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Roger Federer ist nach seiner Niederlage überaus enttäuscht.

© Reuters

Nach Finalniederlage bei US Open gegen Novak Djokovic: Roger Federer: Gut, aber nicht gut genug

Roger Federer lässt zu viele Chancen ungenutzt und unterliegt Novak Djokovic im Finale der US Open. Der Serbe war mal wieder zäher als der Schweizer.

Novak Djokovic eilte nach dem Matchball hinüber vor seine Box und ließ einen martialischen Schrei los. Dazu posierte er in einer kriegerischen Geste mit gereckten Fäusten, ganz so, als wäre dies eine Antwort gewesen – an sich selbst, an sein Team um Boris Becker und besonders an die 24 000 Fans im Arthur-Ashe-Stadium, die ihm das Leben in diesem Finale der US Open dreieinhalb Stunden lang so schwer gemacht hatten. Die seine Fehler beklatschten, in seine Aufschlagbewegungen reinbrüllten, buhten und immer nur „Roger, Roger!“ schrien. Wie eine Wand hatten die Amerikaner hinter ihrem Liebling Roger Federer gestanden und wollten ihn so unbedingt zu seinem ersehnten 18. Grand-Slam-Titel peitschen, dass es schon unsportlich wurde. Doch es hatte nicht gereicht, Djokovic war mal wieder zäher gewesen.

Und während sich der berauschte Serbe in seine Box hochziehen ließ und in der Umarmungstraube fast zu ertrinken schien, hockte Federer auf seinem Stuhl und starrte ins Leere. Erneut war der Traum vom nächsten großen Titel geplatzt, es wäre sein sechster in Flushing Meadows gewesen. Und das hatte noch keiner geschafft. Federer jagt der Nummer 18 nun schon drei Jahre lang hinterher und dieses Mal war die Chance so gut wie lange nicht gewesen. Umso mehr ärgerte sich Federer über sich selbst und über die 4:6, 7:5, 4:6 und 4:6-Niederlage.

„Natürlich bin ich enttäuscht“, sagte der 34-jährige Schweizer, „ich hatte die Chancen auf meinem Racket. Ich hätte nie zurückliegen dürfen. Novak hat sich sehr gut gewehrt. Dennoch: Ich weiß, warum ich verloren habe. Ich habe zu viele Breakchancen vergeben.“ 19 von 23 waren es gar, die Federer nicht nutzte, und mit so einer schwachen Quote lässt sich gegen die Nummer eins der Welt nicht gewinnen.

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Federer hatte nur schwer in die Partie gefunden, die aufgrund von Schauerwetter mit dreistündiger Verspätung unter Flutlicht begann. Doch im zweiten Satz wurde er mutiger und offensiver – setzte von da an den heiß diskutierten SABR („Sneaky Attack By Roger“) ein, seinen aggressiven Halbvolley-Return. Insgesamt acht Mal spielte Federer diese taktische Variante, vier Mal mit Erfolg. Mitunter rückte er aber auch nur halb vor, als Bluff. Auch das nötigte Djokovic mal zu einem Doppelfehler. Doch Federer zeigte auch selbst einfach zu viele Schwächen. 29 seiner insgesamt 54 leichten Fehler machte er mit seiner sonst so starken Vorhand. Im dritten Satz hätte Federer 5:3 in Führung gehen können, stattdessen kassierte er noch den Serviceverlust zum 4:5 nach einer 40:15-Führung. „Ich hätte die Breaks nie so kriegen dürfen, wie sie passiert sind“, sagte der Schweizer, „es war mehr drin.“

Dieses schale Gefühl beschlich auch die Zuschauer, die Federer unaufhörlich antrieben – besonders, als er im vierten Durchgang schon 2:5 hinten lag. Da blies der Weltranglistenzweite noch einmal zur Attacke: mit SABR und fantastischen Passierschlägen. Das erste Break gelang, fast hätte Federer zum 5:5 ausgeglichen. „Vielleicht wäre die Sache dann gekippt“, meinte er, „ich war sicher viel dichter dran als in Wimbledon.“

Auch dort war Federer im Turnier in sehr starker Form aufgetreten, doch Djokovic konnte sich im Finale noch steigern. In New York schien Federer sein Pulver noch nicht zu früh verschossen zu haben. Der 34-Jährige wirkte frischer, gelöst nach dem ersten Endspieleinzug in Flushing Meadows seit sechs Jahren und mit seinem neuen, aggressiveren Spiel eine echte Bedrohung für Djokovic. In Cincinnati hatte Federer ihn noch demontiert, doch Becker hatte vorausgesehen, dass „Roger sich nicht mehr im Finale steigern kann“. So musste Federer mit ansehen, wie Djokovic die silberne Trophäe küsste, zum zweiten Mal. Für Becker war der Grund klar: „Es ist die Kunst, bei einem Grand Slam die Form so zu halten, dass man das beste Spiel im Finale spielt.“

Djokovic hat diese Qualität zweifellos. Und so stand er als einziger Spieler der Profiära seit 1968 neben Federer und Rod Laver in einer Saison in allen vier Major-Endspielen. Und gewann drei Trophäen, wie schon 2011. „Ich bin inzwischen ein kompletterer Spieler als damals“, sagte der Serbe, „ich bin fitter, mental stärker und zäher geworden.“ Auch Federer hatte sich in diesem Sommer neu erfunden. Mit seinem extrem offensiven Spiel samt dem SABR, mit seinem noch konstanteren Aufschlag und seiner enormen Schnelligkeit. „Ich bin froh über das Level, das ich wieder spiele“, sagte Federer, „ich kann regelmäßig die Besten schlagen.“ Doch so gut er auch in Form war, in den großen Endspielen ist Federer trotzdem nicht gut genug für Novak Djokovic.

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