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Bloß nicht hinschauen. Auf Jos Luhukay wartet nach nur einem Punkt aus zwei Spielen noch viel Arbeit bei Hertha.

© dpa

Nach Herthas Niederlage: Luhukay kämpft mit der Vergangenheit

Herthas Probleme liegen tiefer. Das hat die blamable Vorstellung in der zweiten Halbzeit von Frankfurt gezeigt. Trainer Jos Luhukay versucht, seine Mannschaft wieder auf Kurs zu bringen und fordert mehr Teamgeist.

Nein, umgefallen ist am Montagvormittag beim Training von Hertha BSC niemand. Dabei hatte Jos Luhukay seinen Profis tags zuvor nach der 1:3 (1:0)-Niederlage beim FSV Frankfurt noch jede Menge Mehrarbeit und „Trainieren bis zum Umfallen“ angekündigt. Stattdessen saßen die Spieler schweigend auf dem frisch gemähten Rasen des Trainingsgeländes an der Hanns-Braun-Straße hinter dem Olympiastadion und lauschten ihrem Trainer. Nette Worte bekamen sie von Luhukay dabei nicht zu hören, auch wenn sich die Wut des Holländers über Nacht etwas gelegt hatte. Zwanzig Minuten lang redete Luhukay auf seine Spieler ein, warf ihnen gestenreich wahlweise „fehlende Laufbereitschaft“, „schlechtes Zweikampfverhalten“ oder „mangelnden Einsatzwillen“ vor, bevor er sie zur Gymnastik und dann grüppchenweise zum Auslaufen schickte.

Schon am Vortag hatte Luhukay die komplette Mannschaft versammelt – nach dem Schlusspfiff in Frankfurt folgte ein Wutausbruch, der den Trainer in seiner Heftigkeit selbst ein bisschen überrascht zu haben schien. Das sei eigentlich überhaupt nicht seine Art und in zwanzig Jahren als Trainer auch noch nie vorgekommen, berichtete Luhukay. Die Emotionen waren ihm einfach entglitten.

Hertha verliert gegen den FSV Frankfurt. Eine Bildergalerie:

Zu spüren bekamen das auch Nico Schulz und John Anthony Brooks. Die Beiden waren am Sonntagabend schon auf dem Weg zu ihren Nachwuchsnationalmannschaften, als sie Luhukay persönlich in den Mannschaftsbus verfrachtete und mit nach Berlin zurückreisen ließ. Erst am nächsten Morgen durften sie dann doch noch zu ihren Auswahlteams.

Herthas Saison-Rückblick in Bildern:

Marcel Ndjeng, der Luhukay von seinen früheren Stationen her kennt, wirkte am Montag noch immer leicht orientierungslos und versuchte mit leiser Stimme die Fehler zu analysieren, die die Niederlage in Frankfurt eingeleitet hatten. „Wir haben uns aus einer Führung heraus mit einer Aktion selbst um den Erfolg gebracht.“ Diese eine Aktion war der Platzverweis für Torhüter Sascha Burchert und der folgende Elfmeter, der zum Ausgleich für den FSV führte. Burchert, der für ein Spiel gesperrt wurde, wird damit im nächsten Meisterschaftsspiel fehlen. Deshalb soll der 19-jährige Philip Sprint auch schon im Pokal bei Wormatia Worms am kommenden Sonntag im Tor stehen, wie Luhukay am Montag erklärte.

Bildergalerie: Hertha ist 120

Wichtiger als diese Personalie aber ist dem Trainer, dass sein Team in den nächsten Wochen auch als solches auftritt. In dieser Hinsicht gebe es für ihn noch viel zu tun, denn „wegen der vielen Niederlagen in der Vergangenheit liegen die Probleme tiefer.“ Seine Mannschaft sei mental noch nicht so stark, wie er es gedacht hätte, so Luhukay weiter. Dabei ist der Holländer nach dem Abstieg auch deshalb als Trainer verpflichtet worden, weil er einen neuen Geist der Stärke in die Mannschaft bringen sollte. Am Sonntag zeigte sich, dass dies eine höchst anspruchsvolle Aufgabe für Luhukay werden wird. Vieles erinnerte an die freudlose Abstiegssaison, als Hertha den Abwärtstrend auch irgendwann nicht mehr stoppen konnte und sich mit dem eigenen Schicksal abfand. Am Bornheimer Hang war es nach dem Ausgleich ähnlich. Nach dem Abpfiff schlichen die Spieler wortlos vom Platz, Michael Preetz, der Manager, voran. „Viele meinen, dass sie groß sind, dass sie einen Namen haben, einen Status. Den Status können sie in die Mülltonne werfen“, sagte Luhukay. „Ich will eine Mannschaft sehen, die mit Herz und Leidenschaft Fußball spielt.“

Wie das zu bewerkstelligen sein soll, besprach der Trainer am Montag besonders intensiv mit seinem Kapitän. Fast eine halbe Stunde lang saßen Luhukay und Peter Niemeyer auf dem Trainingsplatz zusammen. „Er ist ein wichtiger Spieler, deshalb haben wir uns ausgetauscht. Ich erwarte von ihm, dass er mehr Verantwortung übernimmt.“ Niemeyer findet das nicht ungewöhnlich. „Wir haben gegen Frankfurt als Kollektiv versagt, da ist es normal, dass sich der Trainer mit dem Kapitän unterhält.“ Nötig sei jetzt einfach ein „Erfolgserlebnis“. Von einem Kopfproblem will Niemeyer aber nichts wissen – und liegt damit auf einer Linie mit Jos Luhukay. Herthas Trainer betonte am Montag noch einmal, „dass man erst nach zehn Spielen weiß, wo man steht.“ Besser als nach zwei Spielen sollte es aber schon sein, sonst fallen bei Hertha nicht nur die Spieler irgendwann tatsächlich noch um.

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