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Nachruf: Ski-Legende Toni Sailer ist gestorben

Sein Ruhm ging über die Piste hinaus: Toni Sailer war nicht nur Rekordweltmeister, sondern auch Schauspieler, Sänger und ein früher Pop-Star des Sports.

3,46 Kilometer, oder aber 2,52 Minuten waren es wohl letztendlich, die Toni Sailer einen Platz in den Geschichtsbüchern eingebracht haben. So lange dauerte es am 3. Februar 1956 nämlich, bis Sailer bei den Olympischen Spielen in Cortina d’Ampezzo die gerade einmal 15 Tore beim Abfahrtslauf der Herren geschafft und damit einen historischen Triumph erreicht hatte: Sailer war der erste Skiläufer, der bei Olympischen Spielen alle Herrenwettbewerbe gewann. Egal ob bei der Abfahrt, dem Riesentorlauf oder dem Slalom – 1956 in Cortina war niemand schneller als Toni Sailer.

Mit gerade einmal 20 Jahren war Sailer damals zum besten Skifahrer seiner Zeit aufgestiegen, sein historischer Dreifachtriumph hat ihn damals weit über Österreich hinaus zu einem Sporthelden gemacht, doch gerade in seinem Heimatland wurde Sailer mit seinem Erfolg in Cortina zu einer Art hymnisch verehrtem Heiligen. Für das Österreich der Nachkriegszeit war Sailer sogar noch wichtiger als das Fußballteam des Jahres 1954, das damals bei der WM immerhin Dritter wurde. Elf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Sailer zu einer Symbolfigur für das gebeutelte Österreich, das gerade einmal ein Jahr zuvor die nationale Souveränität wieder gewonnen hatte. Schon zwei Jahre später wurde ihm im Land ein sportliches Denkmal gesetzt: Wegen Sailer bemühte sich Österreich um die Skiweltmeisterschaften 1958, die dann auch tatsächlich in Bad Gastein, nur wenige Kilometer von Sailers Geburtsort Kitzbühel ausgerichtet wurden.

Diese Weltmeisterschaften waren das erste Großereignis des neuen Österreich; mit einem im Skisport noch ungekannten Professionalismus und Aufwand wurden für diese Wettkämpfe neue Pisten und neue Liftanlagen in die Bergwelt gebaut. Die Spiele sollten zu einem Symbol des wiedergewonnenen nationalen Selbstvertrauens und der zurückgewonnenen Wirtschaftskraft werden – und das wurden sie auch, nicht zuletzt dank Sailer, der in Gastein zwei Gold- und eine Silbermedaille gewann.

Seine Erfolge erzielte Sailer nicht nur dank seines unbestrittenen Talents, sondern vor allem auch deshalb, weil er sich gemessen an den Parametern seiner Zeit unglaublich professionell auf seinen Sport einstellte. Und dieser Professionalismus war es auch, der Sailer zum wohl ersten Skifahrer machte, der seine sportlichen Erfolge auch finanziell nutzen konnte. Denn für viele überraschend beendete Sailer kurz nach der WM in Bad Gastein seine Sportlerkarriere – mit gerade einmal 23. Skifahrer verdienten damals noch keine Preisgelder, und Werbeverträge waren damals verboten. Sailer nutzte also seine Popularität und sein Image und wandte sich einem anderen Zweig der Unterhaltungsbranche zu, der deutlich lukrativer war: dem Filmbusiness.

Mit 23 zog er zunächst nach München und dann nach Berlin und wurde Filmstar. Außerdem spielte er gleich mehrere Schallplatten ein, die vor allem in Japan höchst erfolgreich waren. Er wirkte in 22 Produktionen mit, eine davon für einen japanischen Film. Anschließend zog es ihn nach Kanada, wo er sich wieder dem Skifahren widmete und Material für die immer professioneller werdenden Skifirmen entwickelte.

Erst in den 1970ern kehrte Sailer wieder nach Österreich zurück. Er arbeitete für den Österreichischen Skiverband, gründete in Kitzbühel eine Skischule und war 20 Jahre lang Direktor des legendären Hahnenkamm-Rennens. Als 1999 in Österreich ein Sportler des Jahrhunderts gewählt wurde, war er der logische Gewinner dieser Wahl – denn wohl kein anderer Sportler hat in Österreich derartig viel Strahlkraft wie Sailer.

Am Montag erlag Sailer einem Krebsleiden. Er wurde 73 Jahre alt.

Markus Huber

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