich normalerweise eher ein wenig zu vorsichtig als zu forsch gibt, war sich immer sicher, dass Hertha BSC in jedem Fall aufsteigen wird. Nun spielte er erstmals öffentlich damit, dass Gleiches auch dem 1. FC Union gelingen kann. Dass Union und Hertha in der Bundesliga aufeinandertreffen. Und nach diesem Spiel scheint das gar nicht mehr die unwahrscheinlichste aller Optionen zu sein.

Es war eben ein anderer 1. FC Union als vor zwei Jahren, der da am Montag im Olympiastadion auflief. Ja, beinahe die komplette Mannschaft wurde seither ausgetauscht, vor allem aber zeigten die Köpenicker eine neue, eine größere Qualität. Zwar gewannen sie das Derby des Februars 2011 2:1, doch damals hinkten sie dem Klub vom anderen Ende der Stadt spielerisch noch deutlich hinterher und hatten Glück, dass ihr Kapitän Torsten Mattuschka einen guten Freistoß trat und Herthas Maikel Aerts gleichzeitig einen seiner schlechteren Torhütertage erwischte.

Zwei Jahre später überrumpelte Union Hertha fast schon. Die Charlottenburger jedenfalls wirkten angesichts von so viel Elan und Spielwitz überrascht bis überfordert. „In der ersten Halbzeit haben wir uns als körperliche Einheit präsentiert, jeder war für den anderen da“, sagte Neuhaus. Seine Mannschaft griff früh an und kombinierte sich ansehnlich nach vorne. Sie spielte beinahe wie – Hertha. Oder wie Mattuschka es auszudrücken pflegte: „Richtig richtig geil und überzeugend.“ Und das nicht zum ersten Mal.

Die Köpenicker liegen schließlich nicht aus einem dummen Zufall auf Platz vier der Zweiten Liga. In den zurückliegenden zehn Spielen haben sie nur einmal verloren – äußerst knapp gegen Spitzenreiter Eintracht Braunschweig. Trainer Uwe Neuhaus findet mittlerweile auch, „dass wir mit allen Teams der Zweiten Liga konkurrieren können“. Die guten Auftritte Unions sind so neu nicht, der Klub hat bis auf einen schwachen Saisonstart kontinuierlich mitgehalten mit den anderen Teams dort oben. Seitdem er diese Kunst aber auch auf großer Bühne vor knapp 75.000 Zuschauern bewiesen hat, trägt er ein neues Selbstbewusstsein vor. Das fällt auf. Union fällt auf – inzwischen mit ziemlicher Sicherheit auch der Konkurrenz.

Dass der Rückstand auf die drittplatzierten Kaiserslauterer nunmehr sieben Punkte beträgt, kümmert sie nach außen kaum, „es war ja nie unser erklärtes Ziel, da oben angreifen“, erzählt Neuhaus, nur um kurz darauf mit eben jenem Fakt zu kokettieren. „Fünf Punkte, acht Punkte, neun Punkte: Auf der Länge des Weges ist das alles machbar.“ Irgendwie scheinen die Unioner hin- und hergerissen zu sein zwischen der in jüngster Zeit erworbenen Angriffsfreude und ihrer ureigenen Bescheidenheit.

Schließlich waren da noch die letzten 20 Minuten gegen Hertha, als die Mannschaft von Neuhaus müder und unkonzentrierter wurde. Als Kapitän Torsten Mattuschka jeder Schritt wortwörtlich wehtat, weil er zuvor gerannt war, als ginge es um seine Existenz, und dafür ab der 60. Minute mit Krämpfen bezahlen musste. Ihm blieb nichts anderes übrig, als um seine Auswechslung zu betteln – es war bezeichnend. Binnen 20 Minuten gab Union eine 2:0-Führung her. Und „das ist vielleicht auch das, was uns noch fehlt, um ganz oben anzugreifen“, sagte Mattuschka danach. Da war sie wieder, Unions Unentschiedenheit.

Nur ganz am Ende dieses Abends traute sich noch einer nach vorne. Einer, von dem man es vielleicht am wenigsten erwartet hätte. Uwe Neuhaus hatte sich warm geredet. „Wenn wir diese gute Leistung konstant bis zum Saisonende durchhalten, dann wird es sehr schwer, uns zu schlagen“, sagte er. Ohne zu zögern.

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