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Nach Stasi-Fall: Union trennt sich von umstrittenem Sponsor

Der 1. FC Union trennt sich wegen eines Stasi-Falls von seinem Geldgeber. Der Spielbetrieb der Berliner in der Zweiten Liga ist deshalb aber nicht gefährdet.

Von Katrin Schulze

Es war ein kurze Beziehung, die der 1. FC Union mit seinem neuen Hauptsponsor führte. Dafür war sie umso heftiger. Nach zahlreichen Ungereimtheiten hat sich der Fußball-Zweitligist am Montagabend mit sofortiger Wirkung von der Firma International Sport Promotion (ISP) getrennt. Auslöser war der jüngste von einigen Fehltritten, den sich Verantwortlichen von ISP geleistet haben: die Stasi-Vergangenheit von Jürgen Czilinsky. Der Aufsichtsratschef von ISP hatte zugegeben, als Führungsoffizier im DDR-Ministerium für Staatssicherheit tätig gewesen zu sein. Mindestens 26 operative Vorgänge und mehrere Inoffizielle Mitarbeiter soll er betreut haben.

Das war zu viel für Union. Bis zur Aufdeckung des Falls am vergangenen Wochenende wussten die Köpenicker nach eigenen Angaben nichts von der Stasi- Vergangenheit Czilinskys. Nun gab es für sie nach einer Krisensitzung mit ISP- Firmendirektor Dieter Fietz nur eine Konsequenz: die Trennung. „Eine weitere Zusammenarbeit war unter diesen Umständen, auch unter Berücksichtigung der rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen für den Verein, nicht möglich“, sagte Unions Präsident Dirk Zingler.

Über zehn Millionen Euro und fünf Jahre lief der Vertrag zwischen Union und ISP – eine verhältnismäßig riesige Größenordnung für einen Aufsteiger in die Zweite Liga. Vielleicht auch zu groß. Denn hinter den drei Buchstaben, die die Spieler bislang auf ihren Trikots durch ganz Deutschland schleppten, stand ein Unternehmen, dessen Wirken weitgehend im Unklaren geblieben ist. Von Müllentsorgung und Rohstofferschließung im afrikanischen und arabischen Raum war da die Rede. Und von Rechten an Fernsehstationen und Fußballspielern. Den Zusammenhang von all dem konnten oder wollten die Firmenchefs des Sponsors nicht erörtern.

Die ominösen Geldquellen und undurchsichtigen Arbeitsweisen von ISP waren die eine Sache. Viel schlimmer aber wog die Stasi-Tätigkeit ihres Aufsichtsratschefs. Sie traf die Unioner an einer ihrer empfindlichsten Stellen. Schließlich resultieren der heutige Ruf und der Kult um Klub auch und vor allem aus der Vergangenheit. Die Köpenicker Anhänger galten vor der Wende als besonders regimekritisch und distanzierten sich öffentlich von den Machenschaften der Stasi.

„Der Verein tut gut daran, seine Traditionswerte aufrecht zu erhalten“, sagt Antonio Hurtado. Der Aufsichtsratsvorsitzende des 1. FC Union hat den Trubel um seinen Klub und dessen Sponsor nur aus der Ferne miterlebt – er ist derzeit im Urlaub in den USA. „Natürlich wurde ich von der Entwicklung überrascht“, sagt er. „Damit hat keiner von uns gerechnet. Aber das Präsidium hat hervorragend und konsequent reagiert.“

Auch dass Czilinsky am Montagvormittag von seinem Aufsichtsratsposten bei ISP zurückgetreten war, um einen möglichen Imageschaden vom Verein abzuwenden, wie es in der Mitteilung von ISP heißt, konnte Unions Entscheidung zur Loslösung vom Sponsor nicht mehr beeinflussen. „Ich bedauere diese Entwicklung sehr, denn ich wollte mit der ISP dazu beitragen, dass sich der 1. FC Union sportlich stabilisieren und wirtschaftlich auf ein gesundes Fundament bauen kann“, sagte der Firmendirektor des Sponsors und ehemalige Trainer Unions, Dieter Fietz. Doch Fietz’ Firma hat nun wohl genau das Gegenteil bewirkt.

Zwar haben die Köpenicker die Liaison mit ISP einigermaßen schnell hinter sich gebracht, dennoch dürften sie einen nicht unerheblichen Schaden davongetragen haben. Die dubiose Beziehung kratzte heftig am Bild des Traditionsvereins, das zuletzt vor allem von Präsident Zingler so penibel aufgemotzt worden ist: Union stand in den jüngsten Jahren für bodenständiges, bedachtes Arbeiten und kontinuierliche Weiterentwicklung.

Der Turbogang, den Union mit dem Geld von ISP eingelegt hat, ist dem so traditionsbehafteten Verein nicht bekommen. Er hat zudem das Verhältnis zu den treuen Fans belastet, die noch vor kurzer Zeit das neue Stadion An der Alten Försterei so mühevoll modernisiert haben. Der Stasi-Fleck, den der Sponsor in Person von Jürgen Czilinsky hinterlassen hat, lässt sich nicht mehr wegretuschieren. Darüber hinaus dürfte die Loslösung vom Hauptsponsor nicht unbedingt zur finanziellen Gesundung des Klubs beitragen. Immer wieder hatten die Unioner mit wirtschaftlichen Engpässen zu kämpfen.

Ob das von ISP bereits überwiesene Geld, dem Verein nun erhalten bleibt, ist noch unklar. Zwar betonen die Köpenicker, dass der laufende Spielbetrieb von der Trennung nicht gefährdet ist, doch einfacher wird es für die Berliner in dieser Saison wohl nicht. Auch wenn eines klar ist: Der 1. FC Union wird sich seinen künftigen Partner sorgsamer aussuchen als den vergangenen. „Aus Fehlern lernt man“, sagt Antonio Hurtado.

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