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NACH Spiel: Rot in den Katakomben

Manfred Amerell erklärt, warum eine Flucht nicht vor Strafe schützt

Beim Spiel Eintracht Frankfurt gegen Schalke 04 kam es zu einer kuriosen Situation: Sekunden vor dem Abpfiff waren Spieler beider Mannschaften in Rudelform verbal aneinandergeraten. Plötzlich stürmte von der Ersatzbank der Schalker Carlos Grossmüller aufs Feld, würgte den Frankfurter Michael Thurk und verschwand dann sofort in den Katakomben. Das ging so schnell, dass Schiedsrichter Helmut Fleischer Grossmüller über Schalkes Kapitän Marcelo Bordon mitteilen ließ, er habe wegen Tätlichkeit die Rote Karte erhalten. Ist es regelgerecht, dass ein Spieler, der gar nicht mehr auf dem Platz ist, über Umwege Rot sieht?

Helmut Fleischer hat vollkommen korrekt gehandelt. Wenn ein Spieler nach einem Vergehen sofort spurlos verschwindet und für einen Schiedsrichter deshalb nicht mehr greifbar ist, dann kommt dem Spielführer einer Mannschaft eine besondere Bedeutung zu. Ein Kapitän ist ja nicht bloß für die Platzwahl da, er ist auch ein Bindeglied zwischen Mannschaft und Schiedsrichter. Er nimmt dann stellvertretend für den eigentlich betroffenen Spieler die Nachricht entgegen, dass es, wie in diesem Fall, Rot gab. Sollte der Schiedsrichter nicht erkannt haben, wem ein Vergehen zuzuordnen ist – in diesem Fall hatte Grossmüller ja den Trainingsanzug an und war durch seine Rückennummer nicht zu identifizieren –, dann hat der Spielführer die Aufgabe, ihm den richtigen Namen zu sagen. Und in aller Regel wissen Spielführer um ihre Verantwortung und kooperieren sehr gut.

Sollte der Kapitän durch ein Versehen oder durch Unwissenheit erst einmal den falschen Namen sagen, dann wird halt zunächst der falsche Mann sanktioniert. Wenn der Ball wieder freigegeben wurde, ist eine falsche Entscheidung auf dem Feld nicht zu korrigieren. Dann muss der Schiedsrichter den richtigen Namen in einer separaten Meldung weitergeben. Nur solange eine Spielpause ist, kann ein Schiedsrichter seine Entscheidungen korrigieren. Allerdings steht ein Schiedsrichter ja nicht allein da, er hat noch Assistenten neben dem Platz, die ebenfalls aufpassen und den Schuldigen wahrscheinlich erkennen. Es spielt inzwischen übrigens keine Rolle mehr, ob so ein Vorfall vor oder nach dem Schlusspfiff stattfindet. Anders als früher hat der Unparteiische nun die Entscheidungsgewalt, solange sich die Spieler noch auf dem Feld befinden. Früher endeten die Sanktionsmöglichkeiten mit dem Schlusspfiff.

Grossmüller hat schon allein durch die Tatsache, dass er als Auswechselspieler unerlaubt aufs Spielfeld gelaufen ist, einen Regelverstoß begangen. Jeder, der ohne Erlaubnis aufs Feld läuft, muss zwingend mit einer Gelben Karte bestraft werden. Es gab ja zudem schon Fälle, dass Auswechselspieler beim Warmlaufen Spieler auf dem Feld beleidigt haben. Das muss genauso als Unsportlichkeit bestraft werden.

Manfred Amerell

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