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Fliegt in Form. Richard Freitag holt seinen zweiten Weltcupsieg. Foto: AFP

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Sport: Nächster Held aus Erlabrunn Skispringer Freitag weckt in Oberstdorf Hoffnungen

Oberstdorf - Die Last, die von seinen schmalen Schultern fiel, muss gewaltig gewesen sein. Richard Freitag ballte die Faust, er schrie seine Freude heraus und reckte die Sprungski vor dem Hintergrund schwarz-rot-goldener Fahnen in die Höhe.

Oberstdorf - Die Last, die von seinen schmalen Schultern fiel, muss gewaltig gewesen sein. Richard Freitag ballte die Faust, er schrie seine Freude heraus und reckte die Sprungski vor dem Hintergrund schwarz-rot-goldener Fahnen in die Höhe. „Es fühlt sich unwahrscheinlich gut an“, sagte Freitag ins Mikrophon des Stadionsprechers in Oberstdorf. Für den zurückhaltenden jungen Mann, dem sonst kaum eine Regung zu entlocken ist, war das ein geradezu unglaublicher Gefühlsausbruch. Hinter ihm lag ja auch ein besonderer Moment. Freitag hatte nicht nur als erster deutscher Skispringer seit Martin Schmitt (2001) an der riesigen Heini-Klopfer-Schanze triumphiert und nebenbei die Generalprobe für die anstehende WM gewonnen. Vor allem hatte er mit dem zweiten Weltcup-Sieg seiner Karriere den Fluch besiegt, der auf der Skisprung-Familie Freitag lastet.

„Der zweite Weltcup-Sieg ist wirklich etwas ganz Besonderes“, sagte der 21-Jährige. Gregor Schlierenzauer, der neben Freitag saß, zuckte nur mit den Schultern, schließlich ist der an diesem Tag unterlegene Österreicher mit 48 Weltcup-Siegen der erfolgreichste Skispringer aller Zeiten. Für das große Talent Freitag aber könnte der Erfolg von Oberstdorf tatsächlich so etwas wie der entscheidende Anstoß für einen Domino-Effekt sein.

Im Dezember 2011 hatte er in Harrachov seinen ersten Weltcup-Sieg gefeiert. Genau an dem Ort, wo sein Vater 29 Jahre zuvor triumphiert hatte. Für Holger Freitag blieb es jedoch der einzige Sieg seiner Skisprung-Karriere. Sohn Richard hatte wohl die Befürchtung, dass es ihm ähnlich ergehen könnte, zumal er zu Beginn dieses Winters mit seiner Form kämpfte. Als er den Weg zurück in Richtung Weltspitze gegangen war, spielte zunächst der Kopf nicht richtig mit. Zuletzt am Mittwoch auf der Heimschanze in Klingenthal, als er am Tag nach seinem Sieg in der Qualifikation im Wettkampf versagte. „Ritschie ist einer, der immer mit Situationen wächst“, sagte Bundestrainer Werner Schuster: „In Oberstdorf war er grandios.“ Das galt allerdings nicht mehr für das Mannschaftsspringen am Sonntag, in dem das deutsche Team beim Sieg der Norweger nur auf Rang vier landete.

Am Samstag aber lief Freitag mit zwei Schecks unter dem Arm – 10 000 Schweizer Franken für den Sieg und 1000 Euro als „Mann des Tages“ – stolz durch den Zielraum. Und freute sich darauf, den Sieg mit seinen Eltern in Breitenbrunn feiern zu können. Gemeinsam mit der skisprungverrückten Familie, in der auch die kleine Schwester von der Schanze fliegt. Kurioserweise war es aber nicht der Vater, der ihn zum Skispringen brachte. Sondern eine Fernsehübertragung mit Sven Hannawald. Passenderweise dazu wurde Freitag im Krankenhaus Erlabrunn geboren, genau wie Hannawald und Jens Weißflog.

Die Skisprung-Legenden haben Gold bei Weltmeisterschaften gewonnen, Hannawald war beim letzten deutschen Team-Titel vor zwölf Jahren genau wie Martin Schmitt noch dabei. Freitags Erfolg von Oberstdorf weckt zarte Hoffnungen auf ähnliche Erfolge. Chefcoach Schuster ist sich zumindest sicher, dass dieser Sieg Nachwirkungen haben wird: „Das wird uns einen enormen Schub für die WM geben.“ Ziel sind zwei Medaillen.

Richard Freitag will von einer Mitfavoritenrolle nichts wissen, obwohl er bei der Generalprobe im Fleimstal schon ganz oben stand und die Schanzen wegen des oft auftretenden Rückenwindes wie für ihn geschaffen scheinen. „Ich will Spaß haben“, sagt er, „und so weit nach vorn springen wie möglich.“ Idealerweise so weit wie in Oberstdorf. Lars Becker

Lars Becker

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