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Länderspiel 20 mit 26. Ilkay Gündogan (links, dem Italiener Leonardo Bonucci).

© dpa/Kirchner

Nationalmannschaft: Ilkay Gündogan: Anfänger mit Routine

Das 0:0 gegen die Italiener war erst das 20. Länderspiel für Ilkay Gündogan. Dass der 26-Jährige noch Ziele hat, kann der Nationalmannschaft nur helfen.

Ilkay Gündogan brachte Stimmung in die Bude, wenn auch eher unfreiwillig. Irgendwann zu Beginn der zweiten Halbzeit, irgendwo im Mittelfeld nahm Daniele de Rossi den Ball aus der Luft und lupfte ihn über den kleinen Illy. „Hey!“, schallte es von den Rängen. Und noch mal: „Hey!“ Gündogan sah aus wie ein Anfänger, und nicht wie ein Fußballer im besten Alter, der Meister und Pokalsieger war, ein Champions-League-Finale bestritten hat und gerade für 30 Millionen Euro zum vielleicht reichsten Fußballklub der Welt gewechselt ist. Das Paradoxe ist, dass Gündogan zumindest in der Nationalmannschaft beides ist: ein Routinier ohne Erfahrung. Oder ein Anfänger mir Routine.

Das 0:0 gegen die Italiener am Dienstag war erst das 20. Länderspiel für den 26-Jährigen, der im Oktober 2011 für die Nationalmannschaft debütiert hat. Macht im Schnitt vier Einsätze pro Jahr, „das ist schon etwas wenig“, sagt Gündogan selbst. Vor allem für jemanden mit seiner Qualität. Mario Götze, der im selben Jahr debütiert hat wie Gündogan, kommt auf mehr als dreimal so viele Länderspiele, der nur ein Jahr ältere Thomas Müller sogar auf mehr als viermal so viele.

Gündogans Leidensgeschichte ist bekannt. Vor der WM 2014 hat er sich eine komplizierte und langwierige Rückenverletzung zugezogen, bei der EM 2016 fehlte er wegen einer Knieverletzung. „Deswegen hatte ich den Durchbruch in der Nationalelf noch nicht so geschafft, wie ich mir das gewünscht hätte“, sagt er. Der Mittelfeldspieler könnte Weltmeister sein – und die Nationalmannschaft Europameister. So abwegig ist das nicht, wenn man das EM-Halbfinale gedanklich einmal mit Ilkay Gündogan in der Startelf durchspielt an Stelle von Bastian Schweinsteiger.

Gündogan sagt: „Ich habe momentan einfach viel Spaß am Fußball“

Dass Gündogan noch Ziele hat, kann der Nationalmannschaft nur helfen. „Ich möchte in Zukunft eine wichtige Rolle in der Mannschaft einnehmen“, sagt er. Das Spiel gegen Italien war kaum abgepfiffen, da hatten die Reporter schon ausgerechnet, dass die Spieler des FC Bayern ein paar Minuten mehr auf dem Platz gestanden hatten als die Dortmunder. Ilkay Gündogan spielte in solchen Rechenaufgaben keine Rolle. Er war neben Joshua Kimmich der einzige Spieler, der bei der letzten Länderspielreise des Jahres die kompletten 180 Minuten auf dem Feld gestanden hatte. Und Gündogan hat vermutlich jede einzelne genossen. „Ich habe momentan einfach viel Spaß am Fußball“, sagt er.

Gündogan macht sich gar keine Mühe, diesen Spaß zu verbergen. Bei Manchester City nimmt er immer mehr eine tragende Rolle ein, zuletzt erzielte er in der Champions League zwei Tore gegen den FC Barcelona. Und auch bei der jüngsten Testreihe der Nationalmannschaft war er, neben den beiden Debütanten Serge Gnabry und Benjamin Henrichs, die größte Entdeckung. Gegen Italien spielte er in der Anfangsphase einen grandiosen Pass durch die italienische Defensive. Es war einer jener Pässe, die Verteidiger zur Verzweiflung treiben – weil sie merken, dass sie den Ball nicht erreichen können, egal wie weit sie ihr Bein ausfahren.

Gündogan denkt immer nach vorne, er bringt Schmiss ins deutsche Spiel – gerade diese Qualität eröffnet ihm trotz starker Konkurrenz die Perspektive auf einen festen Platz in der Nationalelf. In Mailand war er der Chef der Rasselbande, und mit dieser Rolle könnte er sich auch im kommenden Sommer anfreunden, seine körperliche Unversehrtheit vorausgesetzt. Gündogan hat schon verlauten lassen, dass er sich sehr gut vorstellen könne, beim Confed-Cup zu spielen – obwohl Bundestrainer Joachim Löw mit einem Perspektivteam in Russland an den Start gehen will. Oder gerade deswegen.

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