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Sport: Nach Steffi Grafs Rücktritt ist die von Misserfolgen geplagte Anke Huber plötzlich die deutsche Nummer eins

Eigentlich war in New York alles so spannend und zugleich langweilig wie immer, wenn Anke Huber spielt: Eine turbulente Achterbahnfahrt auf dem Tennisplatz beim 2:6, 6:2, 6:0-Sieg über die Kroatin Silvija Talaja, leichte Verwunderung über das Chaos am Arbeitsplatz und ansonsten nur das Huber-Prinzip Hoffnung für die nächsten Aufgaben bei den US Open. Doch dass die ehemalige Top-Ten-Spielerin am Montagabend nur knapp das fünfte Erstrunden-Aus seit Beginn der 90er Jahre vermied, wird daheim durchaus aufmerksam registriert: Seit dem 13.

Eigentlich war in New York alles so spannend und zugleich langweilig wie immer, wenn Anke Huber spielt: Eine turbulente Achterbahnfahrt auf dem Tennisplatz beim 2:6, 6:2, 6:0-Sieg über die Kroatin Silvija Talaja, leichte Verwunderung über das Chaos am Arbeitsplatz und ansonsten nur das Huber-Prinzip Hoffnung für die nächsten Aufgaben bei den US Open. Doch dass die ehemalige Top-Ten-Spielerin am Montagabend nur knapp das fünfte Erstrunden-Aus seit Beginn der 90er Jahre vermied, wird daheim durchaus aufmerksam registriert: Seit dem 13. August und der Rücktrittserklärung der Tennis-Ikone Steffi Graf ist Anke Huber ohne eigenes Zutun wieder zur deutschen Nummer eins geworden. Die ohnehin dürren Hoffnungen im deutschen Damen-Tennis klammern sich mangels schlagkräftiger Alternativen an die vage Erwartung eines neuen Aufschwungs bei der unberechenbaren Badenerin. "Die Anke hat das Potenzial, um noch einmal ganz nach vorn zu kommen", sagt Damen-Teamchef Markus Schur. "Aber sie darf sich dabei nicht selbst im Wege stehen."

Oft genug hat Anke Huber in den letzten Jahren bekundet, dass sie die überragende Präsenz von Steffi Graf als schwere Last beim eigenen Vorankommen im Profitennis empfunden hat. Zuweilen erschien die langjährige Weltranglistenerste ihrer mit gebührendem Abstand folgenden Kollegin wie eine "ewige Mauer, die sich vor mir aufgebaut hat". Später sagte sie sogar, sie habe an einem "Steffi-Graf-Komplex" gelitten, an den ewigen Vergleichen, "die manchmal wie ein Albtraum auf mich eintrommelten".

Doch der Glaube, ohne Steffi Grafs Anwesenheit werde alles einfacher, hat sich für Anke Huber stets als Illusion erwiesen: Ausgerechnet in Grafs Verletzungsphasen 1997 und 1998 fiel der sportliche Absturz für die notorische Nummer zwei hierzulande. Fast bis auf Rang 40 taumelte die mittlerweile 24-Jährige. Immer dann, wenn Steffi Graf fehlte, war Anke Hubers Formschwäche besonders ausgeprägt. "Ich habe mich immer am meisten selbst unter Druck gesetzt. Ich wollte allen beweisen, dass ich in die Bresche springen kann."

Nach all den Aufs und Abs will Anke Huber jetzt mit mehr Gelassenheit ans Hand-Werk gehen und nicht "krampfhaft versuchen, das Vakuum auszufüllen". Besondere Verantwortung für das deutsche Damen-Tennis mag sie dabei nicht tragen. "Ich habe genug mit mir selbst zu tun." Sicher ist nur, dass bei ausbleibenden Erfolgen ganz schnell auch schwere Zeiten in der Szene anbrechen werden. "Man wird Steffi stark nachtrauern. Die Aufmerksamkeit für das Damentennis in Deutschland hatte sowieso fast nur mit ihr zu tun", sagt Huber. Sie hat das sogar am eigenen Leib erfahren: "Als ich auf Platz zehn der Weltrangliste stand, hat das niemanden interessiert."

Was kann, was will Anke Huber erreichen in der noch reichlich verbleibenden Zeit als Tennisprofi? "Ich weiß, dass ich immer noch einen Grand-Slam-Titel gewinnen kann." Ob der große Wurf ausgerechnet bei den US Open gelingt, darf bezweifelt werden. In New York ist Anke Huber bei neun Starts niemals über die dritte Runde hinausgekommen und hat alles andere als "schöne Erinnerungen an dieses Turnier", mit dem sie eine "Art Hassliebe verbindet": "Ich mag die Stadt und die Leute, aber ich komme mit den US Open nicht besonders zurecht." Im laufenden Wettbewerb droht in Runde drei das Aus gegen Jana Novotna. Sie würde auch das verschmerzen, "wenn ich mich spielerisch langsam wieder steigere". Gelegentlich lässt sie sich von den DTB-Trainern Mike Bauer und Jens Wöhrmann kostenpflichtig betreuen. Aber von einem regulären Trainer, der sie auf der gesamten Tour begleitet, will sich Anke Huber nicht mehr einengen lassen in ihren erwünschten Freiheiten. Die Nummer eins, die in Wahrheit weiter eine Nummer zwei ist, weiß schließlich, "dass man nichts erzwingen kann - auch nicht mit zehn hauptamtlichen Trainern".

Jörg Allmeroth

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