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NEBEN Schauplatz: Das Zeremonie-Geheimnis

Unsanft wurden wir bei der Eröffnungsfeier 2006 von Schuhplattlern überrascht – ein bisschen peinlich war das schon. Wird heute alles besser?

Geheimer als das Training der deutschen Nationalmannschaft ist in diesen Tagen nur eines: der Inhalt der Eröffnungsfeier. Seit Wochen geistern zwar halbgare Informationen durch die weite Welt des Internets, durch die Rundfunkanstalten und die Tagespresse, da ist von Jodlern, von Alphornbläsern, von 800 Turnern zu lesen, doch eigentlich weiß niemand, was wirklich passiert. Nicht mal hinter vorgehaltener Hand wird geflüstert, ganz so, als ob das Lüften des Schleiers, der so sorgfältig über die Eröffnungsfeier gelegt wurde, verraten würde, wer denn nun Europameister wird. Immerhin erfährt der Zeremonienfan, dass es eines nicht geben wird: große Redenschwinger. Das Motto lautet: Lasst den Sport sprechen. Oder eben die Jodler jodeln.

Wir machen uns auf die Suche nach Informationen, sind sogar bereit, uns nach Mitternacht in dunklen Gassen mit dubiosen Schattengestalten zu treffen. Und da wir wissen, dass Informationen teuer sind, bewaffnen wir uns mit 11Freunde-Abos und drei seltenen Panini-Bildchen von 1984.

Zunächst aber versuchen wir über höchst offizielle Wege, das Geheimnis um die Eröffnungsfeier zu lüften: Wir wählen die Nummer der Uefa. Es meldet sich eine gut gelaunte junge Dame. Und die begrüßt uns auf Französisch. Das Gespräch droht nach einem gestammelten „Je m'appelle 11Freunde“ abrupt zu enden, ein verzweifeltes „Do you speak english?“ hält es dann doch am Leben: „Ja, natürlich, und auch Deutsch.“ Was für eine Frage. Ob sie uns mit Telefonnummern versorgen könnte? Wir hätten gerne: die vom Chefjodler, die von der Chefturnerin und die vom Chef-Alphornbläser. „Hauptsache Chef?“, fragt sie und gackert. Nein, Hauptsache kein Geheimniskrämer.

Nach kurzer Rücksprache mit einer Kollegin sagt sie: „Schicken Sie uns eine E-Mail.“ Die soll sie bekommen, zwei Minuten später ist sie auf dem Weg, und quasi in Sekundenschnelle flattert schon die Antwort über den Bildschirm: „Dear Sir, I kindly inform you that we don't give out contacts of the artists performing at the ceremonies for UEFA EURO 2008(TM). Best regards, Euro 2008 SA.“ Die Antwortmail wird mit wütenden Buchstaben gefüttert: „Sehr geehrte Frau/Herr EURO 2008 SA(TM), was machen Sie den ganzen Tag?“ Doch dann weist ein weiser Kollege darauf hin, dass wir es uns mit der Euro 2008 SA(TM) nicht verscherzen wollen. Zumal: Was machen wir eigentlich den ganzen Tag?

Zum Beispiel Agenturen anrufen. Von solchen, die sich mit der Organisation der Eröffnungsfeier beschäftigen, gibt es gefühlte 357. Zehn rufen wir an, bei neun ertönt eine Warteschleife, unter einer Nummer meldet sich der Schachverein Großhansdorf. De facto kümmert sich um die Turner-Performance vor allem der schweizerische Turnverband, das hat uns jemand gesteckt, beim Mittagessen, gar nicht geheim, er hatte es zuvor einfach gegoogelt. Und dann noch spöttisch gefragt: „Kennt ihr das nicht: Google?“ Was haben wir gelacht.

Egal, er hatte Recht, und Jérôme Hübscher, jener Chefkoordinator des Schweizer Turnverbandes, verweist uns an eine Dame, an Annemarie Baumann aus Basel, die uns „gerne ein Interview geben wird“. Es hat immer noch etwas von Geheimniskrämerei, denn verraten, was Annette Baumann genau tut, das will er nicht. Also fragen wir nach: „Frau Baumann, was tun Sie eigentlich?“ - „Ich unterstütze den Projektleiter Hübscher bei der Koordination der Turner-Performance.“ Danach verliert sich das Gespräch in Sätzen wie „Wir sind angehalten worden, nichts zu sagen“. Am Ende sagt sie doch was: „Ich mag Portugal.“ Und ihr Lieblingsspieler? „Eigentlich alle. Die Portugiesen sind so ein freundliches Volk.“ Wir starten einen letzten Versuch. Und landen über Trachtenvereine und Jodlerverbände irgendwo zwischen Mattersburg und Weppersdorf. „Wer ist da?“ - „Das Fußballmagazin 11Freunde“ - „Ah, Fußballmagazin. Sie suchen sicher was zu Córdoba 78. Ich schicke Ihnen gerne Zeitungsausschnitte, Privatfotos von Edi Finger, und die Unterhose von Hans Krankl. Ich habe da mal was zusammengestellt!“ Wer hat das nicht. In diesen wundersamen Alpenländern. Andreas Bock

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