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Podolski Gomez

© ddp

Nationalelf in Form: Die neue Wucht

Das Spiel gegen die Schweiz zeigt: Die deutsche Nationalmannschaft hat wieder einen Sturm, der ein Spiel entscheiden kann.

Zu guter Letzt machte auch noch der Bundestrainer seine Aufwartung: Joachim Löw ging vor Mario Gomez in die Knie. Im Entengang schlich er zwischen Gomez und den Journalisten durch die Interviewzone des Baseler St.-Jakob-Parks, ehe er den Weg zum Mannschaftsbus im aufrechten Gang vollendete. Mario Gomez, der Stürmer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, hatte sich nach dem 4:0-Sieg gegen die Schweiz Huldigungen in allen bekannten Formen verdient. Man hätte ihn in einer Sänfte aus dem Stadion tragen, ihm mit Palmwedeln frische Luft zuführen und kollektiv vor ihm auf die Knie sinken können – es wäre nicht übertrieben gewesen.

„Es ist schwer zu beschreiben“, sagte Gomez’ Stuttgarter Vereinskollege Thomas Hitzlsperger. „Er trifft und trifft. Das ist wirklich sensationell.“ Kloses 1:0 vor der Pause hatte Mario Gomez vorbereitet, die Tore zum 2:0 und 3:0 erzielte er selbst, mit einer Selbstverständlichkeit, die man vermutlich nicht lernen kann. Nur am abschließenden Treffer von Lukas Podolski konnte Gomez sich nicht mehr beteiligen, weil er zu diesem Zeitpunkt bereits ausgewechselt war. In elf Pflichtspielen seit der Winterpause hat der 22-Jährige jetzt bereits 16 Tore für den VfB und die Nationalmannschaft erzielt – und das, obwohl er vor der Rückrunde zwei Monate unter einer Rippenfellentzündung litt.

Mario Gomez kommt gerade mit einer solchen Wucht übers Land, dass das Land die neue Entwicklung noch gar nicht richtig einordnen kann. Nach dem Spiel in Basel wurde er gefragt, ob er nun seine Position als Nummer zwei im deutschen Sturm gefestigt sehe. In Wirklichkeit sind Miroslav Klose und er längst gleichberechtigte Nummer Einsen, und der langfristige Trend spricht eindeutig für den sieben Jahre jüngeren Gomez: Klose ist im internationalen Vergleich ohne Frage ein guter Stürmer, Gomez aber hat alle Anlagen, ein herausragender zu werden. Er kann schon jetzt mit seiner individuellen Klasse den Unterschied machen und ein Spiel im Zweifel allein entscheiden. „Er ist einfach bärenstark“, sagte Innenverteidiger Per Mertesacker. „Das habe ich am eigenen Leib erfahren.“ Vor einigen Wochen, beim 6:3 des VfB gegen Werder Bremen, erzielte Gomez nicht nur drei Tore, er nötigte Mertesacker auch zu einer Notbremse, die einen Platzverweis zur Folge hatte.

„Die Deutschen waren nicht so überlegen, dass sie 4:0 hätten gewinnen müssen“, sagte der Schweizer Torhüter Diego Benaglio. Paradoxerweise stimmt das, und trotzdem war das 4:0 keine plumpe Fälschung, weil die Deutschen in den entscheidenden Momenten Klose und Gomez ins Spiel bringen konnten. „Im internationalen Fußball ist es sehr wichtig, dass man gute und gefährliche Stürmer hat“, sagte Michael Ballack. „Das war unser Plus.Viele Mannschaften stehen gut, gleichen sich aus und neutralisieren sich im Mittelfeld.“

So war es vor der Pause auch in Basel. Den taktisch gut geschulten Schweizern gelang es, das deutsche Mittelfeld in Fesseln zu legen; die deutschen Stürmer aber durchschnitten sie. Sie schossen nicht nur alle vier Tore, sie bereiteten auch drei der vier Treffer vor. Aus dem Mittelfeld, von Clemens Fritz, wurde nur das 2:0 eingeleitet. Beim 3:0 trat Lukas Podolski in Vorleistung, bei dessen 4:0 Kevin Kuranyi. „Im Sturm sind wir super aufgestellt“, sagte Per Mertesacker. „Da können wir uns freuen.“ Die Aussage gilt nicht nur für die Erstbesetzung Klose/Gomez, sie trifft auch für die ersten Nachrücker Podolski und Kuranyi zu. Beiden wurde vor nicht allzu langer Zeit eine ähnliche Karriere zugetraut wie jetzt Mario Gomez; inzwischen aber müssen sie sich in der Nationalmannschaft mit der Rolle als Ersatzspieler begnügen.

Bei Podolski entdeckte Bundestrainer Löw nach seiner Einwechslung „Tatendrang und Dynamik“, sein Spiel ohne Ball sei zuletzt deutlich besser geworden. „Bei ihm sehen wir eine Entwicklung“ sagt Löw. Und trotzdem hat Lukas Podolski, der in der Nationalmannschaft lange Zeit auch ohne Entwicklung gesetzt war, im Moment ein Problem: Mario Gomez entwickelt sich einfach schneller.

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