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Auf dem Weg zu alter Stärke. Per Mertesacker (links) nach dem Pflichtsieg gegen die Faröer Inseln.

© dpa

Nationalmannschaft: Per Mertesacker: Turm der Tugend

Per Mertesacker schien seinen Platz in der Innenverteidigung des Nationalteams verloren zu haben. Nun ist er zurück auf dem Weg zum alten, neuen Chef der deutschen Abwehr.

Irgendwie würde Per Mertesacker ganz gut in die Fußballmannschaft der Färinger passen. Die Kicker von der windigen Schafsinsel im rauen Nordatlantik sind in erster Linie robuste Naturen. Sie sind groß, kantig und sie besitzen eine tolle Mentalität. Das ließe sich auch von Per Mertesacker sagen. Allein wie er sein Tor zum 1:0 erzielte, das den Weg zum 3:0-Sieg der deutschen Nationalmannschaft ebnete. In Kopfballhöhe drückte Deutschlands Innenverteidiger den Ball mit dem Fuß ins Tor. „Da bringen die langen Gräten doch mal was“, sagte er hinterher.

Ja, diese langen Gräten, die den Zwei-Meter-Mann manchmal wirken lassen wie einen Färinger unter den ganzen wendigen und trickreichen Spielern der deutschen Elf. Für das Verteidigen ist das meist von Vorteil, weil er damit einen unglaublich großen Raum zustellt, bisweilen sind sie ein Hindernis, wenn er sich gegen die wuseligen Stürmer am Boden zu behaupten hat. Das und eine schwere Knöchelverletzung hatten dazu geführt, dass der Mann vom FC Arsenal die EM im vorigen Sommer nur als Reservist auf der deutschen Ersatzbank erlebte. Ein neues, einschneidendes Erlebnis für den 28-Jährigen, der bei den Turnieren zuvor Abwehrchef war. Nun ist er wieder auf dem Weg dahin zurück.

„Man weiß nie, wann man wieder gebraucht wird“, sagte er nach dem Doppelspieltag in der WM-Qualifikation und zwei Zu-Null-Spielen. Vor den 3:0-Siegen über Österreich und die Färöer war die deutsche Defensive das Problemfeld. Zu viele Spiele mit zu vielen Gegentoren hatten den Dortmunder Mats Hummels zuvor den Platz in der Innenverteidigung gekostet. Auch Mertesacker stand in der Kritik. Er interpretiere die Rolle zu oft zurückweichend. Das führte zu Abstimmungsproblemen in der Innenverteidigung, weil Hummels stets forsch und zupackend agierte.

Inzwischen aber wurden intern einige Analysen angestellt und an Prinzipien des Abwehrverhaltens erinnert. Dabei sei es um Fragen wie diese gegangen: Wann lassen sich die Verteidiger zurückfallen? Wann müssen sie herausrücken? Wie ist das Verhalten bei Eins-gegen-Eins-Situationen? Wie sichern sie sich gegenseitig ab? „Wir haben Fortschritte gemacht“, sagte Mertesacker.

Nun ist Mats Hummels, 24, nicht weg vom Fenster, wie Joachim Löw sagte. Aber der junge Mann muss sich das Vertrauen des Bundestrainers erst wieder erarbeiten und derweil akzeptieren, dass sich erst mal das Duo Mertesacker/Boateng festgespielt hat. Zwar sind die beiden Spiele nicht unbedingt der Maßstab für eine Abwehr, die im kommenden Jahr Weltmeister werden will. Doch wer rein will, muss an einem der beiden vorbei.

Dabei liegt gerade auch hinter Mertesacker eine interessante Entwicklung. Vor zwei Jahren ist er zum FC Arsenal gewechselt, wo der Anhang anfangs gar nicht überzeugt gewesen ist. Seine Bewegungen wirken selbst für englische Verhältnisse oft staksig, erst bei genauerem Hinschauen erkennt man den eigentlichen Wert seines Spiels. Mertesacker verfügt über ein gutes Stellungsspiel, er hat ein überragendes defensives Kopfballspiel und kommt im Zweikampf mit wenigen Fouls aus. In der zurückliegenden Spielzeit der Premier League etwa ist ihm nicht ein Fehler unterlaufen, der zu einem Gegentor führte. Auch sonst ist Trainer Arsène Wenger überzeugt von seinem deutschen Turm. „Er hat fantastische Führungsqualitäten“, wiederholte Wenger kürzlich. Seit Saisonbeginn führt Mertesacker die Gunners als Kapitän aufs Feld.

Seinem verletzten Mannschaftkollegen und Nationalstürmer Lukas Podolski grüßte er nun von den Färöern aufs Herzlichste. Via Facebook schrieb er: “@Poldi: Get well soon, mate! A new goalgetter is born.“ Ein neuer Torjäger ist geboren. Nun ja, zumindest hat Deutschland einen guten Verteidiger wieder. miro

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