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Tor oder nicht Tor? Diese Frage könnte bald obsolet sein.

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Update

Nach erfolgreichem Test: Fifa führt Torlinien-Technologie ein

Drin oder nicht drin - diese Frage müssen Schieds- und Linienrichter künftig nicht mehr alleine beantworten. Sie dürfen sich technischer Hilfsmittel bedienen. Schon beim Confed-Cup in Brasilien in diesem Sommer.

Schnell schnappte sich Manuel Neuer den Ball. Der Torwart der deutschen Nationalmannschaft warf ihn sofort wieder zurück ins Feld, beim WM-Achtelfinale gegen England wollte Neuer zügig eine neue Spielsituation entstehen lassen. Den Engländern blieb so kaum Zeit, um ausgiebig zu protestieren, auch Schieds- und Linienrichter mussten sich sofort wieder dem aktuellen Geschehen zuwenden.

Auf dem Platz rückte die Szene aus der 38. Minute bald in den Hintergrund, nach dem Spiel war sie aber Gegenstand heftiger Diskussionen. Der Schuss von Frank Lampard hatte die Torlinie deutlich überschritten, Schiedsrichter Jorge Larrionda es aber nicht gesehen und auf Weiterspielen entschieden. Lampards Treffer wäre der Ausgleich zum 2:2 gewesen. So aber gewann Deutschland 4:1.

Szenen dieser Art sollen sich in einem Jahr in Brasilien nicht wiederholen. Der Fußball-Weltverband Fifa wird erstmals bei einer Weltmeisterschaft die Torlinien-Technologie einsetzen. Nach dem erfolgreichen Test bei der Vereins-WM im Dezember 2012 wird die neue Technik auch beim Confed-Cup in diesem Sommer einem weltweiten Publikum vorgestellt, teilte die Fifa am Dienstag mit und bestätigte damit die bereits im Juli vergangenen Jahres getroffene Entscheidung.

Vier Anbieter streiten sich derzeit um den Zuschlag, darunter zwei deutsche Firmen, die die Testphase durchlaufen haben und bald ebenfalls zugelassen werden könnten. Eine Entscheidung, welche Technik bei der WM zum Einsatz kommt, soll Anfang April fallen. Das bereits beim Tennis erprobte Hawk-Eye zur Überwachung der Torlinie (Torkamera) und das GoalRef-System (Chip im Ball) sind bereits lizenziert.

Die Torlinien-Technik funktioniert so: Sollte der Ball die Linie vollständig überqueren, wird dem Schiedsrichter binnen einer Sekunde automatisch die entsprechende Information auf seine Uhr übermittelt. Dort kann er ablesen, ob ein Tor erzielt wurde. Der Schiedsrichter ist allerdings nicht dazu verpflichtet, das Hilfsmittel zu benutzen. Gemeinsam mit seinem Team kann er die Technik vor dem Spiel durch spezifische Tests prüfen, ist er mit dem Ergebnis nicht zufrieden, kann er auf ihren Einsatz verzichten. Auch während des Spiels kann der Schiedsrichter die Signale der Technik ignorieren, wenn er nicht vollständig von ihrer Richtigkeit überzeugt ist.

Ein zeitnaher Einsatz der technischen Hilfsmittel in der Champions- oder Europa League scheint derzeit ausgeschlossen. Uefa-Präsident Michel Platini hat sich bisher immer als Gegner der Technik gezeigt. Bei der Europäischen Fußball-Union gilt sie als sehr umstritten.

Dabei gab es jüngst beim größten von der Uefa durchgeführten Turnier eine Entscheidung, die mit Hilfe der Torlinien-Technologie anders ausgefallen wäre. Im Gruppenspiel gegen England erzielte die Ukraine gut 30 Minuten vor Schluss ein reguläres Tor, doch der vermeintliche Ausgleich zum 1:1 wurde nicht gegeben. England erreichte durch das 1:0 das Viertelfinale, die Ukraine hätte gewinnen müssen, um in die K.o.-Runde einzuziehen.

Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff begrüßt den Einsatz der Torlinien-Technologie. „Gegen ein funktionierendes System ist überhaupt nichts zu sagen. Das wird man als Sportler der Fairness wegen akzeptieren“, sagte Bierhoff. „Die Liga hatte sich ja immer rausgehalten. In anderen Sportarten wie Tennis gibt es ja solche Technologien schon. Das Bedeutende ist die Funktionalität. Wenn die sichergestellt ist, finde ich es positiv“.

Bereits am 5. Juli 2012 hatte das Fifa-Regelkomitee einstimmig die Einführung technischer Systeme befürwortet, vor sieben Monaten war auch der weitere Einsatz von Torrichtern genehmigt worden. Seit Beginn des Jahrtausends wurde die Hilfe durch die Technik immer wieder kontrovers debattiert. Aber erst nach den Fehlentscheidungen bei der WM 2010 und der EM 2012 hatte sich Fifa-Präsident Joseph Blatter aufgeschlossen gegenüber Technologien gezeigt. Ihre Notwendigkeit konnte er da nicht mehr leugnen.

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