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Schaulaufen vor dem Spiel gegen Argentinien.

© dpa

Nationalmannschaft: Löw sucht noch einen Kapitän für die WM-Revanche

Das erste Training der Nationalmannschaft nach der WM unter Joachim Löw wurde zum umjubelten Schaulaufen. Die Spieler bereiten sich auf die Neuauflage des Finales von Rio de Janeiro gegen Argentinien vor. Dabei werden ein paar WM-Helfen fehlen.

Als Erster trat Manuel Neuer zum Schautraining auf den Düsseldorfer Rasen. Wie er da voranschritt und vor knapp 50.000 Zuschauern die in neonorangenes Textil gewandeten Hände über dem Kopf zusammenschlug, kam das einer Ansage schon sehr nahe: Hier bin ich! Und hier würde ich gern bleiben! Auf dass er auch in Zukunft ganz vorne einlaufen möge, erst am Mittwoch bei der WM-Revanche gegen Argentinien, später auch in der Qualifikation für die Europameisterschaft in Frankreich und dann gern sein restliches Fußballspielerleben lang.

Es ist ein seltsames Klassentreffen, das am Mittwoch in Düsseldorf aufgeführt wird. Zur Neuauflage des WM-Finales von Rio de Janeiro kommen Deutschland und Argentinien zusammen. Der Geist von Maracana ist allgegenwärtig und doch weit weg. Lionel Messi hat sich wegen Problemen an den Adduktoren entschuldigen lassen. Auf deutscher Seite fehlt Messis Pendant Mesut Özil, aber vielleicht lässt sein lädierter Knöchel einen Einsatz am Sonntag in Dortmund beim EM-Qualifikationsspiel gegen Schottland zu. Auch Bastian Schweinsteiger, Mats Hummels, Sami Khedira und Jerome Boateng werden auf deutscher Seite fehlen.

Die deutsche Nationalmannschaft sucht in diesen Tagen nach dem lange noch nicht verflogenen WM-Rausch nicht nur Anschluss an den Alltag, sondern auch einen neuen Kapitän. Der alte, Philipp Lahm, ist im zarten Alter von 30 Jahren emeritiert. Joachim Löw hat sich schon entschieden. Am Dienstag will der Bundestrainer den neuen Lahm bekanntgeben, und die Zahl der logischen Kandidaten ist überschaubar. Zwei von ihnen, der Abwehrstratege Per Mertesacker und der ewige WM-Torschützenkönig Miroslav Klose, haben sich nach der Nacht von Rio ebenfalls verabschiedet. Bleiben als Aspiranten die üblichen Verdächtigen.

Für Jogi Löw dürfte Müller einen Tick zu exaltiert sein

Zum Beispiel Bastian Schweinsteiger, er hat sich mit der heldenhaften Verweigerung einer Auswechslung im WM-Finale unsterblich gemacht. Sami Khedira, auch er steht nach seinem freiwilligen Rückzug Minuten vor dem Endspiel wegen einer nur ihm bekannten Verletzung im Licht besonderer Charakterstärke. Mats Hummels, der elegante, aber ein wenig schnöselig daherkommende Abwehrstratege. Vielleicht noch Thomas Müller, aber der dürfte einen Tick zu exaltiert sein und hat zudem bereits verkündet, nicht der neue Kapitän sein zu wollen. Oder eben Manuel Neuer.

Beförderung Neuers als Notlösung?

Ein Torhüter als Kapitän wäre ein Tabubruch in der Zeit nach dem Egomanen Oliver Kahn. Wegen seiner exponierten Position fernab des Epizentrums so ziemlich aller Fußballspiele schaffen es die wenigsten Neuers oder Weidenfellers oder Zielers in die höchsten Sphären der Teamhierarchie. Neuer aber ist nicht nur ein Torhüter, er hat bei der WM nebenbei auch noch den Libero neu erfunden, im Achtelfinale gegen Algerien, wer wird es je vergessen? Ob ihm das weiter hilft? Jens Lehmann, als ehemaliger Nationaltorhüter und schräg denkender Zeitgenosse aller weichgespülten Argumente unverdächtig, bezeichnet eine Beförderung Neuers als Notlösung. Der Kandidat selbst spricht von „einer schwierigen Situation“, denn nach dem Umbruch müsse sich „die Hierarchie völlig neu herausbilden“. Er stehe selbstverständlich bereit, wenn der Bundesliga ihn ansprechen würde. Was erahnen lässt, dass der Bundestrainer ihn noch nicht angesprochen hat.

Joachim Löw muss keine Angst haben, dass sein Votum auf Unverständnis, ja sogar auch Ablehnung stoßen könnte. Beim öffentlichen Training am Montag bekam er den mit Abstand größten Beifall. Als er die belanglose Formulierung von den „Fans, die uns bei der gesamten WM unterstützt haben“, ins Mikrofon sprach, wütete ein Applaus-Orkan durch die Arena am Rhein. Der Mann hätte auch den in Düsseldorf wegen seiner Kölner Vergangenheit traditionell weniger beliebten Lukas Podolski als neuen Kapitän ausrufen können und wäre dafür bei einer spontanen Abstimmung unter dem zur Hälfte aus Schulkindern rekrutiertem Anhang zum Ehrenbürger ernannt worden.

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