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Sport: Nervös im Flutlicht

Ehnings Ritt bringt Deutschland um WM-Silber

Schön war das nicht: Kurz vor Mitternacht, nach dem Finale im Flutlicht, saßen die drei Medaillen-Nationen im Springreiten beisammen und kommentierten ihre Ritte. Der deutsche Bundestrainer Kurt Gravemeier sagte: „Wir haben eine Medaille und sind absolut glücklich.“ Aber nur drei Mannschaftsreiter lächelten mit ihm. Der vierte, Markus Ehning, starrte auf den Boden, ernst, versunken, die Hände im Schoß gefaltet. Bronze nun also bei den Weltreiterspielen in Aachen, und das auch, weil Ehning nicht stark genug war. Silber wäre drin gewesen, hätte er eine dritte deutsche Nullrunde hingelegt. Stattdessen fiel erst eine Stange, dann blieb seine Stute vor der Mauer stehen – Ehning gab auf, was bei dem offensichtlich verunsicherten Pferd nur fair und konsequent war. Dabei hatten mit ihm alle gerechnet. World-Cup- Sieger, Weltranglistenerster, das ist Marcus Ehning, dem ein gefühlvoller Stil und starke Nerven nachgesagt werden. Und jetzt das: Erst ein zu riskanter Ritt am Dienstag, der vier Fehler kostete und ein verwirrtes Pferd. Es folgte ein besserer zweiter Tag mit nur einem Fehler, und dann das ernüchternde Finale.

„Ich habe es schon am ersten Tag total verhauen und konnte es nicht mehr rausreißen“, sagte Markus Ehning. Er wolle demnächst ein, zwei kleinere Turniere mit der Stute gehen, um ihr das Vertrauen wiederzugeben und an die Leistungen vom Sommer anzuknüpfen. „Die Stute ist vom Nervenkostüm scheinbar noch nicht so weit“, sagte er, „obwohl ich sie vorsichtig vorbereitet habe.“ Küchengirl (die ihren Namen übrigens dem Besitzer, der mit Küchen handelt, zu verdanken hat) ist mit neun Jahren ein junges Pferd im Spitzensport. Lag es auch am Erfolgsdruck? „Das Jahr fing unglaublich gut an, aber ich habe immer versucht, auf dem Boden zu bleiben“, sagte Ehning und wischte die Weltuntergangsstimmung mit Pragmatismus weg: „Morgen ist ein neuer Tag. Ich habe zu essen und Pferde im Stall. Jetzt werde ich mich nicht in die Ecke verkriechen.“

Beim Wettkampf um die Einzelmedaillen darf er nicht starten, genauso wenig wie Christian Ahlmann – nur die besten 25 Reiter nach den vorigen Prüfungen sind für die erste Runde am Samstag qualifiziert. Ahlmann fand seinen Humor schnell wieder und verbeugte sich, schelmisch grinsend, überschwenglich vor den Goldmedaillengewinnern aus den Niederlanden. Glücklich über seinen Auftritt war er freilich nicht. „Ich habe mir meine Ritte ganz anders vorgestellt. Auch wenn ich mich sehr freue, dass wir Bronze haben.“ Er hatte an den ersten beiden Tagen das Streichergebnis geliefert. Richtig fröhlich hingegen waren Ludger Beerbaum und Schwägerin Meredith Michaels-Beerbaum. Der erfahrene Ludger Beerbaum, dessen Platz im Team bis zuletzt nicht sicher war, weil er ebenfalls ein junges Pferd reitet, blieb als einziger deutscher Reiter stets fehlerfrei. Meredith Michaels-Beerbaum lieferte zwei Runden ohne Abwurf, patzte nur am ersten Tag einmal.

Zu den Konkurrenten aus den Niederlanden, die mit 11,01 Fehlerpunkten vor den USA (18,85) gewannen, sagte Beerbaum: „Sie haben nicht mit Glück gewonnen, sondern die mit Abstand bessere Vorstellung geliefert.“ Allerdings war es Glück, dass die deutschen Reiter überhaupt noch eine Medaille bekamen: Wäre Katharina Offel, die ihren deutschen gegen einen ukrainischen Pass tauschte und nun für die Konkurrenz antritt, einen Tick schneller gewesen und hätte keinen Zeitfehler kassiert, hätte die Ukraine auf dem Podest gestanden.

Am Samstag wird mit der Qualifikation für das Finale das schwerste Springen der Weltmeisterschaften erwartet – im Finale am Sonntag tauschen die besten vier Reiter ihre Pferde, und es wird mit einem etwas leichteren Parcours gerechnet. Momentan liegt Ludger Beerbaum in der Einzelwertung an dritter Stelle, Meredith Michaels-Beerbaum folgt auf Rang sechs.

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