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Sport: Nachwuchs für Amerika

Die Teams der NFL Europe setzen zunehmend heimische Spieler ein

Berlin. Die NFL Europe hat offenbar einen neuen Kurs eingeschlagen beim Einsatz der so genannten National Players, kurz Nationals. Die europäischen, aber auch japanischen und mexikanischen Spieler kommen in ihren Teams jetzt häufiger zum Zug. Beim 28:17-Sieg von Berlin Thunder in Amsterdam am Ostersamstag war Wide Receiver Jörg Heckenbach mit zwei Touchdown-Fängen einer der Matchwinner. Bei Thunder (heute gegen die Cologne Centurions, Kick-off 16 Uhr im Olympiastadion), Rhein Fire und Frankfurt Galaxy stehen deutsche Spieler im „Starting Lineup“, der Anfangsformation. Das war bisher anders. Gelobt wurden die Nationals von ihren Cheftrainern in den letzten Jahren zwar immer wieder. Doch schaute man darauf, was diese Spieler wirklich zur Leistung ihrer Teams beitragen durften, dann wirkten die Lobpreisungen oft stark übertrieben.

Eine regelrechte Liga-Direktive steckt hinter der größeren Rolle der Nationals in den ersten Spielen laut Thunders Cheftrainer Rick Lantz nicht. Er räumt aber ein, dass die Liga mit diesen Spielern auf lange Sicht mehr vorhat: „Die internationale Spieler-Entwicklung ist dem Commissioner (gemeint: NFL Commissioner Paul Tagliabue) wirklich wichtig.“ Er will die gleiche Entwicklung sehen wie zum Beispiel mit den europäischen Spielern in der Basketball-Liga NBA. „So etwas wollen wir auch aufbauen. Und wenn unsere National Players Erfolg haben, dann werden auch mehr Jungs anfangen, Football zu spielen. Die guten Athleten gibt es hier jedenfalls“, sagt Lantz.

Stärker als bisher auf die Nationals zu setzen, könnte für das Fortbestehen der NFL Europe überlebenswichtig sein. Auf beiden Seiten des Atlantiks wachsen nämlich die Zweifel am Sinn dieses Testgeländes für drittklassige amerikanische Profis. Als die Besitzer der 32 Teams der „Mutterfirma“ National Football League (NFL) im vergangenen Herbst über die Zukunft der NFL Europe entschieden, stimmte gerade noch die erforderliche Mindestanzahl von 24 dafür, die Liga zumindest für zwei Jahre weiterzubetreiben. Und in Europa lässt das Interesse an den mit einer Party umrahmten Spielen weitgehend gesichtsloser Mannschaften nach. Frankfurt Galaxy und Rhein Fire, die einzigen Teams mit einem hohen Zuschauerzuspruch, zogen in den ersten Heimspielen nur etwas mehr als 20 000 Besucher an – nachdem sie in der Vergangenheit regelmäßig einen Saison-Schnitt von mehr als 30 000 hatten. Eine Perspektive muss also her.

Die könnte so aussehen, dass die NFL Europe vor allem außeramerikanische Talente gewinnt, also die besten Football-Talente über die NFL Europe in die NFL holt. In den anderen großen Profi-Ligen der USA – NBA, NHL (Eishockey) und MLB (Baseball) – sind aus Übersee geholte Athleten längst nicht mehr wegzudenken. Mit dieser Perspektive könnte man einerseits die NFL-Teambesitzer ködern, andererseits den Stellenwert der NFL Europe in Europa stärken. Denn wenn europäische Spieler, und das sind zurzeit vor allem deutsche, eine echte Chance haben, es auf diesem Weg in die NFL zu schaffen, wird das auch das Interesse an der Liga steigern. Auf diesen Effekt hofft auch Lantz: „Wir versuchen, den jungen Spielern zu zeigen, dass die Nationals hier spielen, hier Erfolg haben können. Und hoffentlich schaffen wir es, dass einige von denen auch tatsächlich in der NFL spielen.“

Dieter Hoch

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