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Tim Wiese in Aktion

© AFP

Nationalmannschaft: Die Herausforderer

Der Bremer Keeper Tim Wiese hält in zwei Spielen drei Elfmeter, der Leverkusener René Adler zeigt im Uefa-Cup etliche Paraden. Regelmäßig leisten deutsche Bundesliga-Torhüter Überragendes. Wer von ihnen ist ein Nationalmannschaftskandidat?

René Adler:

Der Shooting-Star unter den Bundesliga-Keepern ist 23 Jahre jung und hütet erst seit letzter Saison das Tor von Bayer Leverkusen. Beim Werksklub brachte er zu Beginn überragende Leistungen, die zum Saisonende etwas abfielen. Die Stärke von Adler ist, dass er kaum Schwächen hat - er gilt als "kompletter Torwart". Für den Torwart-Trainer des Werksklubs, Rüdiger Vollborn, ist René Adler der kommende Mann für die Nationalmannschaft: "Ich glaube, dass nach der Europameisterschaft kein Weg an ihm vorbei geht. So wie René hält und spielt, sollte ein Schlussmann agieren, das ist für mich das Ideal." Auch Andreas Köpke, Vollborns Trainerkollege bei der Löw-Elf, ist vom Fähigkeitenpaket Adlers überzeugt und bringt ihn ins Gespräch: "Natürlich ist [René Adler] auch bei uns eine Überlegung und deshalb sage ich auch ganz klar: Im Moment ist die Tür nicht zu."

Tim Wiese:
Der Bremer Torwart ist auf der Linie unglaublich stark und zeigt auf internationaler Bühne regelmäßig Weltklasse-Reflexe. Dagegen offenbart er manchmal Schwächen im fußballerischen Bereich und fällt eigentlich durch das Raster von Löws "spielenden Torwart". Trotzdem wird es wohl vor allem das Ego des 26-Jährigen sein, das bislang eine Berufung in die Nationalelf verhindert hat. So katapultierte sich Wiese durch seine verbalen Ausfälle im September letzten Jahres selbst aus dem Kreis der Kandidaten. Nach seiner Nicht-Nominierung zu Löws Leistungscheck hatte er Seitenhiebe in Richtung seiner Kollegen verteilt: "Ich verstehe nicht, was das soll. Stattdessen wird ein Hildebrand nominiert, der im Klub nur auf der Bank sitzt. Oder ein Enke, der mit Hannover im Mittelfeld spielt", wetterte Wiese damals.

Jens Lehmann:
Von 1998 bis 2004 nahm Lehmann an allen großen Nationalmannschaftsturniernen teil, kam aber nie über die Reservistenrolle hinaus. Um so befriedigender für ihn, dass er sich im Vorfeld der WM 2006 gegen den Oliver Kahn durchsetzen konnte und den "Titan" aus dem Tor verdrängte. Im Elfmeterschießen des Viertelfinales gegen Argentinien wurde Lehmann durch zwei gehaltene Strafstöße zum gefeierten Held. Die überragende Stärke liegt in seinem Spielverständnis und der Fähigkeit, als eine Art Libero hinter der Abwehrreihe zu fungieren. Dazu wirkt Lehmann jederzeit besonnen und geht aus vielen Eins-gegen-Eins-Situationen als Sieger hervor. Durch seine mangelnde Spielpraxis beim FC Arsenal und die schwache Leistung beim Länderspiel gegen Österreich ist der 38-Jährige in die Kritik geraten.

Timo Hildebrand:
Zu Beginn seiner Nationalmannschaftskarriere setzte sich der unaufgeregte Ex-Stuttgarter ohne zu Murren als Nummer Drei auf die Bank. Als Oliver Kahn dann nach der WM 2006 zurücktrat, rückte er in der Hierarchie einen Platz nach oben und wurde zu Jens Lehmanns Stellvertreter. Sein Plus ist die Ausgeglichenheit seiner Stärken. Er reagiert schnell, zeigt mitunter großartige Reflexe, weiß, wo er zu stehen hat und beherrscht seinen Strafraum. Im Verein hat sich der 28-Jährige nach anfänglichen Schwierigkeiten gegen den spanischen Nationaltorwart Carnizares durchgesetzt. Wenn sich sein Leistungsniveau nicht dauerhaft verschlechtert, wird er schwer zu verdrängen sein.

Robert Enke:
Die Nummer Eins von Hannover 96 spielt in der Bundesliga konstant auf gutem bis sehr guten Niveau. Zwar hat Enke keine zwei linke Füße, aber ein echter "spielender" Torwart, wie ihn sich Jogi Löw vorstellt, ist er auch nicht. Dafür beherrscht der 30 Jahre alte Keeper seinen Strafraum, glänzt mit starken Reflexen und wurde dafür über zwei Spielzeiten (2004/05 und 2005/06) von den Bundesligaprofis zum besten Torwart der Liga gewählt. Bei der Nationalmannschaft war Enke erstmalig 1999, damals noch unter Bundestrainer Erich Ribbeck. Gespielt hat er bislang ein einziges Mal: Bei der Niederlage der deutschen "B-Elf" gegen Dänemark im März 2007. Im Moment ist er hinter Timo Hildebrand Nummer Drei.

Frank Rost:
Zwar ist der Torhüter des Hamburger SV schon 34 Jahre alt, will es aber anscheinend noch einmal wissen. Auf Schalke wurde er von Manuel Neuer verdrängt und wechselte anschließend an die Elbe. In dieser Saison zeigt Rost bislang überragende Leistungen, einmal mehr am vergangenen Bundesliga-Spieltag gegen Leverkusen. Die Stärken sind seine Reflexe auf der Linie, die Eins-gegen-Eins-Situation und sein Spielverständnis. Andreas Köpke sagte zum "kicker": "Es stimmt, dass er eine sehr gute, konstante Bundesligasaison spielt und schon lange im Geschäft ist. Ich kann ihn sehr gut einschätzen und weiß, was man an ihm hätte, und auch, was man nicht an ihm hätte. Er ist schließlich schon 34."

Manuel Neuer:
Fast zeitgleich mit René Adler wurde der junge Manual Neuer ins kalte Wasser der Bundesliga geworfen. Der 22-jährige Keeper verdrängte Frank Rost aus dem Schalker Tor, stabilisierte sich in der letzten Saison auf hohem Niveau und brillierte teilweise mit Höchstleistungen. Ähnlich wie Adler hat auch Neuer keine wirklichen Schwächen, präsentiert sich in der laufenden Spielzeit aber mit konstant schlechteren Leistungen als sein Torwart-Kollege. Für eine Nationalmannschafts-Nominierung wird es deshalb - und wegen der großen Konkurrenz - in absehbarer Zeit wohl nicht reichen.

Roland Peters

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